Das mysteriöse Pergament 03 - Heimkehr (German Edition)
Galgen enden.“
Der jüngere hob entschuldigend die Hände: „Hab schon verstanden.
Nichts für ungut.“
Dann trat er auf den Weg hinaus und gab mit einem Horn das
verabredete Signal. Kurz darauf tauchte Arnulf mit seinen Leuten an der Stelle
auf, nach und nach trafen die anderen Suchtrupps ein.
Arnulf sprang vom Pferd und ließ sich die verstümmelte
Leiche seines verhassten Schwagers zeigen.
„Mindestens einer muss überlebt haben“, stellte er fest,
„und derjenige hat meinen armen Schwager nicht besonders gemocht, wie es
aussieht.“
Seine Waffenknechte lachten rau.
„Rupert haben wir nirgendwo finden können“, bemerkte ein
Muskel bepackter Kerl.
„Dann war er es also. Hätte ich mir denken können. Aber wo
ist der Kerl?“, wollte Arnulf wissen. „Warum ist er nicht zu uns gestoßen?“
„Weil er tot ist, Herr“, meldete ein Waffenknecht aus einem anderen
Suchtrupp. „Wir waren beim Kloster und haben die Mönche befragt. Gestern ist
ein schwer Verwundeter eingetroffen. In der Nacht ist er verstorben. Sie haben
ihn aufgebahrt und wollen ihn heute begraben. Ich habe den Leichnam gesehen, es
ist Rupert.“
Arnulf nahm die Nachricht ungerührt zur Kenntnis. Er nickte
nur und brummte irgendetwas. Dann gab er dem Mann eine Münze. Er sollte sie den
Klosterbrüdern für die Beerdigung geben.
„Da ist noch etwas, Herr“, setzte der Mann wieder an. Er
sprach nervig langsam.
„Was?“, wollte der Ritter wissen, „muss man dir jedes Wort
aus der Nase ziehen?“
„Das Mädchen – diese schwarzhaarige Hexe…“
„Wo ist sie?“, fiel Arnulf ihm ungehalten ins Wort. „Sprich
schon!“
„Sie – äh - war auch im Kloster, ist aber heute Morgen in
Begleitung zweier Mönche weggegangen. Sie wollten nach Rostock, hieß es.“
Sofort stellte Arnulf einen kleinen Trupp unter der Führung
eines vierschrötigen Waffenknechts zusammen. „Ihr reitet den Mönchen nach und
bringt mir dieses Mädchen. Da sie auf dem Weg in die Stadt sind, könnt ihr sie
nicht verfehlen.“
Dann nahm er den Anführer des Trupps beiseite. „Hör zu,
Bruno. Ihr bringt die Hexe nicht zum Gut, sondern in das alte Forsthaus – du
weißt schon.“
Der vierschrötige Waffenknecht griente über das ganze Gesicht.
„Natürlich, Herr.“
„Du sperrst sie dort ein und bleibst mit zwei Männern als
Bewachung dort. Ich kümmere mich später um das Weib.“
„Selbstverständlich, Herr“, der Mann verbeugte sich devot.
„Du bist mir persönlich dafür verantwortlich“, bekräftigte
Arnulf noch einmal.“
Der Mann nickte, ließ aufsitzen und die Reiter preschten
los.
Arnulf ließ Conrads Leiche in eine Decke einschlagen und auf
sein Pferd legen, um es am Zügel zurück zum Lager zu führen. Mit den
erschlagenen Waffenknechten wurde ebenso verfahren.
*
In banger Erwartung hielt Constance nach den Suchtrupps
Ausschau. Das Warten war unerträglich für sie. Schräg hinter ihr standen Bella
und Antonia, ebenfalls von bösen Vorahnungen geplagt.
Als Hektor vor Stunden ins Lager gelaufen kam, war ihr
sofort klar gewesen, dass etwas geschehen sein musste. Sofort hatte Li Chan
sich aufgemacht, Conrad und Line zu suchen. Aber auch er war bisher nicht
zurückgekehrt.
Dann sahen sie Arnulfs Leute. Sie gingen mit gesenkten
Köpfen, die Pferde am Zügel führend, auf denen deutlich sichtbar Verletzte oder
Tote lagen.
Gefasst sah Constance ihnen entgegen und versuchte in
Arnulfs Gesichtsausdruck zu lesen. Aber er sah sie nur ausdruckslos an und
blieb vor ihr stehen.
„Dein Bruder ist tot“, sagte er nüchtern, „erschlagen von
Wegelagerern. Einige meiner Männer, die ihm zu Hilfe geeilt waren, sind
ebenfalls tot. Es hat keiner überlebt.“
Constance verstand nur ein Wort: „Tot!“ Nur langsam sickerte
das Unfassbare in ihr Bewusstsein. Ihr Mund öffnete sich wie zu einem stummen
Schrei. Aber sie brachte keinen Laut heraus.
„Und Line?“, fragte hinter ihr Bella oder Antonia.
Als Arnulf nicht reagierte, hakte Constance nach. „Es war
ein Mädchen bei ihm, ist sie…?“
„Ein Mädchen haben wir nicht gesehen.“ Arnulf hob die
Schultern.
Das konnte nur bedeuten, dass man Line verschleppt hatte.
„Ich habe den Wegelagerern ein paar Leute hinterher
geschickt.“
Das konnte die Freundinnen kaum trösten. Alle wussten, dass
es sehr unwahrscheinlich war, Line noch lebend anzutreffen.
Bella traten Tränen in die Augen, Antonia schien das ganze
nicht fassen zu können.
Weitere Kostenlose Bücher