Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Nest

Titel: Das Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
Vom Netzwerk:
Computersoftwarefirma gründen wollen. Aber Rupert weigerte sich, ihm das erforderliche Kapital zu borgen. Simon sollte weiter am College bleiben und sein Wirtschaftsstudium beenden. Sein Vater bestand darauf. Das hat Simon abgelehnt. Die beiden waren sich immer schon sehr ähnlich. Simon setzte seine Idee dann gegen Ruperts Willen in die Praxis um. Aber ohne Kapital hat er sicher nicht das erreicht, was er sich erhofft hatte.«
    »Wahrscheinlich wird er jetzt einen Teil vom Geld seines Vaters erben?« verfolgte Lindsay behutsam die Spur.
    »Für sein Geschäft bestimmt mehr als genug, ja. Es wird seinen Schmerz, den Vater zu verlieren, etwas abschwächen. Er hat sich ganz in sich zurückgezogen… seit letzter Nacht. Er versucht sich einzureden, daß das Leben weitergeht; aber ich weiß, ganz tief drinnen leidet er.«
    Ihr Plädoyer für den Sohn wurde durch das Öffnen der Wohnzimmertür beendet. Lindsay wunderte sich, weil sie sich nicht vorstellen konnte, daß irgend jemand ins Haus gelangen konnte, ohne daß der Hund wie bei ihrer und Riganos Ankunft zu bellen begann. Sie wandte sich halb um, dem Neuankömmling zu.
    »Ich bin zurück, Mutter«, platzte der brüsk heraus. »Wer ist das?«
    Simon Crabtree war ein sehr großer junger Mann. Von seinem Vater hatte er die dunklen Locken und die kräftige Statur, der betont männliche Eindruck wurde jedoch durch einen vollen weichen Mund etwas gemildert. Lindsay verstand plötzlich, warum Emma Crabtree ihn so besorgt verteidigt hatte.
    »Hallo Liebling«, gab sie zurück. »Das ist Miss Gordon. Sie ist Journalistin. Kommissar Rigano hat sie hergebracht. Wir hoffen, daß uns jetzt alle anderen Reporter in Frieden lassen werden.«
    Er lächelte und Lindsay bemerkte, daß er auch seinen Teil von Ruperts Charme geerbt hatte. »Dieser Haufen? Sie gehen, sobald sie eine andere Sensation zum Spielen finden«, bemerkte er zynisch. »Es war nicht notwendig, eine von ihnen einzuladen, Mutter.« An Lindsay gewandt ergänzte er: »Ich hoffe, Sie haben meiner Mutter nicht zugesetzt. Das wäre das Letzte, was sie nach einem derartigen Schock braucht.«
    »Das ist mir völlig klar. Ich wollte nur ein paar Dinge über Ihren Vater in Erfahrung bringen. Ich schreibe für eine Zeitschrift eine Reportage über das Camp, und Ihr Vater spielte dabei eine wichtige Rolle, die entsprechend gewürdigt werden sollte. Ich bin auf jedes Gespräch mit Betroffenen angewiesen, und Ihre Mutter war so freundlich, mir etwas Zeit zur Verfügung zu stellen. Als Gegenleistung habe ich mich verpflichtet, den Mob an Ihrem Gartentor zu verscheuchen. Ein paar Zitate sollten reichen«, antwortete Lindsay versöhnend.
    »Sie täten besser daran, mit den Frauen in diesem Widerstandsnest zu reden. So würden Sie ein Interview mit der Mörderin meines Vaters kriegen, da die Polizei anscheinend keine Eile hat, sie zu verhaften.«
    »Ich bin nicht sicher, ob ich Ihnen folgen kann«, erklärte Lindsay.
    »Aber es ist doch offensichtlich, oder etwa nicht? Eine dieser sogenannten Friedensaktivistinnen hatte meinen Vater doch bereits angegriffen. Von da an braucht es wahrlich nicht mehr viel Intelligenz, sich den Rest auszurechnen, oder?« Lindsay fragte sich, ob es der Kummer war, der ihn so grob erscheinen ließ.
    »Ich kann verstehen, weshalb Sie so empfinden«, sympathisierte sie mit ihm. »Sicher hat Sie der Tod Ihres Vaters sehr mitgenommen. Aber jetzt können Sie es sich wenigstens leisten, Ihr Geschäft auf sichere Beine zu stellen. Das ist doch auch eine Möglichkeit, ihm Tribut zu zollen, nicht wahr?«
    Er maß Lindsay mit dem Ausdruck der Überlegenheit. »Das Geschäft steht bereits jetzt auf sicheren Beinen. Es wird so und so erfolgreich sein. Das jetzt heißt nur, daß alles ein bißchen schneller geht – und sonst gar nichts. Der Tod meines Vaters bedeutet mir mehr als eine verdammte Chance in geschäftlichen Dingen. Mutter, ich weiß wirklich nicht, wieso du das aufgebracht hast.« Und, wieder zu Lindsay: »Ich muß Sie jetzt bitten, uns zu verlassen. Meine Mutter ist müde, sie wird keine Fragen mehr beantworten.« Er blickte erwartungsvoll auf Mrs. Crabtree.
    Die konditionierten Reflexe, die in den Jahren der Ehe mit Rupert Crabtree gewachsen waren, kamen ins Spiel. Simon hatte seine Erbschaft in mehr als einer Hinsicht angetreten. »Ja«, bestätigte sie, »ich glaube, ich habe Ihnen alles gesagt, was ich weiß, Miss Gordon. Wenn es Ihnen nichts ausmacht.«
    Lindsay stand auf. »Ich würde gerne

Weitere Kostenlose Bücher