Das Netz der Schattenspiele
längst kannte, war die ganze Zeit sitzen geblieben.
DiCampo sah nun die Gelegenheit gekommen, sein erstes Anliegen vorzutragen. Der Ärger über das in seinem Büro verhängte Rauchverbot schien wie weggeblasen. Jetzt war er ganz Italiener: voller Temperament, Hingabe und Gefühl.
»Lassen Sie mich Ihnen, Professor Kalder, und«, er schenkte Stella ein warmherziges Lächeln, »auch Ihrer reizenden Tochter dafür danken, dass Sie der Einladung in mein Büro gefolgt sind. Mir lastet etwas schwer auf der Seele… Ich muss mich vielmals für den schrecklichen Vorfall in New York von heute Vormittag entschuldigen.«
Salomon wirkte ehrlich erstaunt. »Weshalb?«
»Nun, irgendwie fühle ich mich schuldig. Schließlich hätte dieser Anschlag nicht stattgefunden, wenn Sie nicht auf dem Weg nach Fort Meade gewesen wären.«
Auf Salomons Stirn zeichneten sich tiefe Runzeln ab. Er schien zu überlegen, was DiCampo wirklich wollte, kam aber nicht darauf.
»Zum Glück hat ja der CIA-Beamte seiner Ausbildung entsprechend reagiert und es ist nichts passiert.«
»Hören Sie, Dr. DiCampo. Meine Tochter und ich haben einen Mordsschrecken bekommen. Ist das etwa nichts?«
»So war das nicht gemeint, Professor. Ich möchte Ihnen nur sagen, dass ich es sehr begrüße, einen Mann mit Ihren Fähigkeiten in unserem Team zu wissen.«
»Vorhin klangen Sie aber bei Ihrer Öffentlichkeitsschelte noch ganz anders, Doktor.«
»Das bezog sich natürlich nicht auf Sie, Professor. Sie sind jetzt jedenfalls sicher, hier in unserem Bunker. Das ist die Hauptsache.«
In diesem Moment klopfte es an die Tür.
»Das wird Mr. McMulin sein, er hat vermutlich die Hände voll und kann seinen Fingerabdruck nicht abgeben.«
»O Segen der Technik!«, sagte Salomon und erbot sich die Tür zu öffnen.
Dahinter stand Agaf Nbugu.
»Entschuldigen Sie die Verspätung«, sagte der Afrikaner an die Adresse Salomons gerichtet.
»Schon vergeben, Agaf. Kommen Sie herein.«
»Aber…« DiCampo schien sichtlich verwirrt über das plötzliche Erscheinen des Cyberworm-Leiters.
»Ich hatte Mr. Nbugu gebeten, diesem Gespräch beizuwohnen«, erklärte Salomon Agafs Gegenwart.
»Nun, eigentlich wollte ich daraus keine große Sache machen«, wand sich DiCampo.
»Machen Sie sich keine Sorge, Doktor. Mr. Nbugu hat mein vollstes Vertrauen. Außerdem finde ich es wichtig, dass in unserem Team ein Geist der Zusammenarbeit herrscht.«
DiCampo nickte. Ihm war deutlich anzusehen, dass ihm diese über seinen Kopf hinweg getroffene Entscheidung überhaupt nicht schmeckte.
Inzwischen hatte der Rote John auch eine Cola aufgetrieben und kam ins Büro zurück. Er stellte eine Dose nebst Plastikbecher vor Stella auf den Tisch und verdrückte sich auf einen ungepolsterten Stuhl, der wie ein Notbehelf in der Ecke stand.
Sein Chef – mental wieder einigermaßen erholt – wandte sich nun an Agaf. »Wir hatten uns soeben über den gerade noch vereitelten Zusammenstoß mit dem Truck heute Morgen unterhalten, Mr. Nbugu.«
»Haben Sie eine Ahnung, wie die Terroristen von unserem Zeitplan erfahren konnten?«, fragte Agaf direkt.
»Vermutlich gibt es ein Leck.«
»Sie denken an einen Spion?«
»Im Zeitalter der Informationstechnik kann man mit den vertrauenswürdigsten Personen zusammenarbeiten und es gelingt einem trotzdem nicht, seine Geheimnisse zu bewahren.«
»Das müssen Sie mir näher erklären, Doktor.«
»Wie viele Personen wissen von dem Cyberworm-Team, Mr. Nbugu?«
»Nicht sehr viele. Abgesehen von den Teammitgliedern selbst, natürlich der ständige Sicherheitsrat der UN. Er hat die Gründung der Spezialeinheit abgesegnet.«
»Gibt es von dieser Sitzung ein Protokoll?«
»Selbstverständlich, das ist so üblich. Aber es war eine Geheimsitzung. Das Protokoll wurde mit einer Stenografiermaschine aufgenommen und später abgetippt.«
»Wie wurde es denn abgeschrieben?«
»Mit einem Computer.«
»Einem Tempest-PC?«
»Wie bitte?«
»Das sind Geräte mit spezieller Sicherheitsausstattung.«
»Eine Stenografin steht nicht gerade besonders hoch in der Hierarchieleiter unserer Organisation. Ich bin mir nicht sicher, ob sie über eine solche Spezialausstattung verfügt.«
DiCampo nickte viel sagend.
»Wollen Sie damit andeuten, das Textdokument im PC sei gestohlen worden?«
»Vielleicht nicht gerade so, wie Sie jetzt denken, Mr. Nbugu.«
»Ich habe es immer gerne etwas einfach. Können Sie mir bitte erklären, was Sie eigentlich meinen, Doktor?«
»Ich glaube,
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