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alles», sagte Taylor.
«Bitte, brauch doch noch etwas! Ich möchte dich glücklich machen.»
Taylor schüttelte den Kopf, aber in Gedanken malte er sich aus, wie er ihren federleichten Körper in seine Arme nahm und hinüber ins Schlafzimmer trug. Es tat ihm richtig weh, dass er sich zurückhalten musste.
«Warum hältst du dich immer noch fern von mir?»
«Darum.»
«Was meinst du damit?»
«Weil ich dich mag und dir nicht wehtun will.»
Sonja schloss die Augen. Aus Taylors Mund war das fast so etwas wie eine Art Liebeserklärung. Er beugte sich vor, aber nicht zu Sonja, sondern zu seiner Aktentasche, aus der er ein Bild von Achmedow herausnahm und es Sonja zeigte.
«Das ist mein Freund. Wenn er bei Omar auftaucht, sei nett zu ihm. Aber sag niemandem, dass er etwas mit mir zu tun hat.»
Taylor legte den Zeigefinger auf die Lippen, und Sonja tat das Gleiche.
«Psst», sagten sie beide gleichzeitig. Ein paar Minuten später stand Taylor auf und verabschiedete sich. Diesmal küsste er Sonja auf die Wange.
Am späten Nachmittag bat Taylor in einer Mitteilung an die Zentrale um Informationen über einen gewissen Hassan Khojaew, den Herausgeber des Magazins
Groß-Turkestan.
Einen Tag später war die Antwort da. Vor zweiundzwanzig Jahren hatte man über einen Mann mit diesem Namen eine Akte angelegt. Darin war die Rede von sporadischen Treffen mit türkischen Geheimdienstlern sowie von der Möglichkeit des Kontaktes mit den Nachrichtendiensten anderer Nationen. Hassan Khojaew schien ein fliegender Händler in Sachen Informationen zu sein, ein Mann, der sich bemühte, mit jedermann in Kontakt zu bleiben und das bisschen, was er wusste, an den Meistbietenden zu verkaufen. Aus diesem Grund war er damals für die CIA uninteressant gewesen, aber jetzt war er genau das, was Taylor brauchte.
Drei Tage später erschien Munzer pünktlich zu dem vereinbarten Treffen im Yildiz-Park. Er trug eine dunkle Sonnenbrille mit schwarzem Rand, und wenn er glaubte, dass diese ihn wenigerauffällig machte, dann hatte er sich gründlich geirrt: In Wirklichkeit sah er damit aus wie ein Spion aus dem Bilderbuch. Nachdem sie sich auf eine Parkbank gesetzt hatten, nahm er die Sonnenbrille ab, und Taylor konnte ein ebenso neugieriges wie misstrauisches Blitzen in seinen Augen entdecken.
«Zuerst die Formalitäten», sagte Taylor. «Das nächste Mal treffen wir uns am Dienstag, also in fünf Tagen. Um zwei Uhr nachmittags, und zwar am Fähranleger in Kadikoy, drüben auf der asiatischen Seite. Wenn die Luft nicht rein ist, gebe ich Ihnen das abgemachte Signal, und wir treffen uns, wie besprochen, am nächsten Tag eine Stunde später am selben Ort. Okay?»
«Das muss ich mir aufschreiben», sagte Munzer und nahm Stift und Block aus der Jackentasche, bevor er sich sorgfältig notierte: ‹Dienstag, Kadikoy, zwei Uhr.› Eigentlich hätte Taylor darauf bestehen sollen, dass er Termin und Ort auswendig lernte, aber er wollte nicht, dass Munzer es vergaß.
«Und? Wie ist es Ihnen ergangen?», fragte Taylor, als Munzer mit dem Schreiben fertig war.
«Gut. Wirklich gut. Ich habe das Mustafa-Chokay-Buch meinen Freunden gezeigt, und die waren sehr glücklich darüber. Sie sagten danke, Munzer Achmedow, unser Bruder. Dieses Buch muss Teil eines großen Plans sein.»
«Was meinen die damit?»
«Genau das frage ich Sie. Bitte, Mr. Goode, nehmen Sie Munzer Achmedow nicht auf den Arm.»
«Wovon reden Sie überhaupt?»
«Sind Sie sicher, dass Sie mir auch wirklich alles gesagt haben?» Er beugte sich hinüber zu Taylor und gab ihm einen spielerischen Klaps auf die Schulter.
«Alles, was Sie wissen müssen. Wieso? Haben Sie ein Problem?»
«Ich stelle Ihnen jetzt eine Frage, okay? Sie müssen mir nicht antworten, aber vielleicht tun Sie es ja.»
«Einverstanden.»
«Haben Sie ein CI A-Team in Istanbul?»
«Ein Team? Wie meinen Sie das?»
«Arbeitet vielleicht ein anderer Amerikaner mit Ihnen zusammen?»
«Warum fragen Sie mich das?» Taylor versuchte, nicht zu lächeln, nicht zu blinzeln und auch sonst nicht zu verraten, wie gespannt er darauf war, was Munzer zu sagen hatte.
«Weil mir mein Freund Khojaew erzählt hat, dass ein Amerikaner sich in Istanbul mit Emigranten aus Zentralasien unterhalten hat.»
«Worüber denn?»
«Über ein freies Turkestan. Der Amerikaner redet mit allen über ein freies Turkestan. Deshalb will ich ja wissen, ob er für Sie arbeitet.»
«Wie sieht er denn aus, dieser Amerikaner?»
«Khojaew
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