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Das Nest

Titel: Das Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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verdammte dreckige Story.« Sie stand auf und schritt zur Tür. Bevor sie hinausging, sagte sie: »Aber zuerst rede ich noch mit Simon Crabtree.«

SECHZEHN
    Die hohen Mauern rund um Harrison Mews verstärkten noch den Motorenlärm von Lindsays MG. Da war sie also, den Showdown mit Simon Crabtree vor Augen. Leichter Frost lag in der Luft in dieser klaren kalten Nacht. Sie kurbelte das Wagenfenster hinunter, um ein paarmal tief Luft zu holen. In der finsteren Gasse brannte nur vor wenigen Garagen Licht. Mit dem Abklingen der ersten spontanen Wut stellten sich leise Zweifel an ihrem Vorhaben ein. Sie verwünschte ihre mangelnde Voraussicht, das Taschenaufnahmegerät zu Hause gelassen zu haben. Und obwohl alles in ihr auf Konfrontation aus war, war sie doch zu sehr Profi, um nicht zu wissen, wie schwierig es werden würde, eine Story unterzubringen, die nichts enthielt als ein Interview mit Simon ohne Zeugen und ohne Aufzeichnung. Sie konnte sich an den Kollegen wenden, den der Clarion zu ihrer Unterstützung geschickt hatte. Aber sie wußte, daß von ihm nicht viel zu erwarten war, außer wenn Duncan es ausdrücklich anordnete. Nach ihrer Serie von Exklusivinterviews lag dem armen Teufel sicher nichts weniger am Herzen, als ihr jetzt aus der Patsche zu helfen.
    Sie steckte sich eine Zigarette an und überdachte alle Varianten. Hinter ihren Befürchtungen saß tief verwurzelt der Glaube aller in diesem Metier Tätigen, auf geheimnisvolle Weise gegen die Gefahren immun zu sein, mit denen sich der Rest der Menschheit herumschlug. Aus derselben Überzeugung war sie schon einmal mit einem Mörder auf Konfrontationskurs gegangen, hatte sich ihm allein gestellt. Sie konnte den Sprung ins kalte Wasser wagen: Aber aller Wahrscheinlichkeit nach würde Simon einfach alles ableugnen. Und sogar, wenn er es zugab: Sie hätte keine Beweise. Dann könnte er seine Geldgeber kurz auf sie aufmerksam machen und sie ins Messer laufen lassen. Außerdem würde Duncan sie sowieso noch einmal in Begleitung eines Fotografen zurückschicken, um Aufnahmen und ein Interview mit einem Zeugen zu kriegen. In dem Fall wäre es fast egal, ob er leugnete oder nicht: Das Peitschenknallen würde vollauf reichen. Die andere Alternative war, es im Augenblick dabei zu belassen. Sie konnte Debs im Krankenhaus besuchen, heimfahren zu Cordelia, mit ihr über das Ganze reden und am nächsten Morgen gemeinsam mit Duncan die beste Strategie für ihr weiteres Vorgehen ausarbeiten. Womit alle zufriedengestellt wären. Alle außer Lindsay selbst: Über zuviel Geduld hatte sie sich noch nie beklagen müssen.
    Mit einem Seufzer beschloß sie, vernünftig zu bleiben. Sie machte das Fenster wieder zu, aber bevor sie den Zündschlüssel betätigte, sah sie, wie ein Lieferwagen in die Gasse einbog und Kurs auf den MG nahm. Nur die Begrenzungslichter brannten, und er fuhr mitten auf der Fahrbahn, so daß sie unmöglich vorbeikonnte. Instinktiv warf sie einen Blick in den Rückspiegel. Im schwachen Schein ihrer Rücklichter erkannte sie den diesmal quer geparkten roten Fiesta, der ihr so die Flucht nach hinten versperrte. Der Lieferwagen blieb ein paar Zentimeter vor ihren glänzenden vorderen Stoßstangen stehen und beide Türen gingen auf. Die haben aber auch nichts ausgelassen, durchfuhr es Lindsay.
    Zwei Männer stiegen aus. Der eine um die zwei Meter lang, mit den breiten Schultern und schmalen Hüften eines Bodybuilders. Dünner werdendes dunkles Haar streichholzkurz geschnitten, die scharfen Züge mit ihren interessanten Schatten vom dumpfen Licht noch unterstrichen. Er sah aus wie ein stiernackiger Mephisto. Der andere war kleiner und drahtiger, mit einer schwarzen, in eine Dauerwelle gezwängten Mähne. Beide trugen dicke Lederjacken und Turnschuhe. Beim Speichern dieser Eindrücke und während die zwei gemütlich anrückten, war Lindsay schlagartig bewußt, daß etwas sehr Unangenehmes auf sie zukam. Sie stellte fest, daß sie nicht mehr schlucken konnte. Ihr Bauch fühlte sich an, als hätte sie während der heftigsten Menstruationskrämpfe einen Fausthieb einstecken müssen. Fast automatisch versperrte Lindsay die Fahrertür, als sie sah, wie Dauerwelle gegenüber Aufstellung bezog und Mephisto sich ihre Wagenseite vornahm. Er drückte auf den Griff und befahl mit klarer, kalter Stimme: »Aufmachen.«
    Lindsay schüttelte den Kopf. »N-niemals«, stammelte sie heiser durch ausgedörrte Lippen. Ihre Angst war so groß, daß sie nicht einmal fragen konnte, was hier

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