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Das Nest

Titel: Das Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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das Camp hat«, argumentierte er vorsichtig.
    Lindsay schüttelte den Kopf. »Unmöglich. Wenn sie es darauf abgesehen gehabt hätten, wär’ das Ganze neben der Straße passiert, wo das Abseilen viel einfacher ist. Dort, wo Debs angefallen wurde, ist der Wald ganz dicht. Da hat jemand beobachtet und gewartet und den richtigen Augenblick abgepaßt – jemand, der genau wußte, worauf er dort achtgeben mußte.«
    Rigano lächelte. Fast machte er den Eindruck, als würde er den gegenseitigen Schlagabtausch genießen. »Na gut«, räumte er ein. »Nehmen wir einmal an, die beiden Vorfälle stünden in einem Zusammenhang. Und wie geht’s dann weiter?«
    »Wollen Sie die Hypothese oder Beweise?«
    »Zuerst die Beweise, für die Theorie haben wir dann immer noch Zeit.«
    »Beweisstück Nummer eins: Eine Kassette. Befand sich unter Rupert Crabtrees Sachen in den Vorstands-Akten des Vereins. Sie enthält nicht, was auf dem Etikett steht, sondern ist eine Computeraufzeichnung von Funksprüchen, die sowohl für die Verbündeten als auch für die Feinde dieses Landes von einiger Bedeutung sein dürfte.« Sie legte das Band vor ihm auf dem Schreibtisch. Er nahm es in die Hand, betrachtete es und legte es wieder hin. Dann nickte er ermutigend.
    »Beweis Nummer zwei: Debs meint, sie wird von Rupert Crabtrees Geist verfolgt. Sie glaubt, ihn gesehen zu haben, wie er mit seinen Hund spazierenging, als er schon tot war. Und sie ist überzeugt, daß es Crabtree war, der sie überfallen hat. Beweis Nummer drei: Der Kerl, der da dauernd die Landschaft verschandelt und den Sie Mr. Stone nennen, zeigt ein erstaunliches Interesse an der Geschichte. Von der Kripo ist er nicht. Von Ihnen höre ich, daß er nichts mit der Stapo zu tun hat. Im Hinblick auf den Inhalt dieses Bandes heißt das, er arbeitet für den Geheimdienst. Denn die kümmern sich doch um sowjetische und andere Agenten, oder?«
    Riganos Züge entspannten sich, er schmunzelte und sagte: »Sie scheinen ja genau zu wissen, wovon Sie reden.«
    Lindsay fuhr sofort hoch. Sie war entschlossen, ihm keine Freiheiten einzuräumen. »Behandeln Sie mich nicht so gönnerhaft, wenn ich bitten darf. Ich bin kein kleines Mädchen, dem man über den Kopf streichelt, wenn es das Spiel der großen Jungs begriffen hat.«
    Das bißchen Lebendige verschwand wieder hinter einem Vorhang der Ausdruckslosigkeit. »Das war nicht meine Absicht«, entgegnete er kühl. »Sonst noch Beweise?«
    »Einen. Aber der fällt mehr unter Vermutungen als unter harte Tatsachen. Was würden Sie sagen, wenn Rupert Crabtrees Waffe nicht zur Verteidigung, sondern zum Angriff gedacht war?«
    Zum ersten Mal während des gesamten Gesprächs sah Rigano wirklich aufmerksam aus, als erzähle sie ihm etwas, was er noch nicht wußte. Oder nicht wissen wollte. »Aus welchem Grund?« fragte er.
    »Wenn ich Ihnen meine Theorie über das, was wirklich passiert ist, erkläre, dann werden Sie’s verstehen«, antwortete Lindsay. »Wollen Sie sie hören?«
    Er blickte auf seine Armbanduhr. Es war fast halb sechs. »Ich hab’ eine halbe Stunde Zeit«, stellte er fest. »Dauert es länger?«
    Lindsay schüttelte den Kopf. »Es ist keine lange Geschichte. Und besonders erbaulich ist sie auch nicht. Verrat und Habgier, Jack, darum geht’s hier.« Er nickte und begab sich in Zuhörerposition.
    »Simon Crabtree ist ein Computerwunderkind. Einer von denen, die Programme lesen wie Sie oder ich die Tageszeitung. Und er hackt gern in den privaten Dateien anderer Leuten herum. Seine Begabung fiel schon auf, als er noch zur Schule ging. Niemand hat je daran gezweifelt, daß er auf dem Gebiet erfolgreich weitermachen würde. Niemand – außer seinem Vater: Der war nämlich spießig genug, darauf zu beharren, daß sein Sohn eine Lehrzeit bestehen müsse. Und deshalb weigerte er sich, Simon beim Aufbau seiner Softwarefirma zu unterstützen. Ich war in dem Schuppen. Und obwohl ich fast nichts über Computer weiß bin ich überzeugt, daß die Ausrüstung da drinnen in die Tausende Pfund geht, leicht. Vielleicht sogar in die Zehntausende. Von einer Bank hat er solche Summen nicht bekommen, woher ist das Geld also? Meiner Meinung nach hat er es von einer ausländischen Macht. Mit ziemlicher Sicherheit von den Sowjets oder einem osteuropäischen Satellitenstaat. Die Kassette, die Sie da liegen sehen, enthält eine Aufzeichnung von Funksprüchen einer US-amerikanischen Militärbasis. Ich kenne mich in diesen Dingen zu wenig aus, um beschwören zu

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