Das Mysterium der Wölfe: Die Reise zu Kyrion (German Edition)
mich, was auch immer ihr wollt." Finde ich gut. Wir brauchen sowieso jemanden, der uns etwas in die Sitten des Rudels einweiht. Das vermeidet zumindest ungewollte Peinlichkeiten.
Jake setzt fort: "Ähm...gut, danke. Zurück zu meiner Frage: warum ist euer Rudel eigentlich aufgeteilt? Ich war zwar noch nie Mitglied einer größeren Gruppe, aber hält man im Rudel nicht eher zusammen?"
Der Ausdruck in Nolans Gesicht wird auf einmal ernster: "Na ja, das liegt an unserem Anführer. Versteht mich bitte nicht falsch, Cyrus macht seine Sache wirklich gut, aber er führt eine strenge Rangordnung im Rudel. Alles in allem kann man uns in zwei Gruppen unterteilen. Die kleinere Gruppe, unter denen auch ich und meine Kämpfer sind, hat einen wesentlich höheren Rang als die, die ihr da drüben seht." Er deutet mit dem Kopf auf die andere Seite des Baches, wo die größere Gruppe noch immer schläft. "Einige von ihnen wollten sich anfangs seinem Willen nicht beugen. Andere sind einfach schwächer, oder passen Cyrus einfach nicht in sein Konzept. Er will ein starkes Rudel haben."
"Aber sollte man da nicht die anderen mitziehen? Eine Gruppe ist doch nur so stark wie ihr schwächstes Glied, oder etwa nicht?" Da muss ich Christopher recht geben, denn diese Meinung vertrete ich auch. Was hat es denn für einen Sinn, die anderen auszugrenzen? So werden doch die Schwachen immer schwächer und die Starken immer stärker.
Nolan will ihm gerade antworten, als ein lautes und vor allem tiefes Heulen ertönt. Die eben noch schlafenden Wölfe zucken zusammen und öffnen langsam die Augen. Nolan erklärt uns das Ganze: "Oh, das war gerade Cyrus' Weckruf. Ich sollte wieder zu ihm gehen. Er wird mich und die anderen Krieger sicher gleich zum Jagen losschicken. Fühlt euch in der Zwischenzeit wie zu Hause." Und schon ist er weg. Es ist wirklich erstaunlich, wie sehr hier alle nach der Pfeife ihres Anführers tanzen. Als ich Nolan das erste Mal sah, dachte ich, dass er ein starker und unabhängiger Wolf ist, aber wenn ich ihn mir jetzt so ansehe, halte ich ihn eher nur für eine Marionette von Cyrus.
Jake wendet sich an Chris und mich: "Wir sollten vielleicht auch einmal zu Cyrus gehen. Kann doch sein, dass er seine Entscheidung schon getroffen hat, nachdem er eine Nacht darüber geschlafen hat, oder?" Chris stimmt ihm mit einem Nicken zu. Ich hingegen schaue unsicher zu Boden. Jake merkt sofort, was los ist. "Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, Jess. Er wird uns schon passieren lassen, da bin ich mir sicher."
Da muss ich ihn wieder auf den Boden der Tatsachen holen: "Ja, aber was ist, wenn er sich dagegen entscheidet? Dann bin ich schuld daran, dass wir nicht weitergehen können und ich werde mir ewig Vorwürfe machen."
Chris versucht mich auch zu beruhigen: "Das wird schon nicht passieren."
Ich falle ihm ins Wort: "Sei dir da nicht so sicher! Habt ihr nicht gesehen, wie er mich angesehen hat? Irgendwas hat er gegen mich! Ich kann mir nur keinen Reim darauf machen, was es ist!"
"Ach, das bildest du dir doch nur ein." Jake sieht mir gütig in die Augen. "Außerdem bringt es uns nicht weiter, wenn wir jetzt noch lange diskutieren. Wir sollten die Initiative ergreifen und ihn einfach fragen. Falls seine Antwort nicht zu unseren Gunsten ausfällt, müssen wir uns eben etwas überlegen. Und jetzt kommt!" Er setzt sich in Bewegung und Chris folgt ihm. Ich atme nochmal tief durch und schließe mich dann den beiden an. Jake schafft es zwar immer mich zu beruhigen, trotzdem bin ich noch ziemlich aufgebracht. Ich habe ein mieses Gefühl. Hoffentlich täusche ich mich da...
Als wir uns der Gruppe von Wölfen nähern, die noch alle gemütlich im Gras liegen, schauen sie schon von Weitem zu uns rüber und lächeln uns an. Im Vergleich zu gestern wirken sie wirklich äußerst gastfreundlich.
Dann sieht uns auch Cyrus: "Ah, da sind ja meine Gäste! Wie geht es euch, Freunde? Gut geschlafen? Ich hoffe, dass es euch bei uns gefällt." Das wird ja alles immer schräger...
Auch Jake wirkt verunsichert: "Ähm...alles prima...es ist wirklich sehr schön hier, nichts auszusetzen."
"Das freut mich zu hören. Ich bemühe mich wirklich mein Gebiet so schön und geordnet wie möglich zu halten. Alles ist hier am rechten Platz." Na toll, ein wahnsinniger Anführer mit Ordnungszwang...das wird ja immer schlimmer...
Bevor sich diese peinliche Situation noch in die Länge zieht, schreite ich ein: "Eigentlich sind wir ja hier, weil wir etwas fragen wollten." Da
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