Das Mysterium der Wölfe: Die Reise zu Kyrion (German Edition)
ich muss wohl nachgeben. Also nicke ich nur.
Jake atmet noch einmal tief durch. Der Bär steht schon vor ihm und beide sehen sich in die Augen. Mein ganzer Körper ist unter Spannung. Ich halte das alles nicht aus! Plötzlich drückt sich Jake vom Boden weg und springt den Bären an. Er wirft sich gegen das Ungetüm, sodass er das Gleichgewicht verliert. Das ist der Startschuss für mich. So schnell ich nur kann laufe ich los. Quer über die Wiese. Ohne mich umzudrehen. Doch dann passiert etwas, das mich zum Anhalten zwingt. Ein Geräusch, das meine Beine lähmt und mich dazu bringt, dass ich mich umdrehe. Es war Jakes Jaulen. Ein hilfloses Jaulen, nachdem er einen heftigen Schlag einkassiert hat. Ich bleibe wie angewurzelt stehen und schaue von weitem zu, wie Jake mit gesenktem Haupt vor dem Bären steht. Völlig außer Atem und mit Wunden über dem ganzen Körper verteilt steht er vor ihm. Als hätte er bereits aufgegeben...und der Bär setzt zum finalen Schlag an. Mit seiner riesigen Pranke schleudert er Jake gegen einen Baum. Ich merke, wie sich meine Augen langsam mit Tränen füllen. Jake liegt am Boden. Er rührt sich nicht mehr und hat die Augen schon fast geschlossen. Seine wunderschönen Bernsteinfarbenen Augen...ich kann einfach nicht zulassen, dass er sie für immer schließt! Der Bär geht auf Jake zu. Jetzt will er ihm wohl endgültig den garausmachen. Das ist zu viel für mich! Ich kann nicht einfach nur zusehen! Ich muss ihm helfen! Ich muss handeln!
Plötzlich überrumpelt mich eine riesige Menge an Gefühlen. Ich spüre Angst, Kummer, Wut, Hass, Verzweiflung, aber vor allem Schuld. Die Schuld, dass Jake nur wegen mir in dieser Lage ist und ich ihm nicht einmal helfen kann. Diese Hilflosigkeit macht mich krank! Ich hasse es, nichts unternehmen zu können! Ich will helfen! Und das werde ich auch! Auf einmal spüre ich eine enorme Kraft in mir, die aus dem Nichts zu kommen scheint. Stärke strömt durch meinen ganzen Körper und ich spüre, wie sich plötzlich etwas verändert...wie ich mich verändere. Meine Finger- und Zehenspitzen fühlen sich so komisch an...ich hebe meine Hände, um nachzusehen und was ich dann sehe, raubt mir den Atem.
D-d-das kann doch gar nicht sein! Wie ist das nur möglich? Es ist dasselbe wie bei Jake. Ich beobachte das selbe Phänomen. Klauen. Immer länger werdende Klauen wachsen aus meinen Fingern, wo eigentlich meine Nägel sein sollten! Ich kann es nicht fassen! Was war noch gleich das Nächste, was ich bei Jake beobachten konnte...ach ja! Vorsichtig fahre ich mir mit meiner Zunge über meine Zähne...autsch! Verdammt! Die sind ja scharf wie Rasierklingen! Na toll, jetzt ist es wohl eindeutig. Tausend Fragen schießen gerade durch meinen Kopf, aber leider nur eine Antwort und diese wage ich nicht auszusprechen. Jedoch, so schlimm diese Situation gerade ist, ich darf nicht länger darüber nachdenken, denn Jake ist noch immer in Lebensgefahr! Ich muss ihm helfen und auf einmal steigt ein merkwürdiges Gefühl in mir hoch. Obwohl ich mit dieser Lage der Dinge völlig überfordert bin, weiß ich dennoch genau was ich zu tun habe. Ist das vielleicht mein Instinkt? Ach, egal was es ist, auf jeden Fall befiehlt mir diese innere Stimme loszulaufen und zu handeln! Jeder Muskel in meinem Körper spannt sich an. Ich spüre eine noch nie zuvor da gewesene Kraft. Eine Kraft, die ich umsetzen muss. Also laufe ich los! Ich laufe und laufe, schneller als je zuvor. Währenddessen merke ich, wie sich meine Wirbelsäule verbiegt und es fällt mir immer schwerer aufrecht zu bleiben. Die Verwandlung geht wirklich rasend schnell! Als ich während dem Laufen auf meine Arme und Beine blicke, sehe ich bereits die schwarzen Wolfsbeine, von denen nichts Menschliches mehr ausgeht. Plötzlich spüre ich einen Stich im Rücken und es ist mir nicht länger möglich aufrecht zu stehen. Ich falle bei vollem Tempo auf meine Hände, oder besser gesagt Vorderpfoten und laufe so weiter.
Jake liegt mit geschlossenen Augen auf dem Boden und der Grizzly beugt sich bereits vor. Nein, er wird ihn töten! Was soll ich nur machen? Instinktiv senke ich meinen Kopf, sodass meine Stirn nach vorne zeigt. Nur noch wenige Meter! Ich nutze die enorme Geschwindigkeit, die ich aufgenommen habe und drücke mich vom Boden ab! Mit der Stirn voran pralle ich mit voller Wucht auf das Ungetüm und schleudere den Bären weg von Jake. Diesmal ist der Grizzly derjenige, der gegen einen Baum geworfen wird und bei der Wucht des
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