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Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence

Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence

Titel: Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Robertson
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umgehen sollen. Und ich hätte Gulliver nie anschreien sollen. Aber zu wissen, dass dieser winzige finanzielle Spielraum davon abhängt, dass ich irgendwelchen Chauvis lächelnd Kaffee nachschenke, macht mich einfach rasend. Sonst hätte ich über diesen gottverdammten Teller vielleicht hinweggesehen.
    Besagter Teller hatte auf der Rückenlehne des Sofas gethront. Als Aishe nach Hause kam, war ihr Blick als Erstes darauf gefallen. Ihr Haus war eine ehemalige Holzfällerhütte und winzig, trotz einiger Modernisierungen ein paar Jahre zuvor. Durch die Eingangstür betrat man in einen kleinen, gefliesten Flur. Links führte eine Treppe hinauf zu zwei Schlafzimmern und einem Bad. Geradeaus befand sich das Wohnzimmer, in das mit Mühe ein Zweisitzersofa, ein Bücherregal und ein niedriger Fernsehtisch passten. Hinter dem Wohnzimmer lag die angebaute Küche, die im Gegensatz zu allen anderen Zimmern des Hauses Platz für mehr als nur zwei Personen bot.
    Weil alles so beengt war, hatte Aishe strikte Regeln bezüglich Unordnung. Die war strikt verboten. In seinem eigenen Zimmer konnte Gulliver treiben, was er wollte; sie hatte schon vor langer Zeit beschlossen, dass diese Schlacht aussichtslos war. Aber unten musste er Ordnung halten. Keine Sporttaschen neben der Haustür. Keine Sweatshirts über den Möbeln. Kein benutztes Geschirr im Wohnzimmer…
    Sie legte den Wagenschlüssel in die Schale am Ende des Bücherregals und horchte. Von oben kam keinerlei Geräusch, was sie nur noch wütender machte. Wahrscheinlich surften Gulliver und Benedict im Internet und sahen sich Websites an, die sie anscheinend mit all diesen Insiderwitzen versorgten. Aishe war zu stolz, sich nach den Seiten zu erkundigen, kochte jedoch jedes Mal, wenn sie langsam ›Forever alone‹ anstimmten oder einen Typen namens Rage Guy erwähnten.
    » Von wem redet ihr da?«, hatte sie einmal gefragt, weil sie es nicht mehr aushielt.
    » Meme«, hatte Gulliver geantwortet, womit sie auch nicht klüger war.
    » Rage Guy«, hatte sie gemurmelt, als sie die Treppe hinaufging, » ist noch gar nichts gegen Rage Mother.« Eine leise Stimme hatte ihr zugeraunt, dass das, was sie vorhatte, vielleicht nicht besonders klug sei. Sie hatte die Stimme jedoch ignoriert, die Tür zu Gullivers Zimmer aufgestoßen und ihn angeschrien, er solle gefälligst seinen verdammten Teller vom Sofa räumen.
    Normalerweise setzte er sich bei einer Anweisung in dieser Tonlage in Bewegung. Widerwillig und murrend zwar, aber immerhin. Dieses Mal jedoch schrie er zurück.
    » Du bist ja geisteskrank!«, hatte er gebrüllt. » Eine durchgeknallte Ordnungsfanatikerin! Was soll der Scheiß eigentlich! Das ist ein Teller und keine geladene Uzi!« Dann hatte er sich von dem Klamottenberg auf seinem Bett ein Sweatshirt geschnappt und sich an ihr vorbeigeschoben. » Verdammte Scheiße! Ich hau ab.«
    Aishe war fassungslos gewesen, dass er zurückgeschrien und auch noch geflucht hatte, denn Gulliver fluchte– ganz im Gegensatz zu ihr– so gut wie nie. Sprachlos hatte sie ihm nachgestarrt, als er die Treppe hinunterrannte, die Haustür aufriss und hinter sich zuknallte.
    Ich kann nicht mehr mit ihm reden…
    Da hörte sie hinter sich im Zimmer jemanden geräuschvoll ausatmen. Na, großartig, dachte sie und drehte sich um. Jetzt kann ich mir auch noch eine gönnerhafte Predigt von diesem hochnäsigen, bleichgesichtigen Fatzke anhören. Das hat mir noch gefehlt!
    Benedict saß auf Gullivers Bett. Er hielt ein Schulbuch in der Hand. Algebra. Also hatten sie doch gelernt. Na, wenigstens konnte sie sich nicht noch schlechter fühlen als ohnehin schon.
    » Hättest du Lust auf einen Kaffee?«, fragte er.
    Aishe traute ihren Ohren nicht. » Was?«
    » Kaffee? Espresso? Cappuccino?«
    » Du willst mir einen Kaffee ausgeben?«
    Benedict verzog den Mund. » Na, vielleicht nicht ausgeben. Aber ich würde liebend gerne einen trinken gehen.«
    » Ist dir eigentlich klar, dass ich den ganzen Morgen nichts anderes getan habe, als dieses gottverdammte Gesöff in die Becher fetter Typen zu gießen, die mir nur auf die Titten starren und mich Honey nennen?«
    Mit unbewegter Miene sagte Benedict: » Das ist ja eine schauderhafte Anrede!«
    Aishe kniff die Augen zusammen und starrte ihn an. Dann sackten ihre Schultern nach vorn und sie legte die Stirn an den Türpfosten.
    » Ich hab’s versaut«, sagte sie seufzend. » Wie so oft in letzter Zeit.«
    » Ich könnte dir einen Rat geben.«
    Aishes Kopf schoss hoch. »

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