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Das Netz

Titel: Das Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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nach hinten zu blicken. In die Wand hinter ihr war eine große, runde Steinplatte mit arabischen Schriftzeichen eingelassen. Paula sah auf ihre Armbanduhr, die man ihr seltsamerweise auch nicht abgenommen hatte. Es war acht Uhr. Morgens oder abends? Schwer zu sagen, weil der Raum keine Fenster besaß. Erschöpft ließ sie sich wieder zurück auf die Pritsche sinken. Sie war hungrig und fühlte sich völlig hilflos. Aber sie durfte sich nicht gehen lassen. Nachdenklich biss sie sich auf die Unterlippe. Jetzt war guter Rat teuer.
    Lange starrte sie hinauf zu der einzigen Lichtquelle des Raums, einer von einem Drahtkäfig umgebenen Glühbirne an der Decke direkt über ihr. Dann hörte sie, wie die Sichtklappe an der Tür geöffnet wurde, und schloss rasch die Augen.
    Ein Schlüssel wurde ins Schloss gesteckt und herumgedreht, und dann ging die Tür mit einem lauten Quietschen der Angeln langsam auf. Vorsichtig öffnete Paula die Augen etwas und sah, wie ein großer, schlanker Mann um die zwanzig mit dunklem Teint und kurz geschnittenem schwarzem Haar hereinkam. Er hatte einen Plastikkanister und einen Pappbecher dabei. Nachdem er die Tür von innen wieder zugesperrt hatte, knipste er das Licht aus und schaltete eine mitgebrachte Taschenlampe ein. Jetzt nur nicht die Nerven verlieren!, dachte Paula. Sie hörte, wie der Mann auf die Pritsche zukam und den Behälter und den Becher auf den Steinboden stellte. Auf einmal schlug ihr der Mann ins Gesicht und sagte:
    »Wach auf! Nun komm schon! Wach endlich auf!«
    Nachdem der Mann ihr zwei weitere Ohrfeigen verpasst hatte, öffnete sie langsam die Augen. Die Taschenlampe leuchtete ihr mitten ins Gesicht. Sie stöhnte und brabbelte absichtlich wirres Zeug, bevor sie mit heiserer Stimme krächzte: »Wo bin ich? Warum ist es so dunkel?«
    Zu Paulas Überraschung ging der Mann zurück zur Tür und schaltete das Deckenlicht wieder an. Dann stellte er die Taschenlampe auf den Boden. Sie fiel um und rollte unter die Pritsche. Der Mann fluchte in einer unverständlichen Sprache und wollte sich gerade bücken, da sagte Paula: »Dafür kommen Sie ins Gefängnis. Ist Ihnen das klar?«
    » Du bist hier im Gefängnis, Puppe. Und es hängt ganz von dir ab, ob du jemals wieder rauskommst.«
    Der Mann sah Paula mit seinen dunklen Augen ausdruckslos an. Er trug weite, blaue Hosen und ein schwarzes T-Shirt an einem durchtrainiert wirkenden, muskulösen Körper. Es würde nicht leicht sein, ihn zu überwältigen. Auf Grund seines dunklen Teints vermutete Paula, dass der Mann aus Nordafrika kam.
    »Ich habe Durst«, krächzte Paula mit übertrieben heiserer Stimme. »Geben Sie mir etwas zu trinken.«
    Der junge Mann nickte und goss aus dem Kanister Wasser in den Pappbecher. Paula richtete den Oberkörper auf, nahm den Becher in ihre gefesselten Hände und trank. Obwohl ihre Kehle förmlich nach Flüssigkeit lechzte, zwang sie sich, in kleinen Schlucken zu trinken. Als der Becher leer war, streckte sie ihn dem jungen Mann hin. »Mehr«, krächzte sie.
    Er schenkte ihr nach, setzte sich auf den Rand der Pritsche und sah Paula beim Trinken zu. Da ihr Durst gestillt war, überlegte Paula nun, wie sie am besten aus ihrem Verlies entkommen konnte.
    »Und jetzt will ich wissen, wie weit Tweed mit seinen lächerlichen Ermittlungen ist«, sagte der Mann und nahm Paula den Pappbecher weg.
    Bei dem Wort »lächerlich« wäre sie ihm am liebsten ins Wort gefallen, aber sie entschloss sich, weiterhin die Benebelte zu spielen.
    »Ich kann nicht... richtig denken«, sagte sie. »Ich will schlafen.«
    Kraftlos ließ sie sich zurück auf die Pritsche sinken und schloss die Augen.
    »Ich komme später wieder. Und dann hast du die Wahl: Entweder du beantwortest mir meine Fragen, dann lasse ich dich laufen, oder du spielst die Heldin und sagst nichts. Ihn diesem Fall kommst du hier nicht mehr lebend raus.«
    Während er sprach, sah Paula ihm in seine ausdruckslosen Augen und wusste genau, dass er log. Sobald er aus ihr herausbekommen hätte, was er wissen wollte, hätte ihr letztes Stündchen geschlagen. Dann würde sie genauso von der Bildfläche verschwinden wie all die anderen vor ihr.
    »Bitte, lassen Sie mich erst schlafen«, krächzte sie »Dann sage ich es Ihnen... alles, was ich weiß.«
    Offenbar glaubte ihr der junge Mann, jedenfalls stand er nun auf, nahm Becher und Wasserkanister und ging zur Tür. Nachdem er sie von außen wieder abgeschlossen hatte, blieb Paula noch eine Weile mit geschlossenen Augen

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