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Das Nest des Teufels (German Edition)

Das Nest des Teufels (German Edition)

Titel: Das Nest des Teufels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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einen Luchs als Haustier hielten, konnten wir die Nachbarn nicht wegen des Unfalls ausfragen. Wo lag der Unterschied zwischen Laitio und Frida? Warum durfte man Menschen quälen, indem man sie mit Gewalt am Leben hielt?
    Juris dunkelblaue, traurige Hundeaugen blickten mich unterwürfig an.
    «Wenn du mich darum bittest …»
    «Nicht ich, sondern Laitio. Ohne ihn wärst du jetzt im Gefängnis.»
    «Ich weiß.» Juri beugte sich über mich und küsste mich auf die Wangen. Ich schob ihn weg.
    «Lass uns Mannschaftskameraden bleiben. Ich möchte jetzt schlafen.»
    Ich erinnerte mich zu gut an Davids heftige, von Bissen begleitete Küsse und seinen harten Griff. Im Vergleich dazu wirkten Juris Berührungen schal wie abgestandenes Bier. Ich hatte ein paarmal mit Juri geschlafen und es durchaus genossen, doch das war nur eine kindische Rache gewesen, weil David damals einfach verschwunden war. Zwar war er auch jetzt nicht wirklich zu mir zurückgekehrt, aber immerhin wusste ich, dass er noch lebte, und hatte ihn noch einmal lieben dürfen, für einen kurzen Moment, dessen Bedeutung viel größer war als seine Dauer.
    Juri seufzte schwer, erhob sich aber. Ich sagte, die alte Frau Voutilainen habe ihm Gebäck geschickt.
    «Es gibt also doch noch eine Frau, die mich mag», seufzte er mit Märtyrermiene, verzog sich aber brav, nachdem er mir einen Gutenachtkuss auf die Stirn gedrückt hatte.
     
    Am nächsten Tag schrieb ich an Bruder Gianni. Es erschien mir sicherer, ihm statt einer Mail einen Eilbrief zu schicken, den er persönlich bei der Post abholen musste. Ich begriff nicht, wieso David einem Mann vertraute, der so schwere Verbrechen begangen hatte. Aber Davids Art, an seinen Gott zu glauben, war mir immer unbegreiflich erschienen. Vielleicht brauchte er Gott, weil er selbst Menschen getötet hatte und nach Vergebung lechzte, vielleicht meinte er, dieselbe Gnade stehe auch anderen Gesetzesbrechern zu.
    Hallo, Bruder Gianni,
     
    ich bin David in der Schweiz begegnet, und er hat mir von seinem Besitz erzählt, der sich in deiner Obhut befindet. Er bat mich auch, dir meine Kontaktdaten mitzuteilen, damit du mich erreichen kannst, falls nötig. Sei vorsichtig mit Mails. Schreibe lieber einen Brief oder eine SMS . Meine Adresse und Telefonnummer findest du unten.
    Ich weiß, warum du aus dem Polizeidienst ausgeschieden bist und warum Davids Kontaktperson ausgetauscht wurde. Der neue Kass ist inzwischen tot. Ich erzähle dir bei Bedarf mehr darüber, falls du es nicht schon weißt. Nach seinen Plänen zu urteilen, ist auch Davids Lebenserwartung nicht sehr hoch. Sorge deshalb gut für das, was er dir anvertraut hat.
     
    Hilja
    Ich brachte den Brief auf das Postamt in der Kasarminkatu. Nachdem ich zurückgekehrt war, verwickelte ich Julia wieder in ein Gespräch über ihren Vater.
    «Er soll in seiner Jugend in Finnland gewohnt haben, im Porkkala-Gebiet. Das gehörte damals allerdings nicht zu Finnland, sondern zur Sowjetunion.»
    «Darüber hat er nie viel gesprochen. Vater blickt in die Zukunft, nicht in die Vergangenheit. Natürlich weiß ich, dass er in Porkkala geboren ist. Deshalb kommt es ihm seltsam vor, dass ich jetzt teilweise in Långvik wohne, das zum selben Gebiet gehört. Ich begreife bloß nicht, wie sich irgendwer so für diese langweilige Gegend begeistern kann. Usko besteht darauf, dass ich das Wochenende wieder in seiner Datscha verbringe. Ich mag nicht aufs Land. Viel lieber würde ich in einen Nachtclub gehen, aber Usko macht sich nichts mehr daraus. Ich muss mir wohl anderweitig Begleitung suchen. Kein Wort darüber zu Usko, hörst du? Du bist
meine
Leibwächterin.» Julia versuchte, eine Art schwesterliches Lächeln aufzusetzen, es wirkte jedoch so gekünstelt, dass mir übel wurde. An sich war es mir egal, mit wem sie schlief, sofern sie sich dadurch nicht in Gefahr brachte.
    «Als ich mit Gerbolt verheiratet war, hatte ich Kolja … Wir hatten vorher beide als Models gearbeitet. Kolja ist in Moskau geblieben, er ist jetzt als Privatsekretär bei einem Unternehmer. Einem Mann.» Julia verzog das Gesicht. «Der ist noch viel reicher als Usko. Zum Glück habe ich selbst Geld.»
    Wieder lag mir die Frage auf der Zunge, weshalb Julia Usko Syrjänen überhaupt heiraten wollte, aber ich war klug genug, zu schweigen. Manchmal fühlte sich Julia so einsam, dass selbst ich ihr als Gesprächspartnerin recht war. Es war besser, nur zuzuhören, selbstsüchtige Menschen waren oft geschwätzig, und Julia prahlte

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