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Das Nest

Titel: Das Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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die Augenbrauen. »Na, na, Miss Gordon. Keine kindischen Spiele. Sie wissen sehr gut, wer wir sind, und weshalb Sie hergebracht wurden.«
    »Ich weiß, daß er beim Geheimdienst ist, Abteilung MI6, oder zumindest hab’ ich es die längste Zeit angenommen. Aber ich habe keine Ahnung, weshalb ich wie eine Kriminelle verschleppt worden bin, oder wer Sie sind. Und bis ich das weiß, kriegen Sie bestenfalls meinen Namen.«
    Die mysteriöse Fremde drückte ihre halb gerauchte Zigarette aus und setzte ein frostiges Lächeln auf. »Ihre Verwegenheit spricht für Sie. Wenn ich dazu beitragen kann, die Lage zu entspannen – mein Name ist Barber. Harriet Barber. Und der Grund dafür, daß Sie, mit Ihren eigenen Worten, wie eine Kriminelle hierhergebracht wurden, ist, daß Sie nach den Gesetzen dieses Landes genau das sind. Sie sind – oder waren – unbefugterweise im Besitz von geheimem Informationsmaterial. Allein dieser Tatbestand würde reichen, um Ihnen einen längeren Gefängnisaufenthalt zu garantieren, insbesondere in Anbetracht Ihrer Kontakte zur Linken. Sie wurden verhaftet, als Sie im Begriff standen, einen Auftrag der Königlichen Sicherheitskräfte zu gefährden, also noch ein Umstand, bei dem die Gerichte einen ausgesprochen entschiedenen Standpunkt zu vertreten pflegen. Schon als Sie dieses Tonband auf seinen Schreibtisch legten hätte Kommissar Rigano Sie eigentlich verhaften sollen.«
    Tausend Dank Jack, dachte Lindsay bitter. Aber trotzdem spürte sie, wie sie etwas lockerer wurde. Mit diesem offen autoritären Verhalten konnte sie viel besser umgehen. »Bin ich also jetzt verhaftet?« erkundigte sie sich.
    Und wieder traf sie das kalte Lächeln. »Aber nein«, erwiderte Harriet Barber. »Wenn Sie verhaftet worden wären, gäbe es doch einen Bericht darüber, oder?«
    Die Angst war wieder da. Aber die kurze Atempause hatte Lindsay neue Kräfte verliehen. »Wenn ich also nicht verhaftet bin, muß ich doch auch gehen können, wann ich will?« bemerkte sie.
    »Den Zeitpunkt bestimmen wir«, klärte Stone sie auf.
    »Seien Sie nicht zu optimistisch, Stone«, wandte Barber ein. »Das hängt davon ab, wie vernünftig Miss Gordon ist. Leute, die sich nicht vernünftig zu benehmen wissen, fallen aufgrund ihrer Unachtsamkeit oft bedauerlichen Unfällen zum Opfer. Und jemand, der einen älteren Sportwagen fährt wie Miss Gordon, kennt sicher die Augenblicke, in denen spontane Einfalle schwerer wiegen als das verstandesmäßige Denken. Hoffentlich haben wir heute abend nicht zu viele solche Momente.«
    Schweigen breitete sich aus. Lindsay verlor als erste die Nerven und sagte, verzweifelt bemüht, sich nichts anmerken zu lassen: »Finden wir uns mit der Lage ab und kommen wir zum Geschäft. Worum geht’s?«
    »Und schon wieder dieses beklagenswerte Draufgängertum«, seufzte Barber. »Wir bieten Ihnen kein Geschäft an, Miss Gordon. Hier werden die Dinge anders erledigt. Sie werden die Staatliche Sicherheitsakte unterzeichnen und damit ab sofort an ihre Vorschriften gebunden sein. Gleichzeitig unterschreiben Sie – als Sicherheitsvorkehrung – eine Abschrift Ihrer Unterhaltung mit Kommissar Rigano von heute abend. Sie übergeben uns alle in Ihrem Besitz befindlichen Kopien dieses Bandes. Dann werden Sie uns verlassen – und weder über die Ereignisse dieses Abends, noch über Ihre Theorien zu dem Mord an Rupert Crabtree etwas erwähnen, und zwar niemandem gegenüber. Unter Strafandrohung – oder Ärgerem.«
    »Und wenn ich mich weigere?«
    »Die Antwort auf diese Frage sagt Ihnen sicher nicht zu, glauben Sie mir. Was haben Sie zu verlieren, wenn Sie mit uns zusammenarbeiten, die wir die nationalen Interessen Ihres eigenen Landes vertreten?«
    Lindsay schüttelte den Kopf. »Wenn wir anfangen zu diskutieren, wo die wahren nationalen Interessen liegen, sitzen wir übermorgen noch da, Ms. Barber. Mir geht’s um etwas viel Persönlicheres. Wie ich höre, wollen Sie Simon Crabtree nicht wegen des Mordes an seinem Vater anklagen?«
    »Kommissar Riganos Indiskretionen entsprechen durchaus den Tatsachen.«
    »Das heißt, er läuft frei herum, bis Sie soweit sind?«
    Die Bestätigung dieser Annahme ließ nicht lange auf sich warten: »Sie haben ein feines Gespür für die Realität, Miss Gordon.«
    »Also?«
    »Wir werden uns um ihn kümmern – wir oder die anderen. Verlassen Sie sich darauf.«
    »Aber nicht sofort?«
    »Das halte ich für nicht sehr wahrscheinlich. Er ist für uns – wie soll ich sagen – von

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