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Das Netz im Dunkel

Das Netz im Dunkel

Titel: Das Netz im Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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mir noch eine Chance, und du wirst mir nie wieder verzeihen müssen, nicht zu handeln, wenn ich es tun sollte.«
    Vergeben? Ihm? Wie konnte ich ihm vergeben, wenn ich nievergessenkonnte?Zweimalhatteernichtsunternommen, um mich vor Menschen zu retten, die mich zerstören wollten. Ich wollte ihm keine dritte Chance geben.

Der letzte Faden des Spinnennetzes
    An einem schönen, sonnigen Tag betteten wir Vera zur letzten Ruhe neben Tante Elsbeth. Es war sonderbar, daß ich gerade bei diesem Begräbnis dabei war, wo ich das von Tante Elsbeth und auch die Beerdigung Billies versäumt hatte. Ich hatte die beiden anderen geliebt, und doch war es Veras Sarg, den ich in die Erde sinken sah. Als ich von ihr Abschied nahm, verstand ich sie plötzlich. Und dieses Verständnis würde es mir vielleicht eines Tages ermöglichen, ihr zu verzeihen und mich nur noch an die Augenblicke zu erinnern, in denen ich sie gemocht hatte.
    Wir kehrten nach der Beerdigung heim, und sobald ich Sylvia aus ihren Trauerkleidern geholfen hatte, schlug Papa vor, im Hof Ball zu spielen. Das würde uns über unsere Niedergeschlagenheit hinweghelfen, meinte er. Seit dem Abend von Veras Tod hatte ich kaum mit Arden gesprochen, und jetzt, drei Tage später, schmiedete ich meine Pläne, während Papa sich in einem Sessel mir gegenüber räkelte und wie immer versuchte, meine geheimsten Gedanken zu erraten.
    Als Sylvia, gefolgt von Arden, in die Halle kam, schien ihr schlurfender Gang sich stark verbessert zu haben. Die frische Luft und die Sonne hatten ein bißchen Farbe in ihr Gesicht gezaubert, und die hübschen, wasserblauen Augen suchten mich, ehe sie lächelte.
    Ich ging, bevor Arden Gelegenheit hatte, mich nochmals um etwas zu bitten, und eilte die Treppe hinauf. In meinem Schlafzimmer setzte ich mich aufs Bett und versuchte vorauszuschauen, damit ich das Richtige für Sylvia und mich tun könnte. Papa kam an die Tür undstand dort, flehte mich an, ihn nicht zu verlassen. Konnte er meine Gedanken lesen?
    »Du hast es versprochen, Audrina, versprochen! Du hast geschworen, daß du dein Leben lang bei mir bleiben würdest. Und was ist mit Sylvia? Willst du ihr den einzigen Menschen nehmen, der zu ihr steht?«
    »Ich gehe, Papa«, erklärte ich müde. »Ich habe versprochen, dich nicht zu verlassen, als ich noch ein Kind war und nicht verstanden habe, was du von mir wolltest. Aber ich kann nicht bleiben. Mit diesem Haus stimmt etwas nicht. Irgend etwas herrscht hier und hindert alle daran, normal oder glücklich zu sein. Ich will hier raus.«
    »Denk an Sylvia«, weinte Papa. »Auch wenn es ihr bessergeht, wird sie doch niemals fließend sprechen. Sie wird nie so normal sein, daß sie schwierige, geistige Aufgaben lösen könnte–wie soll sie überleben, wenn ich sterbe?«
    Ich hatte nicht die Absicht, Sylvia hierzulassen, aber das wollte ich ihm nicht sagen. Noch nicht.
    »Wie soll Sylvia überleben, wenn du fort bist?«
    Seine dunklen Augen funkelten–listig, so dachte ich. »Also hast du am Ende doch diese Gabe verloren. Sie haben dieses Besondere in dir getötet, deine Fähigkeit zu selbstloser Liebe, die Empfindsamkeit, die dich immer herbeigerufen hat, wenn jemand dich gebraucht hat. Du bist nicht mehr das besondere Mädchen mit dieser seltenen, kostbaren Gabe.«
    Hart und zornig erklärte ich: »Das ist keine Gabe, Papa. Ich glaube dir nicht mehr. Mit diesem Sitzen und Schaukeln hast du dich förmlich selbst hypnotisiert, bis du alles geglaubt hast. Mir tut das Mädchen leid, das ich gewesen bin, weil es von ganzem Herzen an dich geglaubt hat.«
    »Also gut«, sagte er. Er schenkte mir noch einen seiner langen, durchdringenden Blicke, der mich zwang, die Augen niederzuschlagen. Dann stand er auf, um zu gehen, starrte mich von der Tür aus so kummervoll an, daß ich ihm den Rücken zukehren mußte, um seinem stummen Druck nicht nachzugeben.
    Jetzt war es nur noch klarer geworden…ich mußte dieses Haus verlassen.
    Er ging und knallte die Tür hinter sich zu. Ich fiel auf mein Bett und starrte an die Decke. Schlafen, dachte ich, nie wieder träumen. Das wünschte ich mir. So sollte es sein. Ich brauchteArden jetzt nicht. Ich hatte Sylvia, und das war genug. Doch die ganze Nacht lang tauchte Arden in meinen Träumen immer wieder kurz auf, und am Morgen wachte ich mit benommenem Kopf und dicker Zunge auf. Beim Frühstück sagte Papa nichts. Für gewöhnlich redete er schon, wenn er die Küche betrat, und verließ sie auch so wieder. Kein anderes

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