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Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
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nicht. Er streitet alles ab: Ariano hat er nie gesehen, nie von einem Francesco Guicciardo gehört, niemals einen Fuß in eine Kirche gesetzt. Die Zeugen, die ihn belasten, sind Christen, Feinde seines Glaubens, also unglaubwürdig und abzulehnen.
    Nun kommt Giulio ins Spiel, einer seiner Zellengenossen. Es ist der 11. März, die Nachforschungen in Ariano stehen noch am Anfang, |162| als der Häftling erzählt, vor fast zwei Monaten sei Ali bei einem Wutanfall in einen erstaunlichen Monolog ausgebrochen. Nachdem er acht Monate lang nur türkisch gesprochen hatte, begann er nun, vom Zorn übermannt, wild zu gestikulieren, er seufzte, grunzte, ahmte allerlei Geräusche nach und gab Satzfetzen auf Türkisch, Spanisch, zuletzt auch auf Italienisch von sich.
    Anfangs wiederholte er zum zigsten Mal seine Treue zum muselmanischen Glauben, dann folgten die ersten Zugeständnisse: Ich bin das Kind von Christen, doch als mein Vater meiner Mutter beilag, jene wenigen Tropfen in sie gab und sie mich empfing, machte Gott mich zum Türken. Und Türke bin ich.
    Zum ersten Mal gestand er, dass er das Kind von Christen sei (doch wenn die Inquisitoren ihm das vorhalten, wird er leugnen und sagen, Giulio habe ihn falsch verstanden). Dann folgten wieder Drohungen: Diese Signori sollten mich freilassen, brüllte er, ich habe dem Pascha von Tunis zweitausend christliche Sklaven gebracht, darunter viele Adelige, und von denen sind noch vier in der Sklaverei, aus jedem könnte man achttausend Real herausholen, doch der Pascha wird keinen freikaufen lassen, wer auch immer es ist, solange ich hier drin sitze. Mein Weib geht jeden Morgen zu ihm, um ihn anzuflehen, das weiß ich, und er versichert ihr: Wenn Ali in Sizilien stirbt, werden hier bei uns einer oder zwei Adelige sterben.
    Dann ließ er sich zu halben Geständnissen hinreißen, erwähnte einen Bruder und eine Schwester, die Christen sind, nannte aber ihre Namen nicht. Und deine Heimat? fragte Giulio seinen Zellengenossen. Meine Heimat? Man muss bis zum Süßwasser fahren, antwortete er. Das schien eine Anspielung auf den Po zu sein, den Fluss bei Ariano. Doch dann wetterte er wieder gegen die Richter der Inquisition: Juden Canzir, das Heilige Offizium der Juden Canzir, so nannte er sie, Schweinejuden, obwohl man nicht recht versteht, warum sie Juden sein sollen.
    Er bat Giulio um Papier und Feder und kritzelte wild auf einem Fetzen Papier herum. Sieh her, ich kann in drei Sprachen schreiben: Türkisch, Spanisch und Italienisch. Und sprechen kann ich sieben: Türkisch, Maurisch, Spanisch, Italienisch, Flämisch, Albanisch und Französisch.
    In Wahrheit hat Ali immer nur so getan, als verstehe er kein Italienisch, außer, so sein Zellengenosse, wenn es um die Speisen ging, die |163| er von der Gefängnisküche verlangte: Frittata mit Fadennudeln in Olivenöl, marinierte Forelle, Kompott aus Kürbis und Grieß …
    Als er erneut von den Richtern verhört wird, gesteht er, dass er Italienisch kann, streitet aber ab, es schreiben zu können, ebenso, dass er seinen Genossen um Papier gebeten oder auf seine italienische Abstammung angespielt habe. Wenn ihr mir den Kopf abschneiden oder mich in Stücke reißen wollt, tut es, brüllt er, aber meinem Glauben werde ich niemals abschwören. Dann geht er wieder zum Gegenangriff über. Er lehnt alle belastenden Zeugen ab und nennt seine eigenen. Der erste ist unser Gott, sagt er, in dessen Händen alle Menschen jedweden Glaubens sind. Dann verlangt er, dass vier Matrosen des Schiffs angehört werden, auf dem er gefangen genommen wurde, und gibt eine detaillierte Beschreibung der Männer. Sie sind jetzt Sklaven an Bord verschiedener Schiffe, es dauert ein Jahr, bis alle vier gefunden werden. Endlich aufgespürt und verhört, geben sie nichts Nützliches zu Protokoll. Sie kommen nicht vom Schwarzen Meer, kennen Ali nicht gut, oder sie schwören, nie etwas von seiner christlichen Herkunft gehört zu haben. Doch da der Prozess nun schon Jahre dauert, sind die Ermittlungen kaum mehr geheim, und es ist sehr wahrscheinlich, dass diese neuen Zeugen (die seit zwei Jahren auf den Routen Siziliens fahren, wo Ali gefangen gehalten wird) sehr gut wissen, was beim Prozess passiert. Wie auch immer, keiner kann Beweise dafür liefern, dass der Angeklagte als Türke geboren ist.
    Der Prozess wird abgeschlossen. Bei der Abstimmung und dem Urteilsbeschluss kommen zu den Inquisitoren die Konsultoren des Gerichts, die beiden Qualifikatoren Pater Bonaventura aus

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