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Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence

Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence

Titel: Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Robertson
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hatte Benedict geschlossen, dass Gulliver ihm gegenüber gemischte Gefühle hegte. Er hatte nicht weiter nachgefragt– wenn Gulliver etwas loswerden wollte, sollte er selbst entscheiden, wann und bei wem er das tat.
    Aber ich sollte hinuntergehen, dachte Benedict. Wenn Gulliver entführt wird, könnte mein Vater in Sachen mörderischer Beharrlichkeit einpacken.
    Benedict wusste, dass Gullivers Onkel Patrick hieß. Allerdings war er leicht beunruhigt, als er in die Küche trat und sah, dass der Mann ein Riese war. Meine Güte, dachte Benedict. Der könnte ohne die geringste Anstrengung meine Knochen zu Mehl zerbröseln. Käme zwar wahrscheinlich höchstens Material für ein Brötchen dabei raus, aber immerhin.
    Der Riese streckte seine Hand aus. » Sie müssen Gullivers Lehrer sein. Ich bin sein Onkel Patrick King.«
    Benedict gab ihm die Hand und bemühte sich um einen festen Griff. » Benedict Hardy.«
    » Hardy?«, fragte Patrick stirnrunzelnd nach. Doch wenn ihm der Name etwas sagte, ließ er es sich nicht anmerken. » Wie geht es deiner Mutter?«, wandte er sich an Gulliver.
    Gulliver setzte eine finstere Miene auf. » Gut.«
    Patricks Mundwinkel zuckten. » Und dir?«
    Statt zu antworten, machte Gulliver den Kühlschrank auf. » Willst du ein Soda?«
    » Er meint einen Softdrink«, erklärte Benedict, als er Patricks verdutzte Miene sah.
    » Ach so«, sagte Patrick. » Ja, warum nicht?«
    Gulliver gab seinem Onkel eine Dose und bot anschließend auch Benedict eine an, die dieser dankbar annahm, weil er einen Kater hatte. Izzy war am Vortag in die Musikschule gegangen, um Eddie bei den Proben für das Konzert zu helfen. Die Erleichterung über ihre Abwesenheit in Verbindung mit dem Groll und dem Unglücklichsein beim Gedanken an Eddie– der mindestens alle fünf Minuten aufkam– hatten ihn veranlasst, erst sechs Dosen Budweiser zu trinken, die Izzy im Kühlschrank hinterlassen hatte, und dann noch eine Flasche von Izzys billigem Zinfandel zu leeren, der ähnlich schmeckte wie Sauerkrautsaft. Das einzig Gute daran war, dass er früh ins Bett gekippt war und durchgeschlafen hatte, ohne zu bemerken, wie Izzy zurückkam und am nächsten Morgen aufstand, um zur Arbeit zu gehen. Das erfuhr er durch einen Zettel auf seinem Kopfkissen, auf dem sie eine Botschaft hinterlassen hatte: » Bis später, Schlafmütze«. Unterschrieben hatte sie mit mehreren X und einem Herzen, in dem stand: ›Ben und Iz 4 eva.‹ Allein das verursachte ihm mehr Übelkeit als der Alkohol, der immer noch giftig in ihm rumorte.
    Er leerte die Dose mit raschen, kleinen Schlucken und entdeckte, als er sie senkte, dass Patrick der Riese ihn auf eine Weise angrinste, die sein alkoholumnebeltes Hirn höchst bedrohlich fand.
    Doch Patrick sagte nur: » Wir Tommys, was? Verstehen nicht mal schlichtes Englisch.«
    » Ich bin ein halber Tommy«, sagte Gulliver und fügte murrend hinzu: » Und halb weiß-der-Teufel-was.«
    » Deine Ausdrücke«, mahnte Benedict und krümmte sich innerlich, weil er sich so schwächlich anhörte.
    Zu seiner Überraschung jedoch unterstützte Patrick ihn. » Ja, genau. Achte auf deine verdammte Sprache.«
    Dann fragte er ihn: » Warum kellnert deine Mutter eigentlich? Sie könnte doch sicher einen besseren Job bekommen.«
    » Frag nicht«, sagte Gulliver wieder mit mürrischer Miene. » Wahrscheinlich hat sie so die Möglichkeit, jeden Tag neue Leute anzukeifen.«
    » Hey«, sagte Patrick. » Ich hab’s ernst gemeint. Wenn du noch mal so über deine Mutter sprichst, helfe ich dir nicht, den Besuch bei der Familie durchzudrücken. Dann bist du auf dich allein gestellt.«
    » Schön.« Gulliver zog heftig eine Schranktür auf und holte eine Tüte Nachos heraus. Mit einem Ruck riss er sie auf und schob sich dann mit finsterer Miene Nachos in den Mund.
    » Wie auch immer…« Patrick stellte seine halbleere Dose auf die Küchentheke. » Ich will mal lieber nicht länger euren Unterricht stören. Was ist heute das Thema?«
    » Macbeth«, antwortete Benedict.
    » Aber wer hätte gedacht, dass der alte Mann noch so viel Blut in sich hätte?«, rezitierte Patrick.
    » Ich dachte, du wärst aus der Schule geflogen.« Gulliver verströmte zu gleichen Teilen Groll und Nachokrümel.
    » Ja, und sieh dir an, wo ich gelandet bin«, antwortete Patrick. » Aber dann hab ich aufgehört, über die Vergangenheit und alles, was mir angetan wurde, nachzugrübeln, und wundersamerweise gewann mein Leben wieder an Fahrt.« Er warf Gulliver einen

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