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aber auch Anna tat etwas, was sie mit Taylor noch nie getan hatte: Sie spielte ihm einen Orgasmus vor.
Ein paar Minuten nachdem sie fertig waren, stand Taylor auf und ging. Er sagte, dass er heimfahren und sich etwas andres anziehen wolle. Ansonsten sprachen sie kaum miteinander. Was hätten sie auch sagen sollen? Taylor fuhr in seine Wohnung in Arnavutkoy und legte sich dort noch ein paar Stunden aufs Ohr.
Bevor er am Morgen wieder hinaus nach Bebek fuhr, schaute er kurz im Konsulat vorbei und las die Mitteilungen, die über Nacht eingetroffen war. Eine davon erweckte sein besonderes Interesse. Sie kam vom Leiter der Europaabteilung und war an Amy L. Gunderson adressiert. Sie beorderte Anna umgehend nach London zurück, und Taylor überlegte kurz, was er damit tun sollte. Aber eigentlich war es keine Frage. Er fuhr so schnell er konnte hinaus zum Hotel und klopfte um Viertel nach acht an Stones Tür.
Der alte Mann sah ein wenig besser aus als am Abend zuvor. «Sie kommen zu früh», sagte er.
«Lesen Sie das», sagte er und gab ihm die Mitteilung. Stone las sie durch und besah sich besonders aufmerksam das Datum der Mitteilung und die Stationen, über die sie gelaufen war.
«Ich kümmere mich darum», sagte er tonlos. «Wir dürfenMiss Barnes nicht beunruhigen. Sie muss sich jetzt auf andere Dinge konzentrieren.»
Stone knüllte die Mitteilung zusammen und machte Anstalten, sie einzustecken.
«Moment, so geht das nicht», sagte Taylor. «Ich brauche sie für meine Akten.»
Stone gab Taylor die Papierkugel. «Diese Mitteilung ist nie bei Ihnen angekommen», sagte er.
Taylor nickte.
Ein paar Minuten später klopfte Anna an der Tür. «Guten Morgen, die Herren», sagte sie, ohne dabei Taylor anzusehen.
«Guten Morgen, meine Liebe», erwiderte Stone ausgesucht höflich. «Haben Sie gut geschlafen?»
«Ja.»
«Wir haben leider nicht viel Zeit. Ihr Flugzeug geht um halb elf, meines um zwölf. Lassen Sie uns deshalb gleich zum Wesentlichen kommen. Wollen Sie immer noch dem Armenier seine Antenne besorgen?»
«Ja», antwortete Anna. «Auf jeden Fall.»
«Wie steht es mit Ihnen, Alan? Haben Sie noch Einwände dagegen? Sie haben gestern etwas skeptisch geklungen.»
Einen Augenblick lang war es still im Zimmer. Taylor sah hinüber zu Anna, die seinem Blick auswich und aus dem Fenster hinaus auf den Bosporus schaute.
«Keine Einwände», sagte Taylor. «Wenn Anna es will, soll sie es meinetwegen tun.»
«Dann liegt die Entscheidung wohl bei mir», sagte Stone. Anna wandte sich vom Fenster ab und sah dem alten Mann in die Augen, während dieser fortfuhr: «Ich habe in der Nacht noch einmal darüber nachgedacht und bin der Meinung, dass das Projektdurchaus sinnvoll ist. Allerdings wird sich Ihr Armenier mit ziemlicher Sicherheit in Gefahr begeben, aber das ist, wie Sie schon sagten, seine Sache. Er hat Sie um Ihre Hilfe gebeten, und wir erfüllen ihm bloß seinen Wunsch. Ich wünsche Ihnen also viel Glück.»
«Danke», sagte Anna und lief im Gesicht rot an. Obwohl sie gewonnen hatte, verspürte sie seltsamerweise keine Erleichterung.
«Wann sehen Sie den Armenier wieder?»
«Sobald ich zurück in Paris bin.»
«Dann sagen Sie ihm, dass die Stiftung Ihnen grünes Licht für die Unterstützung seines lobenwerten Vorstoßes zur Verbesserung der internationalen Kommunikation gegeben hat. Wir werden ihm einen Prototyp der neuartigen Antenne bauen lassen – aber nur einen einzigen.»
«Das wird ihn freuen.»
«Bestimmt. Und Sie, Alan, bringen den Plan für die Antenne zu Ihrem Mr. Trumbo nach Athen. Wenn er Hilfe bei der Beschaffung der Komponenten braucht, soll er einen alten Freund von mir in der technischen Zentrale zu Hause in Langley kontaktieren. Ich werde ihn darauf vorbereiten.» Er schrieb einen Namen und eine Telefonnummer auf einen Zettel und reichte ihn Taylor.
«Nun müssen wir noch festlegen, wie Ihr Freund seine Antenne bekommt», fuhr er, an Anna gewandt, fort. «Ich fürchte, wir können uns dabei nicht auf seine unsicheren Wege verlassen. So etwas müssen wir schon selber organisieren. Ich kenne mich in diesen Teilen der Welt geographisch nicht allzu gut aus, aber ich würde mal sagen, dass wir das Ding am besten über die iranische Grenze nach Nakischewan schmuggeln sollten. Deshalb bin ich dafür, dass wir uns ein letztes Mal Mr. Ascaris Schmugglernetzwerksbedienen, das mit diesem Auftrag wohl kaum Schwierigkeiten haben dürfte. Wir sagen ihm einfach, dass es sich um einen
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