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Das Nest des Teufels (German Edition)

Das Nest des Teufels (German Edition)

Titel: Das Nest des Teufels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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sich um seine Mutter handelte. Mir war immer noch nicht klar, ob Juri künstlerisches Talent besaß. Das Bild der Luchsprinzessin, für das ich ihm Modell gestanden hatte, befand sich in Långvik, in meinem Zimmer wollte ich es nicht haben.
    Der Brief im Format DIN  A 4 kam aus dem Ausland, er war in den USA abgestempelt. Hatte ihn Mike Virtue oder einer meiner Studienkollegen geschickt? Der Absender war nicht angegeben. In dem Kuvert schien ein zweites zu liegen. Ich öffnete den ersten Umschlag, aus dem ein mit der Maschine beschriebenes Blatt fiel. Ich warf einen Blick auf die Unterschrift: Adam Bates. Der Name sagte mir nichts.
    Liebe Hilja Ilveskero,
     
    hoffentlich erreicht dich dieser Brief. Wir haben deine Adresse über die finnische Botschaft eruiert. Ich bin der Neffe deiner ehemaligen Vermieterin Mary Higgins. Wir sind uns bei meiner Tante in der Morton Street ein paarmal begegnet, vielleicht erinnerst du dich. Leider muss ich dir die traurige Mitteilung machen, dass Tante Mary Ende Januar an einer Überdosis Heroin gestorben ist. Der verdammte Stoff hat sie schließlich doch erwischt, wie wir es seit langem befürchtet haben. Sie wurde Anfang Februar eingeäschert.
    In den letzten Wochen habe ich die Wohnung meiner Tante geräumt. Sie hat kein Testament hinterlassen. Wenn du eines ihrer Bilder als Erinnerungsstück möchtest, melde dich. Die Erbengemeinschaft kann die Frachtkosten übernehmen.
    Wie du dich sicher erinnerst, war Tante Mary oft schusselig und vergesslich. In ihrer Schreibtischschublade habe ich einen an dich adressierten Brief aus Finnland gefunden. Er war ungeöffnet. Ich kann mir gut vorstellen, dass meine Tante ihn verlegt hat und du ihn deshalb nicht bekommen hast. Ich weiß nicht, ob er wichtig war, aber ich schicke ihn dir. Du erreichst mich unter der alten Adresse, meine Frau und ich werden der Erbengemeinschaft die Wohnung abkaufen und dort einziehen.
     
    Mit besten Grüßen
    Adam Bates
    Jetzt erinnerte ich mich wieder an Adam. Er war ein schmächtiger Junge gewesen, etwa fünf Jahre jünger als ich, und fasziniert von meiner Ausbildung im Sicherheitsbereich. Er hatte in New Jersey gewohnt und gelegentlich seine Tante besucht, um das Leben in Manhattan kennenzulernen. Wir waren ein paarmal in Rockclubs gegangen; in meiner Begleitung wurde Adam eingelassen, obwohl er noch nicht zwanzig war.
    Mary war also tot. Das überraschte mich nicht. Schon vor zehn Jahren, als ich in New York bei ihr wohnte, hatte sie manchmal so viel Heroin genommen, dass ich sie wiederbeleben musste. Einmal hatte ich sie auch zum Entzug eingeliefert, aber sie war aus der Klinik weggelaufen und hatte danach tagelang mit mir gewütet. Sie kenne ihre Grenzen, hatte sie behauptet, was definitiv nicht stimmte. Mal verlor sie ihre Schlüssel, mal ihre Kreditkarte. In der Regel fanden sie sich im Kühlschrank oder im Wäschekorb wieder. Es passte ins Bild, dass sie einen an mich gerichteten Brief in ihre Schreibtischschublade gestopft hatte.
    Die Handschrift auf dem Umschlag mit dem Expressaufkleber hatte ich seit zehn Jahren nicht mehr gesehen, doch ich erkannte sie sofort. Das Datum des Poststempels war unauslöschlich in mein Gedächtnis eingebrannt. Dieser Tag hatte auch in Onkel Jaris Todesanzeige gestanden, und am selben Tag war meine Schwester Vanamo gezeugt worden.
    Weil ich den großen Umschlag achtlos aufgerissen hatte, nahm ich nun eine Schere. Ich bekam eine Gänsehaut, als ich den Briefbogen herauszog. Onkel Jari war kein routinierter Briefschreiber gewesen, er hatte sich anstrengen müssen, um leserlich zu schreiben.
    Hallo, Hilja,
     
    viele Grüße aus Hevonpersii. Die ersten Nachtfröste haben wir schon gehabt, bald kann ich Moosbeeren pflücken. Auch Hakkarainens Kühe sind lieber drinnen als draußen. Ist in Amerika noch Sommer? In der Stadt ist es sicher angenehmer, wenn es nicht zu heiß ist.
    Ich schreibe dir, weil es wegen des Zeitunterschieds so kompliziert ist, zu telefonieren, und ich nicht weiß, wann du zu erreichen bist. Ich habe gestern von der Polizei in Kuopio eine unangenehme Nachricht bekommen. Dein Vater ist aus dem Psychiatriegefängnis ausgebrochen. Er hat einen Wärter so schlimm zusammengeschlagen, dass der arme Mann wohl für immer behindert sein wird. Dein Vater hatte die Flucht offenbar lange geplant.
    Ich bin froh, dass du dort drüben in Sicherheit bist und Keijo nicht an dich herankommt. Für alle Fälle halte ich die Flinte griffbereit. Ich melde mich wieder bei dir,

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