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Das Netz der Schattenspiele

Titel: Das Netz der Schattenspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Intruder-Netzwerk und sie wusste, vor wem sie sich in Acht nehmen musste. Marks letzter Gedanke, bevor er einschlief, war: »Hüte dich vor dem Herrn des Feldes, Stella. Er ist gefährlich. Denk an ihn.«
     
     
    Sie durfte es nicht vergessen! Sie durfte es nicht vergessen! Immer wieder hämmerte sich Stella die wichtigsten Punkte ihres Auftrages ein. Warum sollte das, was ihrem Vater als Junge in einem richtigen Traum gelungen war, nicht auch ihr möglich sein? Bisher hatte sie sich einfach im Meer ihrer Phantasie treiben lassen. Das altertümliche Illusion speiste sich zum größten Teil aus den Welten der Bücher, die sie während ihrer Kindheit gelesen hatte. Hin und wieder gab es da auch Versatzstücke neueren Datums, etwa diese sonderbare Registriermaschine des Unterstadtkämmerers Cassata, aber sonst…
    Sie durfte es nicht vergessen. Irgendwie musste es ihr gelingen, mehr Kontrolle über ihre Wachträume zu erlangen. Sonst blieb sie der Spielball solch finsterer Gestalten wie della Valles und des Dunklen Lauschers.
    Elektra hatte gesagt, er sei ihr Freund. Na gut. Aber weshalb zeigte er sich dann nicht? Sein Avatar – so es denn einer war – besaß die Beständigkeit einer dunklen Rauchfahne. Für Stella hieß das, er wollte nichts von sich preisgeben. Das machte sie misstrauisch. Aber sie hatte beschlossen, der flatternden Elfe und ihrem finsteren Freund eine Chance zu geben.
    Gut, dass Salomon ihr gestern von dem Spieß-, nein, dem Speer- Virus erzählt hatte. Das Ding war bestimmt nicht zufällig in einem Stein gelandet, der so schwarz schien wie der Schemen des Dunklen Lauschers. Und die Buchstaben R.I.P. konnten alles Mögliche bedeuten, nur nicht Requiescat in pace! Vielleicht standen sie für »Ruhelos im Provozieren!« oder »Rache ist prima!« oder… Ach, sie wusste auch nicht für was.
    Stella machte sich auch Sorgen um ihren Vater. In der vorletzten Nacht hatte er kaum geschlafen. Gestern, am Montag, war er bereits um neun aufgestanden und hatte ihr mit blutunterlaufenen Augen von dem Speer-Virus erzählt. Danach hatte er sich wieder ganz der Programmierung seines Cyberworm-Scanners gewidmet, nur kurz abgelenkt durch gelegentliche Besuche bei den anderen Cyberworm-Mitgliedern, denen er wie schon an den Tagen zuvor in fachlichen Fragen mit Rat und Tat zur Seite stand.
    Für Stella selbst hatte der Montag hauptsächlich aus Langeweile bestanden. Lesen war noch die angenehmste Tätigkeit während dieser Stunden. Es erwies sich also als überflüssig, Nowoges vorzutäuschen. Sie tat ja nichts anderes, als diese live zu produzieren. Ab und zu warf sie ihrem Vater besorgte Blicke zu. Sonst immer auf die eigene Gesundheit bedacht, nahm er nun keine Rücksicht mehr auf sich. Selbst beim Frühstück musste sie mit ansehen, wie er Sandwiches mit nitrathaltiger Wurst und gefärbtem Käse in sich hineinstopfte. Sein Zustand war mehr als ernst.
    Als sie an diesem Dienstagmorgen kurz vor halb elf ihren Cybernautensessel bestieg und aus Gwens Hand das Fläschchen mit dem Nasenspray entgegennahm, hing DiCampos ausdrucksloses Gesicht dicht hinter der getönten Scheibe des Beobachterraums. Die Angst und der Schrecken, die er noch am Sonntag angesichts der gerade noch abgewendeten Nuklearkatastrophe gezeigt hatte, waren ganz aus seinem Antlitz verschwunden. Aber auch von der Begeisterung, mit der er einen weiteren Tag vorher ihren ersten Ausflug in den Cyberspace begleitet hatte, fehlte jede Spur. Was ging in diesem Mann vor? War es nur Übereifer, der ihn zu einem Spitzel und Intriganten machte, oder steckte mehr dahinter?
    Stella atmete gleichmäßig. Das Abdriften in den Wachtraum schien ihr nun schon vertraut. Sie wusste, was sie erwartete. Jedenfalls glaubte sie das. Sie durfte es nicht vergessen. Die ganze Zeit wiederholte Stella diesen Satz in Gedanken. Auch ihr Auftrag kam ihr immer wieder in den Sinn. Sie durfte es nicht vergessen…

 
    DER DUNKLE LAUSCHER
     
     
     
    Eine geraume Zeit lang wollte die Dunkelheit um sie herum nicht weichen. Das Gefühl sagte ihr, sie müsse irgendwo am Marktplatz sein, aber da war diese dunkle Stille, die absolut nicht zu dem belebten Handelsplatz Enesas passen wollte.
    »Hast du es etwa schon vergessen?«
    Sie schlug die Augen auf. Mit bestechendem Erfolg. Aber sofort kniff sie die Lider wieder zusammen, denn das Licht, das durch das kleine Schlafzimmerfenster hereinfiel, hatte sie geblendet.
    »Was?«, fragte sie das Frettchen auf ihrer Brust – sie hatte die

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