Das Mysterium Des Himmels
stumm. Beim Abstieg blieb er wie immer ein wenig länger bei einer Quelle stehen. Matu sah auf seinen Arm und löste seine zwei Hemden von einer Wunde, die leicht blutete. Es war eine Schnittverletzung, wie Ekuos erkannte, und die Matu sich nicht erklären konnte. Matu hatte wohl beim Abstieg eine scharfe Felskante gestreift und diese Verletzung davongetragen, vermutete Ekuos. Während Matu seine Augen vorsichtig öffnete, näherte sich eine weise Frau. Dann stand sie direkt vor ihnen und zeigte auf die Wunde.
»Er soll nicht auf die Erde bluten«, sagte sie, griff in das sehr kalte Bachwasser und strich ein wenig Schlamm über die Wunde.
Ekuos trat einen Schritt zurück und verbeugte sich. Er hatte Talale die Seherin nicht gleich erkannt.
»Es war die Sippe der Kij, die nach dem Verschwinden der Tochter und der Rückkehr ihrer Begleitung meinen Verbleib unmöglich machten«, sagte sie. »Es gibt Sippen, die sich als so mächtig empfinden, dass sie jedes Maß verloren haben. Die Götter werden ihnen ihre Antwort geben.«
Ekuos nahm Talale mit zu Irscha, dem die Situation über den Kopf wuchs. Er wusste nicht, wie er sich anstellen sollte. Ein normales Leben schien ihm immer unmöglicher zu werden. Mit Ekuos konnte er auskommen, aber Talale die Seherin war ihm unheimlich. Gleich nach dem Samhainfest wollte er ihnen ein kleines Haus am Rande des Ortes bereitstellen, damit er wieder sein altes Leben führen konnte.
»Ich sage, einer muss dem Feind den Kopf abschlagen«, meinte Matu.
Irscha erschrak. Man saß im Haus um das in der Mitte des Raumes brennende Feuer. Amadas genoss einen Becher Wein, während Irscha seinen Gedanken nachhing.
»Er wird es dem Glenn zeigen. Seine Gegenwehr wird nicht ausreichen, um alle seine Gegner abzuwehren. Nur so wird er besiegt.« Matu endete.
Irscha gefiel dieses Gespräch ganz und gar nicht. Ob es nun der Glenn oder ein anderer war, irgendwer musste sich schließlich um den Salzabbau kümmern. Viele Menschen im Salzland lebten sehr gut mit und von den Bergwerken und niemand würde darauf verzichten wollen. Er selbst auch nicht, denn die Waren aus dem römischen Reich waren kostbar und die Leute hier zeigten sie gerne, weil sie es sich leisten konnten. Üble Gesellen wie den Glenn gab es schließlich überall. Man konnte sie nicht allesamt umbringen. Irscha behielt seine Gedanken für sich.
Die weise Frau bewegte ihren Kopf hin und her. Irscha sah sie unter halb geschlossenen Lidern hervor an, weil er um sein Augenlicht fürchtete, wenn sie ihn dabei ertappen würde, wie er sie anblickte. Talale und Ekuos hockten in einem dunklen Winkel und schwiegen.
»Sage ihm, er soll mir folgen, damit ich seine Wunde versorgen kann, sonst wird er nicht mehr weit kommen. Das hatte Amanda gesagt und man hatte es erlaubt. Es zeigte sich, dass es einer aus unseren Dörfern war, der wunde Augen hatte und so erfuhren sie, wie Atles in die Berge geflohen war. Und wenn wir ihn finden, soll ich ihm sagen, er muss auf schnellstem Weg diesen heiligen Ort verlassen und sich am Ende des Waldes an einer Quelle waschen. Er soll den Tag und die folgende Nacht ruhig abwarten und sich nicht bewegen, denn er hat als Sterblicher den verwunschenen Berg betreten und dazu noch mit Waffen.«
Matu stand nicht auf. Er blieb sitzen und zitterte. Lieber wollte er auf der Stelle sterben, als zu diesem Berg hinüberzugehen, aber wer sonst sollte Atles von dort holen? Jeder im Raum wusste, von welchem Berg die Rede war. Ekuos musste handeln, denn Amanda konnte Hall nicht verlassen. Würde er nichts tun, hatte Atles sein Leben verwirkt. Seine Verpflichtung in Iuvavum war aufgehoben und er könnte hinüberreisen, aber so einfach war das nicht. Während der drei Tage der Feier zu Samhain konnte er selbstverständlich nicht gehen.
»Atles wird nur dann sterben, wenn er nicht auf Rosmertas Rat gehört hat. Das Leben wird dann ganz langsam aus ihm heraustreten und er wird die lange Reise in die andere Welt antreten. Du bringst Schande über die deinen, wenn du Palmira in den Fängen des Glenn lässt.« Talale sprach unmissverständlich und eine andere Meinung dazu gab es auch nicht.
Ekuos hatte schon vermutet, dass Atles ohne die Hilfe von Rosmerta nicht in die Berge gekommen war. Deshalb glaubte er, dass sie ihm ein Versteck angewiesen hatte und man sich nur erzählte, er wäre in den verwunschenen Berg geflohen, damit man nicht nach ihm suchen würde. Niemand der Häscher des Glenn würde in diesen Berg steigen. Ekuos
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