Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence
verändert sie sich in das Fiep-fiep-fiep -Thema aus Psycho.«
Darrell hatte mit der Bemerkung geschlossen, dass Patrick wahrscheinlich der einzige Mann auf der ganzen Welt sei, der es mit Clare aufnehmen könne. » Trotzdem«, hatte Darrell gesagt, » muss es ihm so vorkommen, als würde er mit einer menschlichen Zeitbombe zusammenleben.«
» Ich liebe Clare«, fuhr Patrick fort. » Ich bewundere und respektiere sie. Aber seit wir Tom haben…« Er stockte und wirkte verlegen und trotzig zugleich, » ärgere ich mich übe r sie . Und genau das ist das Problem: Ich weiß nicht warum!«
» Na ja, was genau meinen Sie mit ärgern?«, fragte Mo. » Was macht sie denn, das Sie so aufbringt?«
» Es ist, als ob…« Patrick suchte nach Worten. » Sie war schon immer ehrgeizig. Ist die Karriereleiter hochklettert. Als sie schwanger war, hat sie bis zur letzten Minute gearbeitet. Ihr war die Vorstellung zuwider, die Leute könnten denken, sie hätte mich wegen des Geldes geheiratet– sie musste beweisen, dass sie selbst Erfolg haben und ihr eigenes Geld verdienen konnte. Wissen Sie, was ich meine?«
Mo nickte. » Ein bisschen erkenne ich mich darin wieder.«
Sie merkte, dass Patrick ihr eigentlich nicht zuhörte, und schwieg wieder.
» Und jetzt, als Mutter«, sagte er, » benimmt sie sich wie bei einem gottverdammten Wettbewerb. Als wollte sie die tollste Mutter aller Zeiten werden. Sie ist wild entschlossen, alles richtig zu machen– und das besser als irgendwer sonst. Tom wird gesünder, klüger, begabter und erfolgreicher sein, als es je ein Kind auf Erden war. Das ist ihr Plan!« Hilflos hob er die Hände. » Das Problem ist nur, dass sie das ganz alleine machen will. So als wären sie und Tom ein eingeschworenes Team und ich nur das fünfte Rad am Wagen, jemand, den man so gerade eben duldet.«
Mo unterdrückte ein Lächeln. » Sie können mich für verrückt halten, aber das ist vielleicht der Grund für Ihre Wut. Sie fühlen sich ausgeschlossen.«
Patrick sah sie finster an. » Sie halten mich für derart kindisch? Wir spielen hier nicht die Reise nach Jerusalem, sondern ziehen ein Kind groß!«
» Haben Sie mit ihr darüber geredet?«
Diesmal bedachte Patrick sein Rührei mit einem finsteren Blick. » Sie ist derart überzeugt davon, dass es so laufen muss«, sagte er, » da weiß ich nicht, ob ich sie davon abbringen kann.«
Also nein, dachte Mo. Warum haben Männer bloß solche Probleme mit dem Reden?, fragte sie sich. Dann fiel ihr ein, was sie zu Anselo gesagt hatte: Wir befürchten, dass unsere Ängste wahr werden, wenn wir sie rauslassen.
Mo sah zu, wie Harry sich an seiner Waffel abarbeitete. Er sieht seinem Vater so ähnlich, dachte sie. Aber er hat seine eigene Persönlichkeit.
Habe ich versucht, ihn zu formen?, fragte sie sich. Ein bisschen vielleicht. Aber ich hab ihn nicht zu jemandem machen wollen, der er nicht ist. Hab ich mir je gewünscht, er wäre anders? Mutiger, schneller, stärker? Oh ja.
» Insgeheim«, sagte sie zu Patrick, » wollen alle Eltern am liebsten einen Weg finden sicherzustellen, dass ihre Kinder niemals verletzt werden. Wenn wir könnten, würden wir sie physisch und psychisch so robust machen, dass ihnen nichts und niemand jemals weh tun kann. Denn die Vorstellung, das könnte geschehen, und sei es auch nur ein bisschen, ist einfach entsetzlich. Es ist unser schlimmster Alptraum, der alles andere toppt. Da werden bei uns alle archaischen Knöpfe gedrückt.«
Patrick starrte sie an. » Wollen Sie damit sagen, dass Clare ein Kontrollfreak geworden ist, weil sie Angst hat?«
Das ist das Gute an einem Kater, fand Mo. Das Pochen hinter den Augäpfeln und die Anflüge von Übelkeit sind eine wirksame Ablenkung von der Angst, die die ganze Zeit meine Eingeweide zerfrisst.
Morgen kommt Chad nach Hause, dachte sie. Ich weiß nicht genau wann, aber ich habe das Gefühl, er wird seine Frist bis zum Äußersten ausreizen und erst gegen Abend kommen. Wahrscheinlich, wenn die Kinder essen, so wie früher. Er wird da sein, um sie zu baden und ins Bett zu bringen. Und dann werden wir zum ersten Mal seit vier Wochen allein sein. Ich kann mir nicht mal ansatzweise vorstellen, was er zu mir sagen wird.
» Was uns am meisten Angst macht«, sagte Mo zu Patrick, » ist, nicht zu wissen, wie etwas ausgeht.«
31
Aishe hatte damit gerechnet, dass Patrick sie am Morgen besuchen würde. Das wollte sie zwar nicht, doch als er um die Zeit ihres Aufbruchs zum Tierheim noch immer nicht
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