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Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence

Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence

Titel: Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Robertson
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» Mum sagt, ich sähe aus wie er.«
    » Deshalb siehst du wie Tyso aus– er ist Jenicos Jüngster«, erwiderte Patrick. » Ein Cousin ersten Grades von mir und deiner Mutter. Aber ich hab keine Ahnung, in welchem Verwandschaftsverhältnis er zu dir steht.«
    » Wie alt ist er?«
    » Tyse? Ungefähr neunzehn, glaube ich.«
    Gulliver blickte konzentriert auf die Fotos, durch die er stöberte. » Gibt es noch mehr Cousins in meinem Alter?«
    Patrick bemerkte, dass Gullivers hochgezogene Schultern seinen beiläufigen Ton Lügen straften.
    » Würdest du sie gerne kennenlernen?«
    » Weiß nicht.« Gulliver zuckte recht überzeugend die Achseln. » Vielleicht wollen sie mich ja nicht kennenlernen.«
    » Wie kommst du denn darauf?«, fragte Patrick überrascht.
    Gulliver zuckte wieder die Achseln. » Onkel Jenico war irgendwie nicht besonders interessiert, als ich ihm eine Mail schickte.«
    » Ah.« Patrick zögerte. » Wahrscheinlich weil du noch ein Kind bist.«
    » Ich bin vierzehn!«
    Gulliver versengte ihn mit einem Blick, den Patrick nur zu gut von Aishe kannte.
    Kapitulierend hob er die Hände. » Ich meinte, dass deine Mutter immer noch die Verantwortung für dich hat. Jenico würde keinen Kontakt mit dir pflegen, wenn deine Mutter nicht einverstanden wäre.«
    Gulliver starrte ihn an. » Du verarschst mich doch.« Er trat gegen das Tischbein. » Verfickte Scheiße noch mal!«
    Dann trat er gegen einen Küchenstuhl und holte aus, um ihn quer durch den Raum zu kicken. Patrick packte seinen Arm.
    » Hey, hey«, sagte er. » Die Sachen gehören deiner Mutter. Zeig etwas Respekt.«
    Gulliver versuchte sich loszureißen, aber Patricks Hand war groß und sein Griff eisern. Erneut starrte Gulliver seinen Onkel finster an. Er war knallrot vor Frustration und der Demütigung, der Schwächere zu sein.
    » Wann hat sie je mir gegenüber Respekt gezeigt?«, fragte er. » Hat sie sich je dafür interessiert, was ich wollte?«
    Wieder versuchte er sich loszureißen. Diesmal gab Patrick ihn frei.
    » Was willst du denn?«, fragte Patrick, als sein Neffe sich den Arm rieb und ihn voller Groll ansah. » Was genau gibt sie dir nicht?«
    Verlegen oder beschämt– Patrick hätte es nicht sagen können– senkte Gulliver den Blick.
    » Ich will eine Familie«, sagte er nach längerem Zögern. » Ich will mehr Menschen in meinem Leben.«
    » Und hast du ihr das gesagt?«, fragte Patrick.
    » Sinnlos«, erwiderte Gulliver mürrisch. » Sie würde nicht zuhören.«
    Patrick wollte schon widersprechen, als ihm klarwurde, dass er persönlich nicht eine einzige Gelegenheit anführen konnte, bei der Aishe die Bereitschaft zum Zuhören gezeigt hatte.
    Sie konnten ihre Unterhaltung nicht fortsetzen, weil sie hörten, wie die Haustür aufgeschlossen wurde und klappernd aufging.
    » Es wird ihr nicht gefallen, dich hier zu sehen«, bemerkte Gulliver.
    » Tja, sie hat ein Recht auf ihre eigene Meinung«, entgegnete Patrick. » Auch das solltest du respektieren.« Aishe erschien in der Küchentür und blieb wie angewurzelt stehen. Patrick sah Überraschung in ihrer Miene, auf die sofort Unmut folgte– und etwas, das merkwürdigerweise nach Befriedigung aussah. Seit gestern Abend ist sie auf Streit aus, sagte er zu sich. Jetzt ist der Moment gekommen! Fäuste hoch! Gong!
    » Ich hab was zum Essen mitgebracht«, verkündete er, bevor sie sich auf ihn stürzen konnte. » Vom Mexikaner im Ort. Hab aber keine Ahnung, was ich bestellt habe. Wir Engländer können vielleicht ein Vindaloo von einem Jalfrezi unterscheiden, aber dieses Zeug ist echt exotisch.«
    » Du hast Tortillas gekauft«, erklärte Gulliver, der angefangen hatte, in der Tüte herumzustöbern. » Und Churros! Verdammt lecker!«
    » Gulliver«, warnte Aishe.
    Ihr Sohn zeigte mit dem Finger auf Patrick. » Er flucht die ganze Zeit.«
    » Reine Gewohnheit«, erklärte Patrick. » Fang lieber gar nicht erst damit an.«
    Er bemerkte, dass Aishe ihm einen raschen Blick zuwarf, der leicht enttäuscht wirkte. Dann betrat sie die Küche und machte den Kühlschrank auf. » Willst du ein Bier?«
    » Ja, warum nicht?«, erwiderte Patrick.
    Aishe gab ihm eine Flasche und wollte sich an den Küchentisch setzen. Da sah sie die Schachtel mit den Fotos und presste die Lippen zusammen.
    » Spaß gehabt?«, sagte sie.
    » Die Erkenntnis, dass fast dreißig Jahre vergangen sind, seit man achtzehn war, ist nicht gerade lustig«, erwiderte Patrick. » Oder daran erinnert zu werden, dass man ein kompletter

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