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Das Mysterium: Roman

Das Mysterium: Roman

Titel: Das Mysterium: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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habt offensichtlich meine Warnung in den Wind geschlagen und Euch mit den Reinen eingelassen. Ich habe Euch gesagt, daß
     sie den Tod bringen. Nun werde ich verhindern müssen, daß die Seuche Kreise zieht.« Er rief: »Wache!« Und noch einmal, lauter:
     »Wache!«

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    |123| 8
    Mit einem brennenden Stück Werg entzündete Vizenz ein weiteres Talglicht. Dann warf er das Werg in eine Schale und sah zu,
     wie es verkohlte und verlosch. Es wurde Abend, und er hatte noch kein Ergebnis. Nichts. Nicht einmal den Anfang eines Anfangs.
     Er spürte, dies war der Prüfstein seiner Amtszeit. Brachte er Amiel zur Strecke, würde womöglich selbst der Papst davon hören.
     Wurde er aber von ihm zum Gespött der Stadt gemacht, sah es schlecht aus. Dann waren seine Tage im Amt gezählt. Er würde als
     einfacher Leutpriester jeden Morgen an einem Altar eine Totenmesse abhalten. Vorausgesetzt, er bekam überhaupt eine Stelle.
    Daß es in der Stube dunkel war, tat ihm wohl. Drei Talglichter, das genügte. Er war in seinem Versteck, in seiner sicheren,
     warmen Höhle. Hier mußte er seine Pläne schmieden. Nur mit guten Plänen konnte es gelingen, Amiel von Ax zu vernichten.
    Die Tür sprang auf. Einer seiner Gehilfen trat ein.
    »Was willst du?« warf ihm Vizenz entgegen. »Warum klopfst du nicht an?«
    Der Gehilfe schöpfte Atem. »Herr Inquisitor, er ist im Gasthaus ›Zum Hirschen‹ gewesen. Dort hat er seine ersten Geschäfte
     abgewickelt.«
    Haben wir dich, dachte er. »Und weiter?«
    »Danach verliert sich die Spur.«
    »Wo ist die Wirtin?«
    »Wie meint Ihr das?«
    »Für ihre Zeugenaussage!«
    »Aber ich habe doch ihre Aussage gerade wiedergegeben, Herr Inquisitor.«
    Er schlug die Faust auf den Tisch. Eines der Talglichter |124| hüpfte ein Stück und verlosch. »Amiel von Ax ist Jurist! Wir brauchen perfekte Prozeßakten mit einem unfehlbaren Register.
     Wir brauchen einen tadellosen Prozeß, wenn wir ihn zu Fall bringen wollen. Also schaffe die Wirtin her, damit ich sie anständig
     verhören kann!«
    »Ja, Herr Inquisitor.«
    Der Gehilfe hastete hinaus und prallte mit jemandem zusammen.
    »Gemach, Gemach«, sagte eine Stimme. Und dann: »Ich bin hier, um den Inquisitor zu sprechen.«
    »Verzeiht, Herr. Dort entlang.«
    Ein alter Mann in brauner Franziskanerkutte trat in die Amtsstube, seine Stirn zerfurcht, die Augen voller Feuer. Er trat
     an den Tisch und legte ein Pergamentstück darauf. »Hier, lest das.«
    War das William Ockham? Dieser Mann war einer der größten Feinde der Kirche. Ihm allein war es zu verdanken, daß der Kaiser
     inzwischen zwölf Jahre unter dem Kirchenbann lebte und noch immer Kaiser war, daß sein Reich fortbestand, obwohl der Papst
     ihm seine Gunst entzogen hatte. Vizenz erhob sich, es geschah von allein, obwohl er dem Ketzer keine Ehrerbietung zeigen wollte;
     die Ausstrahlung des Franziskaners zwang ihn dazu, wider seinen Willen. »Ihr besucht mich?« brachte er heraus.
    Der Mönch hob die Brauen. »Schwierige Zeiten erfordern ungewöhnliche Schritte.«
    Er war ohne Begleitung gekommen. Hätte Vizenz doch Bewaffnete hier gehabt, er hätte den Franziskaner fesseln lassen und ihn
     außer Landes schaffen können, bevor der Kaiser etwas dagegen unternehmen konnte. Es wäre ein vernichtender Schlag gegen die
     Krone gewesen. Wieso begab sich der Mönch wehrlos in die Amtsstube der Inquisition? »Ihr habt sicher einen guten Grund für
     Euer Kommen.«
    William Ockham schob ihm das Pergamentstück hin. »Lest.«
    Vizenz faltete das Pergament auf und las: »Dem hochverehrten Magister William Ockham.«
    |125| »Er schmiert mir Honig um das Maul. Ich bin nur Bakkalaureus, alle Welt weiß, daß man mir in Oxford keinen Magistertitel geben
     wollte, weil die theologische Fakultät meine Meinung nicht akzeptieren konnte. Ein tückischer Hund, der mich Magister nennt!«
    So sah er das? Die theologische Fakultät konnte seine Meinung nicht akzeptieren? Er hatte an den Fundamenten der Kirche gerüttelt
     und hatte seither nichts anderes getan, als ihr Schaden zuzufügen.
    »Lest weiter.«
    »Vom Diener Gottes, Amiel von Ax.« Er schluckte. Amiel hatte mit William Ockham Verbindung aufgenommen? Dann verbündeten sich
     die stärksten Gegner der Kirche. Es würde noch ärger werden als in Frankreich. Er warf einen kurzen Blick auf den Gelehrten.
    Die weißen Haare, die ihm wie Spinnwebflusen über die Ohren hingen, zitterten. Der Engländer bebte vor Zorn. »Dieser Amiel
     von Ax baut darauf,

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