Das neue Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (German Edition)
Zentimetern und Kilometern).
Genau wie unsere Haushalte ist auch das Universum vollgestellt mit Geräten, die Radiostrahlen produzieren. Das hat eigentlich nur Vorteile, denn mehr Strahlung heißt auch mehr Informationen über die astronomischen Objekte. Dazu wäre es hilfreich, erst einmal zu verstehen, wo die Strahlen herkommen und wie sie entstehen. Der Physiker Karl Jansky entdeckte 1931 die erste Radioquelle im All. Jansky nannte das, was er da mit seiner Antenne empfing, ein «dauerhaftes Zischen unklaren Ursprungs». Woher dieses Zischen kommt, ist mittlerweile klar, nämlich von unserer eigenen Galaxie, der Milchstraße. Dafür dürfen wir uns am Space Roar abarbeiten. So hat jede Generation ihr mysteriöses Radiosignal aus dem All.
Nach 1931 entwickelte sich eine neuartige Spezies von Wissenschaftlern, die an allen Enden der Welt Radioantennen aufstellte. Oft sehen Radioteleskope aus wie Satellitenschüsseln, nur größer, manchmal auch wie die Stabantennen an unseren Radios. Die Teleskope unterscheiden sich in der Empfindlichkeit, in der Wellenlänge, bei der sie beobachten, und in der Auflösung, also in der Fähigkeit, zwei dicht nebeneinanderstehende Objekte getrennt zu beobachten. Mittlerweile wissen wir, dass fast alles im Universum Radiowellen erzeugt, Planeten, alle möglichen Arten von Sternen, Wolken, Galaxien, Galaxienhaufen. Sogar das Universum selbst ist eine Radioquelle – es erzeugte vor einiger Zeit die «kosmische Hintergrundstrahlung», das oft zitierte «Echo des Urknalls». Obwohl natürlich der Urknall ebenso wie der Space Roar kein richtiger Knall war.
Die meisten von uns wissen nicht so genau, wie Mikrowellenherde Radiostrahlen erzeugen, aber Mikrowellenherde werden irgendwo von Menschenhand konstruiert und gebaut, also geht es sicher mit rechten Dingen zu. Galaxien hingegen sehen ganz anders aus als Mikrowellenherde; da wird man eher misstrauisch. Wie machen die Galaxien das?
Elektromagnetische Strahlung entsteht unter anderem dann, wenn elektrische Ladungsträger, zum Beispiel Elektronen, beschleunigen, abbremsen oder ihre Bewegungsrichtung verändern. Das kann passieren, wenn das Elektron in den Bereich eines starken Magnetfelds gerät, welches das Teilchen auf eine gekrümmte Bahn entlang der Magnetfeldlinien zwingt. Die Folge: Das Elektron fängt an, mit Photonen, also Lichtteilchen, um sich zu werfen. Bei sehr hohen Geschwindigkeiten des Elektrons, irgendwo in der Nähe der Lichtgeschwindigkeit von 300 000 Kilometer pro Sekunde, werden die Photonen vorwiegend in eine bestimmte Richtung abgeschossen, als sogenannte Synchrotronstrahlung. Die Konfiguration aus extrem starkem Magnetfeld und extrem schnellen Teilchen mag auf der Erde selten sein, im Weltall jedoch ist sie ziemlich häufig zu finden, zum Beispiel in der Nähe von Schwarzen Löchern im Zentrum von Galaxien. Die Folge: Das Universum ist voller Synchrotronstrahlung.
Zurück zum Space Roar. Als Alan Kogut, Astronom bei der amerikanischen Weltraumbehörde NASA, die Daten vom Radioteleskop ARCADE 2 erhielt, war er einigermaßen erstaunt. «Was ist das denn? Das gehört da nicht hin», wird er in einem Artikel der New York Times vom Januar 2009 zitiert. Im Wellenlängenbereich von einigen Zentimetern, vergleichbar mit den Wellenlängen von Handys und Mikrowellenherden, ist die Radiostrahlung des Weltalls einige Male größer als bisher angenommen. Oder anders gesagt: Wenn man alle bekannten Radioquellen im Weltall zusammenzählt, kommt man höchstens auf ein Viertel der Strahlung, die ARCADE 2 empfing, als es im Juli 2006 an seinem Ballon hing.
Das Instrument war sorgfältig konstruiert, um äußerst schwache Radiostrahlung von den ersten Sternen im Universum zu finden. Man vermutet, dass es sich bei diesen Sternen um monströs große Gebilde gehandelt haben muss, die nicht einmal eine halbe Milliarde Jahre nach dem Urknall entstanden, das hieße vor gut 13 Milliarden Jahren. Zum Vergleich: Unsere Sonne ist dagegen jung, nur viereinhalb Milliarden Jahre alt. Die ersten Sterne des Universums sind lange verglüht, aber wenn wir nur tief genug ins Weltall hineinsehen, dann können wir vielleicht ihre Strahlung noch empfangen – je weiter man hineinsieht, desto länger dauert es für das Licht, uns von dort zu erreichen, und desto älter sind folglich die Objekte, die man sieht. ARCADE 2 will in die Vergangenheit sehen, in die Frühzeit des Universums. Stattdessen ist da nur dieses laute Weltraumgetöse, das alles
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