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Das Netzwerk

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Titel: Das Netzwerk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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paar Erkundigungen einzuholen. Sollte dort wider Erwarten ein toter Iraner gefunden worden sein, bringen wir Sie schleunigst raus aus Istanbul und vertuschen die Sache so weit wie möglich. Falls er beim Arzt war, werden wir herausfinden, wie schwer er verletzt ist. Und falls er nur mit einem Kater und einer Beule am Kopf auf dem Zimmer hockt, schicken wir ihm ein paar Aspirin. Ganz egal, was es ist: Wir kümmern uns darum. Machen Sie sich mal nicht so viele Sorgen.»
    «Falls er noch lebt, ist er sicher wütend.»
    «Sein Pech.»
    «Aber vielleicht will er sich ja rächen, an der CIA oder an mir.»
    «Weiß er, wer Sie sind?»
    «Sie meinen, ob er meinen richtigen Namen weiß? Nein. Für ihn bin ich Allison James.»
    «Und weiß er, dass Sie bei der CIA sind?»
    «Jein. Er weiß, dass ich in London Kontakt zu CI A-Leuten habe, und er nennt mich immer ‹CI A-Lady ›. Aber er wird wohl kaum im Ernst glauben, dass ich tatsächlich dabei bin. Ich nehme an, es übersteigt seine Vorstellungskraft, dass eine Frau eine richtige Geheimdienstagentin sein kann.»
    «Möglicherweise denkt er seit letzter Nacht anders darüber», sagte Taylor. «Aber wie auch immer: Machen Sie sich keinen Kopf deswegen. Wir haben hier tagtäglich mit sehr viel größeren Arschlöchern zu tun.»
    Anna lächelte. Taylors aufmunternde Worte halfen ihr mehr, als sie zeigen wollte.
    «Ich brauche eine Kommunikationsmöglichkeit», sagte sie. «Ich muss so schnell wie möglich London und die Zentrale benachrichtigen und Bescheid sagen, was passiert ist.»
    «Kein Problem», sagte Taylor.
    «Und dann müsste noch jemand bei dem Hotel vorbeifahren, wo ich vorher war, und meine Sachen holen.»
    «Auch kein Problem.»
    «Außerdem sollte ich wohl besser bald von hier verschwinden. Wann geht der nächste Pan-Am-Flug nach London?»
    «In einer Stunde. Das schaffen Sie nie.»
    «Dann fliege ich morgen.»
    «Sagen Sie», begann Taylor, «hätten Sie später nicht nochLust auf ein bisschen Gesellschaft, sobald Sie Ihre Nachrichten verschickt haben? Nach so einer Sache ist man immer durch den Wind, egal, wie gut man mit Whiskeyflaschen zuhauen kann.»
    «Sehr gern, wenn ich ehrlich sein soll. Falls Sie nicht zu viel zu tun haben.» Anna verschwendete keinen Gedanken daran, ob es richtig war, sein Angebot anzunehmen. Er war ein Kollege, er kannte die Geheimnisse ihrer Welt. Ihm gegenüber brauchte sie sich nicht zusammenzunehmen.
    «Was halten Sie von einer kleinen Spritztour durchs ländliche Anatolien in einem kugelsicheren Chevrolet?», fragte Taylor. Und Anna schloss statt einer Antwort einfach nur ihre strahlenden, grünblauen Augen.
     
    Kurz nach zwölf am Mittag hatte Anna ihre Nachrichten auf den Weg gebracht. Es hatte ihr ganz schön zu schaffen gemacht, das alles aufzuschreiben und ihren diversen Vorgesetzten gestehen zu müssen, dass der Ausflug nach Istanbul ein Fiasko gewesen war, und so war sie ein wenig bleich, als sie an Taylors Bürotür klopfte.
    «Gute Neuigkeiten», empfing sie Taylor. «Ihr iranischer Freund ist noch am Leben.»
    «Gott sei Dank!» Anna war ehrlich erleichtert. Ihre Mordphantasien hatten sich inzwischen verflüchtigt, und während sie ihre Berichte schrieb, hatte sie sich vorgestellt, wie es sein würde, in Istanbul wegen Mordes vor Gericht zu stehen, und war zu dem Schluss gekommen, dass sie auf diese Erfahrung gut verzichten konnte.
    «Und er ist nicht mal wütend. Nur zerknirscht.»
    «Im Ernst? Woher wissen Sie das denn?»
    «Vor einer knappen Dreiviertelstunde hat ein gewisser Ascarihier im Sekretariat angerufen und eine Nachricht für Allison James hinterlassen. Das sind doch Sie, nicht?»
    «Ja, genau. Was denn für eine Nachricht?»
    «‹Sagen Sie Allison James vielen Dank für das Buch, und dass es Ali Ascari sehr leidtut.› Was für ein Buch meint er denn?»
    «Das war ein Geschenk. Ein Führer zu den heiligen islamischen Stätten in Aserbaidschan. Seine Familie stammt ursprünglich aus Baku.»
    «Wie aufmerksam.»
    «Wie hat das Sekretariat reagiert?»
    «Sie haben ihm gesagt, sie wüssten nicht, wovon er rede, man kenne hier keine Allison James.»
    «Der Kerl gibt einfach nicht auf», sagte Anna kopfschüttelnd.
    «Hierzulande», sagte Taylor, «kann ein Mann eine Frau eben erst richtig respektieren, wenn sie ihm eins mit der Whiskeyflasche übergebraten hat.»
     
    Um halb eins stand der Wagen bereit. Taylor schickte den Fahrer weg und setzte sich selbst ans Steuer. «Auf nach Asien», sagte er und steuerte

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