Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Netz

Titel: Das Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
Vom Netzwerk:
von Menschen wimmelnde Halle auf den Ausgang zugingen, sah sich Paula im Bahnhof um. Er schien mindestens zwanzig Bahnsteige zu haben.
    »Bleiben Sie ganz nahe bei mir«, sagte Beaurain, der seine Augen überall hatte.
    Draußen stiegen sie über eine Reihe breiter Steinstufen hinunter auf den Bahnhofsplatz, wo Paulas Blick als Erstes auf ein Hochhaus fiel, das gerade von der Abendsonne in ein dramatisches Licht getaucht wurde. Der über hundert Meter hohe Wolkenkratzer lief an den Kanten trapezförmig zu, was ihm ein schlankes, elegantes Aussehen gab. »Das muss das berühmte Pirelli-Gebäude sein«, sagte Paula. »Ein architektonisches Meisterwerk.«
    »So ist es.«
    Beaurain klang so, als ob er nicht ganz bei der Sache wäre, und hörte nicht auf, sich nach allen Richtungen umzusehen und jeden Fußgänger, der an ihnen vorbeiging, mit misstrauischen Blicken zu mustern. Es war offensichtlich, dass er jeden Augenblick mit einem Angriff rechnete. Als sie am unteren Ende der Treppe angelangt waren, bemerkte Paula eine am Straßenrand geparkte Stretchlimousine. Von der Seite kam ein Mann, der einen überladenen Obstkarren vor sich her schob, auf sie zu.
    Auf einmal wurde die hintere Tür der Limousine geöffnet, wodurch sie Beaurain am Weitergehen hinderte. Im selben Augenblick kippte der Obstkarren um, und eine ganze Ladung frischer Früchte purzelte auf das Trottoir.
    »Wir haben Sie bereits erwartet, Signor Beaurain«, sagte ein Mann, der auf der Rückbank der Limousine saß. Er trug einen teuren Geschäftsanzug. »Im Hotel Hassler sind Zimmer für Sie reserviert...«
    Der Mann hörte abrupt auf zu sprechen, weil Beaurain seinen Revolver gezogen und direkt auf ihn gerichtet hatte. Als der Fahrer der Limousine das sah, sprang er aus dem Wagen, rannte um den Kühler herum und bedrohte den Belgier mit einer Glock, einer tödlichen Waffe mit enormer Durchschlagskraft. Aber Paula war zur Stelle und rammte dem Fahrer die Mündung ihrer Browning in den Rücken.
    »Waffe weg«, zischte sie, »oder Ihr letztes Stündchen hat geschlagen.«
    Vermutlich war es die Entschlossenheit in ihrer Stimme, die den Fahrer dazu brachte, augenblicklich seine Pistole fallen zu lassen. Paula kickte sie mit dem Fuß unter die Limousine, während Beaurain sich ins Wageninnere beugte und den Mann im Geschäftsanzug mit einem Kinnhaken außer Gefecht setzte.
    »Verschwinden wir von hier«, rief er Paula zu, nachdem er dem Fahrer einen Magenschwinger verpasst hatte, der ihn vor Schmerz laut aufstöhnend auf den Gehsteig sinken ließ. Beaurain bückte sich, packte den halb Bewusstlosen unter den Achseln und warf ihn in die Limousine. Dann schlug er die Tür zu.
    »Das haben Sie gut gemacht«, keuchte er, während er mit Paula quer über den Bahnhofsplatz rannte. »Schnell, da fährt gerade eine Straßenbahn ab...«
    Kurz bevor sich die Türen schlossen, sprangen sie in den fast leeren Waggon, der sich gleich darauf mit ihnen in Bewegung setzte. Bereits im Laufen hatten sie beide ihre Waffen wieder eingesteckt, sodass keiner der wenigen Fahrgäste auf sie aufmerksam wurde. Erleichtert ließen sie sich auf einer Sitzbank nieder. Paula wischte sich die feuchten Hände an ihrer Hose ab. Obwohl es im Bahnhof bitter kalt gewesen war, hatte sie sich ihre Handschuhe nicht angezogen, um gegebenenfalls besser mit ihrer Waffe hantieren zu können.
    »Ist das nicht seltsam?«, sagte sie. »Niemand hat von diesem Vorfall auch nur die geringste Notiz genommen. Vielleicht ist so was in Mailand ja ganz alltäglich. Wo fahren wir eigentlich hin?«
    »Zu Mario Murano. Die Straßenbahn hält ganz in der Nähe seines Hauses. Alles okay mit ihnen?«
    »Mir geht’s gut«, sagte Paula. »Weiß Murano denn, dass wir kommen?«
    »Ja, ich habe ihn vom Zug aus angerufen. Er weiß also Bescheid. Übrigens ist er nicht der Typ, der ins Hotel Hassler geht, das hier in Mailand in etwa dem Ritz in London entspricht.«
    »Haben Sie eine Ahnung, wer die beiden in der Limousine waren?«
    »Nicht die geringste. Jedenfalls schienen sie nicht gerade um unser Wohlergehen besorgt zu sein...«
    Paula schaute aus dem Fenster. Die Trambahn fuhr gerade eine Straße mit alten, vier- bis fünfstöckigen Häusern entlang. In vielen der Häuser befanden sich im Erdgeschoss Bäckereien, Gemüsegeschäfte, Buchhandlungen oder die unvermeidlichen Supermärkte. Die Bahn hielt an einer Haltestelle, wo alle Passagiere den Waggon verließen, aber niemand zustieg. Als sie sich wieder in Bewegung

Weitere Kostenlose Bücher