Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition)

Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition)

Titel: Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heiko Rolfs
Vom Netzwerk:
entfernt war. Ein
auffällig kleiner Mann saß dort unbeweglich im Schneidersitz an einen Baumstamm
gelehnt und schaute ihm scheinbar gelangweilt entgegen.
    Ohne dass er es sich erklären konnte, beschlich Melchior ein
ungutes Gefühl beim Anblick dieses eigenartigen Männchens.
    War es vielleicht ein Aussätziger, der sich hier ein wenig
ausruhte? Das Siechenhaus, in dem man sich solcher armer Kreaturen annahm,
befand sich ebenfalls außerhalb der Stadt. Aber dann hätte er eine Rassel und
die typische auffällige Kleidung tragen müssen, nämlich einen Kittel mit zwei
aufgemalten weißen Händen. Dieser hier trug einen wollenen Mantel und eine
Gugel, die Kapuze weit ins Gesicht gezogen.
    Gerade als er an dem kleinen Mann vorbeigehen wollte, hob
dieser den Kopf und sprach ihn mit hoher Fistelstimme und einem breiten Lächeln
an: „Gott zum Gluß, Meistel Hans.“
    Wie angewurzelt blieb Melchior stehen. ‚Meister Hans’ war
eine gängige Bezeichnung für den Scharfrichter und in fast jeder Stadt
gebräuchlich. Aber kaum jemand wagte es, einen Henker anzusprechen. Er war es
gewöhnt, dass die Leute ihn zwar respektierten, aber dennoch fürchteten und ihm
ängstlich aus dem Wege gingen.
    Sein erster Gedanke war, der Kerl hätte vielleicht mal einen
Teil seiner Zunge eingebüßt, da er das ‚r’ nicht aussprechen konnte. Das war
eine gängige Bestrafung für nicht allzu schwere Verbrechen wie üble Nachrede
oder Diebstahl. Aber dann würde er lallen.
    „Gott zum Gruß“, antwortete er automatisch. Dann trat er
misstrauisch näher. „Hast du etwa auf mich gewartet?“
    „Ja. Ich haben Nachlicht fül dich, Meistel.“
    „Eine Nachricht?“, es wurde immer mysteriöser. Wer konnte
ihm denn durch solch einen merkwürdigen Boten eine Nachricht zukommen lassen
wollen? Durch seinen Beruf hatte er sich eine gute Menschenkenntnis angeeignet
und sein Gespür witterte Gefahr, aber wie sollte ihm ein so mickriger Kerl
gefährlich werden? Er runzelte die Stirn und trat noch einen Schritt auf den
Fremden zu, blieb aber in respektvollem Abstand. Vielleicht war der Mann ja
doch krank.
    „Mein Hell hat etwas, was dil gehölt“, ließ sich wieder die
Fistelstimme vernehmen. „Ich sagen dil, was tun, um zu bekommen zulück.“
    Melchior verstand den Sinn der Worte nicht. Jetzt war er
sicher, dass der Kerl nicht ganz richtig im Kopf war, vielleicht wollte er sich
aber auch nur wichtigmachen.
    Er machte eine wegwerfende Handbewegung und wollte seinen
Weg fortsetzen, als das Männchen etwas unter seinem Mantel hervorzog.
    Als Melchior den Gegenstand erkannte, riss er die Augen auf
und erbleichte.
    Im nächsten Moment stürzte er sich mit einem wilden
Aufschrei auf den kleinen Mann, um ihm das Grinsen aus dem Gesicht zu schlagen.
    Aber er hatte nicht mit dessen Schnelligkeit gerechnet. Er
schnellte zur Seite, bevor Melchior ihn erreichen konnte, drehte sich
blitzschnell um die eigene Achse und gab dem verdutzten Henker einen
schmerzhaften Tritt gegen das Brustbein, so dass ihm kurzzeitig die Luft
wegblieb und er rückwärts taumelte. Doch Melchior hatte sich sofort wieder
gefangen.
    „Du verdammter Hund!“, brüllte der Henker und zog seinen
Dolch aus dem Gürtel. Er wollte diesen Wicht in Stücke hacken. Einige Male
stieß er zu, ohne seinen Gegner treffen zu können, der immer einen winzigen
Moment schneller war als er. Wütend sprang Melchior vor, um den Mann zu packen,
aber dieser ließ sich plötzlich fallen, wirbelte um die eigene Achse und
hebelte ihm die Beine aus. Ehe der Henker wusste wie ihm geschah, stürzte er
wie von einer Sense gefällt zu Boden und landete schmerzhaft auf dem Kreuz.
    Aber so leicht gab Melchior nicht auf. Er konnte sich doch
nicht von so einem kleinen Wicht unterkriegen lassen. Wenn er ihn erst einmal
zu fassen bekäme, würde er ihn zerquetschen wie eine lästige Fliege. Mit
schmerzverzerrtem Gesicht rappelte Melchior sich wieder auf und griff noch
einige Male an, aber seine Hiebe gingen entweder ins Leere oder wurden
schmerzhaft abgewehrt. Der Zwerg musste Gliedmaßen aus Eisen haben, so
schmerzhaft trafen ihn die Schläge der kleinen, zierlich wirkenden Hände und
Füße.
    „Wer bist du?“, keuchte er außer Atem und mit
schmerzverzerrtem Gesicht.
    „Ich bin Yaoguai“, sagte der Fremde und verbeugte sich. „In deinel
Splache heißt bösel Geist odel Dämon, abel nicht wichtig.“
    Plötzlich durchschoss es Melchior glühend heiß. Hatten seine
Kinder nicht von einem schlitzäugigen,

Weitere Kostenlose Bücher