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Das Nest

Titel: Das Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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umlagert. Erst jetzt drang Cordelias rufende Stimme aus dem Hörer in ihr Bewußtsein.
    »Lindsay? Bist du noch da?«
    »Ja, ich bin da. Bis morgen.«
    Nach dem Telefonat fühlte sie sich total am Boden zerstört. Sie trat aus der Kabine, aber das Gewühle rund um den Auskunftsschalter war zuviel für sie. Sie lehnte sich an die Wand und fröstelte leicht trotz der warmen stickigen Luft im Krankenhaus. Rigano, dessen Augen schon den Raum nach ihr abgesucht hatten, entdeckte sie gleich.
    »Das reicht für heute«, warf er der Gruppe Reporter hin und schritt zu ihr herüber, ihre sämtlichen Kollegen im Schlepptau. Er nahm Lindsay beim Ellenbogen und steuerte einen der vielen Gänge an. Dann wandte er sich um und sagte kurz angebunden zu ihren Verfolgern: »Gehen Sie. Jetzt sofort. Oder ich sorge dafür, daß Sie alle hinausgeworfen werden.« Widerwillig zog die Meute ab und er lotste Lindsay in eine Nische, in der ein paar bequemere Stühle standen. Sie setzten sich.
    »Sie kommt durch«, sagte er. »Eine schlimme Verletzung an der Kopfhaut und ein haardünner Riß in der Schädeldecke. Sie hat ziemlich viel Blut verloren und die Wunde mußte genäht werden, aber angeblich gibt es keine Schäden am Gehirn.«
    Die Erleichterung kam in Form eines körperlichen Glühens über Lindsay. »Wann kann ich sie sehen?« wollte sie wissen.
    »Morgen früh. Wenn Sie um neun da sind, werden sie Sie reinlassen. Ihre Freundin wird noch unter dem Einfluß der starken Beruhigungsmittel stehen, aber sie sollte wach sein. Meinen jedenfalls die Ärzte. Trotzdem wird es eine Weile dauern, bis wir irgendwas Vernünftiges aus ihr herauskriegen, und deshalb muß ich jetzt alles erfahren, was Sie über den Anschlag wissen.«
    Lindsay hatte wieder genügend Kraft, mit den Achseln zu zucken. »Ich weiß überhaupt nichts. Ich weiß nicht einmal, womit sie zu Boden geschlagen wurde. Womit eigentlich?«
    »Mit einem Ziegel«, antwortete er. »Die liegen dort haufenweise herum. Ihr Frauen verwendet sie zur Befestigung eurer Zelte.«
    »Was für eine Ironie des Schicksals«, erwiderte Lindsay und schluckte das hysterische Kichern hinunter, das in ihr brodelte. »Ich kann Ihnen wirklich nichts erzählen. Ich hörte eine kurzen Schrei – keinen langgezogenen, eher einen abgehackten – und einen dumpfen Laut, da muß Debs in den Graben gefallen sein. Dann war da ein Geräusch, als ob jemand durch den Wald davonlief.«
    »Können Sie sich an die Richtung erinnern?«
    »Eigentlich nicht. Es schien genau vor mir zu sein, als ich zu dem Graben hinrannte, aber das war nur so ein vager Eindruck und ich könnte es nicht beschwören. Natürlich würde ich Ihnen lieber erzählen, daß ich jemanden gesehen habe, aber sogar, wenn da noch wer gewesen wäre, ich hätte ihn wahrscheinlich nicht erkennen können. Alles war so finster.«
    »Ihn?«
    »Na ja, von uns wird’s wohl keine gewesen sein, oder?«
    Am nächsten Morgen um acht Uhr stand Jane mit einem Becher heißen Kaffees an Lindsays Koje. Sie nahm am Fußende Platz und wartete geduldig, bis Lindsay aus dem Schlaf auftauchte. Nachdem sie ein paar von Riganos Männern hergebracht hatten, waren einige große Whiskys nötig gewesen, bevor sie überhaupt an Schlaf hatte denken können. Jetzt machte sich ein ausgewachsener Kater bemerkbar.
    Jane lächelte über ihre Bemühungen, die Lähmung abzuschütteln und sagte: »Ich hab’ gedacht, ich weck’ dich lieber früher auf, damit du rechtzeitig in der Klinik bist. Ich war auch schon telefonieren – sie sagen, Deborah ist jetzt außer Lebensgefahr und spricht gut auf die Behandlung an. Übersetzt heißt das, daß sie sie mit Beruhigungsmitteln vollgestopft haben, die Lebenszeichen, die sie trotzdem von sich gibt, aber in Ordnung sind. Sie meinen, es sei okay, wenn du reingehst, Cara sollte hingegen noch ein wenig warten.«
    »Wie geht’s Cara?« fragte Lindsay, die noch immer unter dem Eindruck stand, ihre Glieder wären aus Holz und ihr Kopf mit Watte gefüllt.
    »Ein wenig gereizt, aber sie ist bei Josy und den anderen Kindern, da wird sie sicher noch am besten mit allem fertig«, antwortete Jane. »Sie will zu ihrer Mami, aber sie ist Gott sei Dank alt genug um zu verstehen, daß Deborah im Krankenhaus ist und daß es ihr bald wieder besser gehen wird.«
    »Glaubst du, wir können sie hierlassen und auf sie aufpassen, oder müssen wir etwas anderes organisieren?« erkundigte Lindsay sich ängstlich.
    Jane lächelte. »Mach dir keine Sorgen wegen Cara. Sie

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