Das Netz
Marler.
»Ja, aber nicht nur. Als ich gestern den Tag nicht hier war, konnte ich nachts lange nicht einschlafen. Ich habe mir die ganze Zeit überlegt, was ich wohl tun würde, wenn ich eine Organisation wie die El Kaida befehligen und einen Anschlag in London planen würde. Ich würde ein Ziel aussuchen, wo ich die Stadt an ihrem Lebensnerv treffen könnte.«
Eine Viertelstunde später betrat Buchanan das Büro. »Geht Ihnen dieser Warner eigentlich auch so auf die Nerven?«, fragte er, nachdem er alle reihum begrüßt hatte. »Am liebsten würde ich den Knallkopf auf den Mond schießen. Wenn man bedenkt, wie viele Einsatzkräfte er mit seinen Hirngespinsten beschäftigt, wird einem ganz anders. Erst die Kolumbianer, dann die IRA, und dann soll sich hier auch noch die sizilianische Mafia tummeln...«
»Wie setzt er denn die Leute ein?«, fragte Tweed.
»Er ist noch immer fest davon überzeugt, dass diese Zeichnung der Saint Paul’s Cathedral etwas zu bedeuten hat. Deshalb hat er Beamte vor dem Eingang postiert, die jeden Besucher gründlich filzen. Außerdem lässt er an den Gottesdiensten Polizisten in Zivil teilnehmen. Wahrscheinlich will er sich damit bloß für den Fall absichern, dass tatsächlich ein Anschlag auf die Kathedrale verübt und er danach zur Verantwortung gezogen wird. Ich persönlich glaube allerdings nicht, dass die Kathedrale das nächste Ziel der El Kaida sein wird.«
»Ganz meine Meinung«, sagte Tweed.
»Aber das ist noch nicht alles«, fuhr Buchanan aufgebracht fort. »Vor dem Canary Wharf Tower wimmelt es nur so von Polizisten. Jeder, der in das Gebäude will, wird kontrolliert, und das beunruhigt die Menschen, die dort arbeiten, zutiefst. Außerdem hat er Tag und Nacht Scharfschützen auf den Dächern der umliegenden Gebäude postiert. So, das wär’s erst einmal. Und was wollten Sie mir erzählen?«
Tweed berichtete Buchanan alles, was er von Jasper Buller erfahren hatte. Buchanan runzelte die Stirn, sagte aber nichts, bis Tweed zu Ende war.
»Wenn sogar er dagegen ist, Warner zu informieren, können wir unseren so genannten Sicherheitsminister getrost vergessen«, sagte Buchanan dann. »Übrigens ist mir nicht ganz wohl bei dem Gedanken, dass Buller jetzt allein nach Carpford unterwegs ist.«
»Ich wollte ihm Marler mitgeben, aber er hat das höflich, aber bestimmt abgelehnt.«
»Das kann ich schon verstehen«, warf Marler ein. »Ich an seiner Stelle wäre auch allein gefahren.«
»Ich muss jetzt leider wieder gehen«, sagte Buchanan und stand auf. »Ich habe noch etwas Dringendes zu erledigen.«
Nachdem der Superintendent gegangen war, meldete sich Monica zu Wort. »Seltsam«, sagte sie. »Buchanan hat uns gar nicht erzählt, was er als Nächstes vorhat. Er ist doch sonst kein solcher Geheimniskrämer.«
»Ja, das ist mir auch aufgefallen«, sagte Tweed. »Und jetzt möchte ich, dass Sie nach Hause gehen. Es ist schon spät. Ich bleibe noch eine Weile hier.«
Das Telefon klingelte, und Beaurain war am Apparat. Er klang ziemlich genervt.
»Ich bin mit Paula aus Italien zurück. Jetzt sitzen wir in Heathrow fest. Keine Ahnung, wie lange das noch dauert. Die drehen hier schier durch mit ihren Sicherheitskontrollen.«
Tweed informierte darauf Monica und Marler, dass Beaurain und Paula am Flughafen festsaßen, worauf die beiden noch warten wollten. Kurz vor deren Ankunft klingelte abermals das Telefon. Monica hob ab und gab den Hörer dann an Tweed weiter.
»Tweed, hier spricht Roy Buchanan. Ich bin jetzt in Carpford. Buller ist verschwunden.«
»Was soll das heißen?«
»Wir haben Bullers blauen Ford vor einem Gasthof an der Straße nach Carpford gefunden. Der Zündschlüssel steckt, und im Inneren des Wagens gibt es keinerlei Hinweise auf Gewaltanwendung. Von Buller selbst fehlt jedoch jede Spur.«
»Vielleicht sollten Sie im Carp Lake nach ihm suchen lassen.«
»Genau das habe ich soeben veranlasst. Ich habe Taucher und starke Unterwasserscheinwerfer angefordert. Übrigens hat schon jemand gegen diese Maßnahme protestiert.«
»Wer?«
»Drew Franklin. Er macht sich Sorgen um die Fische im See. Ich persönlich befürchte eher, dass wir darin noch heute Nacht mindestens drei Leichen finden werden.«
19
»Ich hoffe, dass Buchanan mit seinen drei Leichen nicht Recht behält«, sagte Tweed genau in dem Moment, als die Tür aufging und Beaurain und Paula hereinkamen.
»Wieso drei Leichen?«, fragte Paula sofort. Sie und Beaurain wirkten von der Reise ziemlich
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