Das Netz
es ist nicht allzu schmeichelhaft, fürchte ich.«
»Reden Sie nicht um den heißen Brei herum, Beaurain. Was lässt mir der alte Fuchs ausrichten?«
»Dass die Tommys - so nannte er euch Engländer - nicht mehr alle Tassen im Schrank hätten. Die französischen Dienste haben erfahren, dass mehrere Terroristen der El Kaida vor kurzem nach England eingereist sind, und die entsprechenden Informationen sofort an Ihr Sicherheitsministerium weitergeleitet. Dort hat man ihnen zwar für ihre Bemühungen gedankt, aber nichts unternommen. Ihr Freund versteht das nicht und ist stinksauer.«
»Das kann ich ihm nicht verdenken. Aber leider sind mir die Hände gebunden. Ich kann Warner nicht vorschreiben, wie er sein Ministerium zu führen hat.«
Beaurain nickte verständnisvoll. »Das weiß ich doch. Aber frustrierend ist es trotzdem, wenn man weiß, was demnächst passieren wird, man aber nichts dagegen unternehmen kann. Ich werde morgen nach Italien fahren und Signor Murano fragen, wohin er das Geld aus Brüssel weiterleitet. Der Bankier in Brüssel hat mir erzählt, dass jemand aus Carpford unter dem Kodenamen Brutus riesige Summen an ihn überweist. Möchte mich vielleicht jemand von Ihnen begleiten?«
»Ja, ich!«, sagte Paula spontan.
»Was halten Sie davon, Tweed?«, fragte Beaurain.
»Ich kenne Paula. Wenn ich es ihr verbieten würde, hätte ich keine ruhige Minute mehr.«
»Gut, dann wäre das also auch geklärt.« Beaurain zog einen Notizblock heraus und schrieb etwas darauf. Paula bemerkte, dass er fast so schnell schrieb, wie er sprach. Er riss den Zettel aus dem Block und gab ihn ihr. »Das ist die Adresse meines Hotels hier in London. Meine Zimmernummer steht auf der Rückseite. Ich habe dort als Mr Vance eingecheckt. Wir fahren morgen in aller Frühe von der Waterloo Station ab. Dürfte ich Sie jetzt noch um Ihre Browning bitten? Vielen Dank. Die schmuggle ich dann zusammen mit meiner eigenen Waffe durch die Sicherheitskontrollen. Nehmen Sie nur einen Koffer mit, und vergessen Sie nicht, warme Sachen einzupacken. Um die Fahrscheine kümmere ich mich. Aber jetzt muss ich gehen, ich habe noch viel zu erledigen.«
Er stand auf und ging zur Tür, wo er aber noch einmal kurz stehen blieb.
»Mir ist noch etwas bezüglich des Überfalls vor dem Ivy eingefallen«, sagte er. »Vergessen Sie nicht, diesen Palfry einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Theoretisch wäre es möglich, dass er den Kerlen draußen ein Zeichen gegeben hat, als er gesehen hat, dass Sie das Lokal verlassen. Au revoir ...« Und damit war er auch schon verschwunden.
»Interessant, was er so alles erzählt hat«, sagte Tweed mehr zu sich selbst. »Nicht gerade sehr schmeichelhaft, was man in Paris über uns denkt.«
»Ich fahre jetzt nach Hause und bereite alles für Italien vor«, sagte Paula voller Tatendrang. »Dort wird es uns bestimmt nicht langweilig werden. Andiamo! Milano!«
»Ich hoffe nur, dass Ihre Reise sich nicht zu ereignisreich erweist«, sagte Tweed, der nicht sonderlich begeistert klang.
13
Beaurain und Paula waren die Ersten, die aus dem Schnellzug stiegen, als dieser gerade in den Bahnhof von Mailand eingefahren war. Staunend blickte Paula hinauf zu dem gewölbten Glasdach der riesigen Bahnhofshalle.
»Das sieht ja aus wie eine Kathedrale«, sagte sie.
»Stimmt«, sagte Beaurain und nahm sie am Arm, um noch vor den anderen Fahrgästen vom Bahnsteig zu verschwinden. »Ich will so schnell wie möglich weg von hier«, erklärte er. »Ist Ihnen nicht aufgefallen, dass wir bereits seit der Waterloo Station verfolgt werden?«
»Von wem denn?«
»Von dem gut gekleideten Mann, der im Zug ein paar Reihen vor uns saß. Kurz vor Mailand hat er mit seinem Handy telefoniert. Würde mich nicht wundern, wenn uns hier eine unangenehme Überraschung erwartet...«
Es war später Nachmittag, aber noch hell. Weit vor Mailand hatte Beaurain Paula ein schweres, in seltsam glänzendes Papier eingeschlagenes Päckchen überreicht und sie gebeten, es auf der Toilette zu öffnen. Nachdem sie dem Päckchen ihre.32er Browning nebst drei Magazinen entnommen hatte, hatte sie das Papier zurück zu Beaurain gebracht, der es zunächst sorgfältig glatt gestrichen hatte, um es danach in seinem Koffer zu verstauen. Dann war Beaurain mit einem ähnlichen Päckchen auf die Toilette gegangen, und seitdem trug er in einem Schulterhalfter eine Smith & Wesson.38er Special mit extra kurzem Lauf. Der Revolver wog gerade mal ein Pfund.
Als sie durch die
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