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Das Mysterium: Roman

Das Mysterium: Roman

Titel: Das Mysterium: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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dich.«
    Was bedeutete das? Daß sie es zu laut ausgesprochen hatte? |117| Oder hieß es, daß sich die strenge Gräfin, die sich kaum ein Lächeln gestattete, in einen verheirateten Mann verliebt hatte?
    »Er ist nicht verheiratet. Dennoch ist er unerreichbar.«
    Hinter ihnen gab es ein dumpfes Geräusch. Es folgte leises Stöhnen.
    »Was ist das? Wir werden belauscht!« Die Gräfin drehte sich um. Sie stieß Adeline an. »Geh, Kind, schau nach!«
    Ausgerechnet sie! Sie hatte schon Angst, wenn sie in ihrer Kammer den Schatten sah, den der Schemel auf den Boden warf. Nun
     sollte sie einen Gauner stellen? »Ist es nicht besser, die Wachen zu rufen?«
    »Keine Wachen. Der Hauptmann würde den Frevler zum Reden bringen, und dann würde unser kleines Gespräch ans Licht geraten
     und am Hof die Runde machen. Geh, Adeline, sieh nach, wer es ist! Wir werden mit ihm verhandeln.«
    Adeline seufzte. Sie setzte vorsichtig Schritt für Schritt ins feuchte Gras, bereit, sich herumzuwerfen und zu rennen. Was,
     wenn jemand mit gezücktem Dolch hinter diesem Heiderosenbusch lauerte?
    Da war niemand. Ihre Füße wurden naß.
    Aber dort, beim Walnußbaum! Ein Mann lag am Boden. Vorsichtig schlich sie näher. Er hielt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht
     den Rücken. Sie kannte ihn! Sie hatte ihn heute beim Krämer gesehen. Es war der Kanzleigehilfe. »Was tust du hier?« zischte
     sie.
    Er riß die Augen auf. »Adeline! Bitte geht weiter. Tut so, als hättet Ihr nichts gesehen.«
    »Woher kennst du meinen Namen?«
    »Geht weiter!«
    »Das ist wohl schwerlich möglich, wo mich Gräfin Giselberga zum Nachschauen geschickt hat. Man hat dich deutlich gehört. Bist
     du wahnsinnig, hier einzudringen? Die Wachen schneiden dir die Kehle durch!«
    Die Gräfin kam heran. »Wer ist es?«
    Der Kanzleigehilfe richtete sich auf. Mit beiden Händen hielt er seinen Rücken.
    |118| »Da ist der junge Mann wohl auf eine Nuß gefallen«, sagte Giselberga kühl. »Wer hat dich beauftragt, mich zu belauschen?«
    »Niemand«, sagte er.
    »Erzähle mir nicht, du wolltest Nüsse stehlen!«
    Er zögerte. »Ich bin hier, um eine Botschaft zu überbringen.«
    »An mich?« Die Gräfin hob das Kinn. »Von wem ist sie?«
    »Nein. An William Ockham.«
    »Gib sie mir.«
    Er stützte sich am Stamm ab und erhob sich mühevoll. Unter dem Hemd holte er ein kleines Pergamentstück heraus. »Hier ist
     der Brief, zum Beweis.« Er hielt ihn hoch. Dann drückte er ihn an seine Brust. »Aber ich werde ihn nur persönlich überbringen.«
    »Du könntest ein gedungener Meuchler sein! Papst Benedikt würde William gern tot sehen.«
    Er ist kein Meuchler, wollte Adeline sagen, er hat heute beim Krämer Hauswaren gekauft. Aber sie biß sich auf die Zunge und
     schwieg. Schließlich durfte sie ihn dort nicht gesehen haben. Sie hatte keinen Auftrag gehabt, den Hof zu verlassen.
    »Bitte«, sagte er. »Ich trage keine Waffe. Und ich muß diesen Brief überbringen.«
    »Der Bericht eines Spions vielleicht?« Ein Lächeln kroch über das Gesicht der Gräfin. »Wie geheimnisvoll.« Sie musterte den
     Kanzleigehilfen und dachte nach. Schließlich sagte sie: »Adeline, begleite ihn zu Williams Gemach. Laß ihn nicht aus den Augen.
     Ich möchte wissen, was es mit dieser Sache auf sich hat.«
    »Komm mit«, sagte Adeline.
     
    Nemo folgte ihr. Der Rücken schmerzte höllisch bei jedem Schritt. Es fühlte sich an, als würden die Nüsse, auf die er geprallt
     war, in seinem Fleisch stecken. Dazu dolchte die gebrochene Rippe bei jedem Atemzug in seine Eingeweide.
    |119| Sie traten unter den Bäumen hervor auf einen breiten Kiesweg. Nemo stutzte. Nun galt es. Wenn die Wachen auch am zweiten,
     inneren Tor die Arme der Eintretenden nach der verräterischen Narbe untersuchten, war hier sein Weg zu Ende. Vorsichtig sah
     er zu Adeline hinüber. Sie ging schnurstracks auf die Männer zu.
    Handschuhe steckten in ihren Gürteln. Die Hände ruhten auf dicken Schwertknäufen. Ich muß zügig und selbstsicher vorübergehen,
     dachte er, vielleicht halten sie mich dann nicht an. Sie wandten ihm ihre bärtigen Gesichter zu. Adeline würdigten sie keines
     Blickes, sie passierte die Wachen wie selbstverständlich. Nemo beschleunigte seinen Schritt, wie um sie einzuholen, und rief:
     »Adeline, so wartet doch!« Als er an den Wachen vorüberlief, musterten sie ihn mißtrauisch.
    Er war froh, daß ihn der Schatten des Torbogens nach ein paar Schritten ihren Blicken entzog. Konnten sie ihm ansehen,

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