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Das Netz der Schattenspiele

Titel: Das Netz der Schattenspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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gewählt.
    DiCampo lockerte nun wieder die Zügel und versicherte seinen Gästen unter den finsteren Blicken Agaf Nbugus, er wolle sie keinesfalls unter Druck setzen. Nur gebe es andere Beamte im weiteren Umkreis der amerikanischen Hauptstadt, die vielleicht weniger großzügig dachten als er. Darüber hinaus sei Stella keinesfalls der erste Cybernaut. Das System sei hinlänglich erprobt und es bestände überhaupt keine Gefahr für das Kind. Er, Professor Kalder, möge doch bitte bedenken, worum es hier gehe. Nicht weniger als das »Gedächtnis der Welt« stünde auf dem Spiel.
    Salomon hätte sich wohl eher vierteilen lassen, als seine Tochter der NSA anzuvertrauen, aber da war ihm Stella ins Wort gefallen und hatte gerufen: »Ich mache es!«
    Irgendwie, so hatte sie sich überlegt, schien das, was Salomon zu Hause beim Testen seiner Apparaturen mit ihr anstellte, und das, was sie hier wohl erwartete, voneinander gar nicht so verschieden zu sein. Es kam nur diese »harmlose Droge« hinzu, die DiCampo fast beiläufig erwähnte hatte.
    Als Stellas Vater der Operation dann doch widerstrebend zustimmte, stellte er an den Intruder-Projektleiter noch eine Bedingung. Nie und nimmer würde er, Mark Kalder, seine Tochter einer Horde von Technikern und Wissenschaftlern als willfähriges Forschungsobjekt zur Verfügung stellen. Deshalb sollte Stella alles, was sie in ihren Wachträumen sah und erlebte, zuerst ihm erzählen. Er würde dann DiCampo und den Fachleuten des Intruder-Teams Bericht erstatten.
    DiCampo hatte geschluckt. Aber nach einem stillen Augenkampf zwischen ihm und Salomon hatte er schließlich nachgegeben.
    »Denkst du, sie hätten dich wirklich eingesperrt?«, fragte Stella ihren Vater nun. Immer noch auf dem Bett sitzend, hatte sie die Hände zusammengelegt und zwischen die Knie geklemmt. Der Gedanke machte ihr wirklich Angst.
    »Zuzutrauen wäre es ihnen schon«, antwortete Salomon. »Ich erinnere mich da an so einen Fall. Einen gewissen Bernie S. ein Hacker, den der Secret Service fast ein Jahr lang zusammen mit brutalen Kriminellen ins Gefängnis sperren ließ. Dem Service schmeckte nicht, welche Bücher Bernie besaß, und noch weniger, welche Informationen er im Internet sammelte. Das waren seine einzigen ›Verbrechen‹. Sie haben ihn einfach unter dem Vorwand der Gefährdung der nationalen Sicherheit aus dem Verkehr gezogen.«
    »Wegen ›Gefährdung der nationalen Sicherheit‹?«, wiederholte Stella nachdenklich. »Also, langsam verstehe ich, warum dir diese Phrase so gegen den Strich geht.«
    Salomon nickte ernst.
    »Wirst du DiCampos anderen Wunsch auch erfüllen?« Stella sprach damit eine Bitte an, die ihren Vater fast genauso auf die Palme gebracht hatte wie ihre Berufung zum ersten weiblichen Cybernauten. Der Projektleiter hatte darum gebeten, den im Kagee -Programm enthaltenen »Generalschlüssel« mit dem Intruder zu verknüpfen, wenn dies technisch machbar sei. Der Intruder beherrsche zwar das große Hacker-Einmaleins, aber gegen den Kagee -Mutanten sei er vermutlich hoffnungslos unterlegen. Nur wenn der Intruder in der Lage sei genauso schnell und ungehindert die Sicherheitssysteme fremder Computer und Netzwerke zu überwinden wie der Cyberwurm, könne man diesen auch bis zu seinem Nest verfolgen.
    In Salomon hatte sich alles gegen DiCampos letzte Bitte gesträubt – die Technologie des SKULL-Testers in einem NSA-Programm, undenkbar! Zuletzt kapitulierte er vor den Fakten: Die Zeit war für herkömmliche Ermittlungsverfahren zu knapp; man musste die Verursacher der Computerzwischenfälle mit ihren eigenen – mit Salomons – Waffen schlagen, andernfalls war das baldige Hochgehen der I-Bombe unausweichlich.
    Stella musste daran denken, wie argwöhnisch Salomon immer sein Chaos gehütet hatte. »Wird die NSA jetzt deinen SKULL-Tester doch noch für ihre Zwecke missbrauchen können?«
    Salomons Gesicht hellte sich etwas auf. Er kam zu ihrem Bett herüber, setzte sich neben sie und hauchte ihr ins Ohr: »Ich bin mir nicht sicher, wie viele Mikrofone DiCampo in diesem Raum installiert hat. Was meinen SKULL-Tester betrifft, brauchst du dir aber keine allzu großen Sorgen zu machen. Die NSA wird weder vom Tester noch von SKULL selbst den Quellcode bekommen. Sie können mein Wissen also nicht frei weiterverwenden. Der ›Generalschlüssel‹ aus dem Kagee wird von mir so mit Intruder verbunden, dass er nur für unsere Suche zu gebrauchen ist. Außerdem bleiben die digitalen Fingerabdrücke

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