Das Mysterium der Wölfe: Die Reise zu Kyrion (German Edition)
Feuerholz war schnell gesammelt und auch die Steine waren hier nicht schwer zu finden. Da Jake noch immer nicht zurückgekommen ist, habe ich die Zeit noch genutzt und ein paar Blätter in die Aushöhlung unter dem Baum gepackt. Sieht fast schon ein bisschen gemütlich aus. Wo bleibt Jake eigentlich? Er wollte doch nur die Umgebung checken. Mittlerweile ist es stockdunkel geworden und der Wald ist nur noch schwer überschaubar. Die einzige Lichtquelle ist der Mond und natürlich die vielen Sterne, die man bei dieser klaren Nacht gut sieht. Ich setze mich auf den Boden und lehne meinen Rücken an dem gewaltigen Stamm der Eiche an. Das Firmament ist wirklich wunderschön. Eigentlich ist es gar nicht so übel hier, wenn nicht die Kälte wäre. Und dieser Hunger! Ich habe seit gestern Abend nichts mehr gegessen. Heute habe ich keine Zeit dafür gefunden und jetzt sitze ich hier am Boden und male mir ein saftiges Stück Fleisch aus, das ich gleich verdrücken werde. Ach, wenn dieser Traum nur Wirklichkeit wäre! Plötzlich knurrt mein Magen. Oh Mann, ich sterbe gleich vor Hunger!
"Na, da hat wohl jemand vergessen zu frühstücken?" Huch, wo kam das denn auf einmal her? Erschrocken drehe ich mich um und sehe Jake vor mir stehen. Wird ja auch langsam Zeit, dass er hier aufkreuzt. Ich habe ihn gar nicht gehört, als er näherkam. Wahrscheinlich hat mich das laute Magenknurren abgelenkt. Was hat Jake da bloß über der rechten Schulter hängen? Oh, es ist ein Reh und zwar ein ausgewachsenes. Das kommt mir gerade recht. "Ich dachte mir schon, dass du Hunger bekommen könntest. Tut mir leid, dass ich etwas länger gebraucht habe, aber dieses Tierchen hier ist wirklich um sein Leben gerannt. Tja, aber ich war wohl etwas schneller. Das Abendessen ist zumindest gesichert." Jake sieht richtig stolz aus, wie er so mit seiner Beute dasteht. Bisher war ich ja immer sehr tierfreundlich und ich muss sagen, dass ich es immer gehasst habe, wenn bei Tierdokus der Jäger schneller ist als der Gejagte, aber jetzt sehe ich ein, dass das manchmal gar nicht so schlecht ist. Jake legt das Reh neben die Feuerstelle und begutachtet meine Arbeit. Ihm fällt auch auf, dass ich für etwas gemütlichere Schlafplätze gesorgt habe. "Nicht schlecht, Jess. Für deinen ersten Tag als Wölfin machst du dich richtig gut. Ich glaube ich behalte dich noch für eine Weile."
Das kostet mir einen Lacher: "Na das will ich doch hoffen! Wäre ja auch bestimmt langweilig ohne mich."
"Ja, das Leben als Einzelgänger hängt mir sowieso schon zum Hals heraus. Wir Wölfe sind ja eigentlich für das Leben in der Gemeinschaft gemacht. Leider trifft man immer seltener echte Wolfsrudel." Jake setzt sich zu mir und nimmt zwei von den Steinen, die ich um die Feuerstelle gelegt habe in die Hand. Er begutachtet sie kurz, legt dann einen zurück und nimmt sich einen neuen.
"Wieso denn? Also ich will jetzt nicht behaupten, dass ich mich mit Wölfen allzu gut auskenne, aber wenn man sie im Fernsehen sieht, sind sie doch immer im Rudel unterwegs, oder etwa nicht? Da sind eher die Einzelgänger Seltenheiten." Jake legt den Stein wieder zurück und nimmt sich den nächsten. Er prüft ihn genau, fährt mit den Fingern über die Kanten und behält ihn dann schließlich bei sich.
"Na ja, das sind die anderen Wölfe, wenn man sie überhaupt so nennen kann." Das Wort "Wölfe" klingt so abwertend, als würde ihn das Wort in dem Zusammenhang anwidern. Jake nimmt nun die beiden ausgewählten Steine fest in die Hände.
Ich frage inzwischen nach: "Andere Wölfe? Wie meinst du das?" Er beugt sich vor die Feuerstelle und schlägt die beiden Steine gezielt aneinander. Dies wiederholt er ein paarmal, bis letztendlich genügend Funken entstehen, um das Feuer zu entfachen. Das alles sieht so einfach bei ihm aus. Zu guter Letzt pustet er sanft auf die Funken, sodass diese das getrocknete Gras in der Mitte entzünden. Und schon haben wir ein wärmendes Lagerfeuer. Die ausgestrahlte Wärme tut sehr gut. Ich bin ehrlich gesagt schon ein bisschen durchgefroren.
Nun antwortet mir Jake auf meine Frage: "Ich nenne sie nicht wirklich gerne "Wölfe". Das würde nur dich und mich beleidigen. In meinen Augen sind diese niedlichen Tierchen, die man immer in den Dokus sieht nur Schoßhündchen, nichts weiter. Sie mögen uns zwar auf den ersten Blick ähnlich sehen, aber sie unterscheiden sich komplett von uns. Wir sind größer, stärker, schneller und vor allem weitaus intelligenter." Jetzt prahlt Jake
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