Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence
sagtest du bereits.« Aishe wirkte skeptisch. » Immer einen Schritt voraus sein. Wie lange hält es dich denn diesmal?«
Xavier erhaschte Aishes Blick und bedeutete ihr mit einem Nicken, dass er ihre Kaffees auf die Theke gestellt hatte.
» Ich brauche keinen Rat«, sagte Aishe. » Ich brauche Aufmunterung.« Sie nahm sich ihren Kaffee. » Ich setz mich zu Angel. Du kannst mitkommen, wenn du willst, oder dich verziehen. Deine Entscheidung.«
» Ich denke, du wirst merken, dass es in Wahrheit Hobsons Entscheidung ist«, murmelte Benedict, als er ihr folgte.
» Wer ist das?«, fragte Angel Aishe. » Dein heißer, junger Liebhaber?«
» Benedict Hardy«, sagte Benedict rasch. » Ich bin der Lehrer von ihrem Sohn. Und ich bin nicht heiß, sondern eher lauwarm.«
Der Nikolaus streckte die Hand aus. » Herzlich willkommen, Benedict«, sagte er mit englischem Akzent. » Ich bin Malcolm. Darf ich Ihnen meine Gefährten Don Quixote und Sancho Pansa vorstellen?«
» Ha!«, lachte Angel auf. » Ja, genau. Der Mann aus La Mancha! Immer im Kampf gegen die Windmühlen. Stimmt’s, mein Freund?«, sagte er zu dem kleinen, dunkelhaarigen Mann neben ihm, der ihn nur wortlos anstarrte. Angel zuckte die Achseln. » Miguel kann kein Englisch. Er kommt aus den Pyrenäen, ist Baske.«
» Miguel war neulich auf einem Baskentreffen«, sagte Malcolm. » Da gab’s einen Feueralarm und alle mussten das Gebäude verlassen. Das Problem war nur, dass sie alle zu einem einzigen Ausgang stürzten und dort stecken blieben.«
Er hielt inne und starrte Benedict an, der sich fragte, was er dazu sagen sollte, und Aishe einen Blick zuwarf. Die schüttelte den Kopf und lächelte.
» Ach so, verstehe«, sagte Benedict zu Malcolm. » Die Pointe kommt noch, nicht wahr? Lassen Sie mich raten…« Er dachte einen Moment nach und zuckte dann zusammen. » Oh nein. Don’t put all your Basques in one exit ?«
» Gut erfasst«, sagte Malcolm. » Obwohl die Pointe vielleicht mit etwas mehr Schwung hätte kommen können.«
» Als Nächstes kommt der Witz mit den eineiigen Zwillingen«, teilte Aishe ihm mit. » Du bist gewarnt.«
Benedict sah die drei Männer an. » Sie sind alle Ausländer«, sagte er. » Warum leben Sie ausgerechnet hier?«
» Warum sind Sie denn hier?«, fragte Angel zurück. » Malcolm und ich sind ja schon fast Einheimische.«
» Sogar Eingefleischte«, bestätigte Malcolm. » Oder meine ich Eingeborene?«
» Schsch«, sagte Angel zu ihm. » Lass den heißen jungen Liebhaber reden.«
Benedict rutschte auf seinem Stuhl hin und her, als sei ihm die Frage unangenehm. » Das Wetter ist gut«, sagte er nach kurzem Zögern. » Vielleicht ist die Wahl auch ungewöhnlich, schließlich denkt man bei Kalifornien immer gleich an LA …«
» Ich bin wegen einer Frau hier«, erklärte Angel. » Die Liebe meines Lebens stammt von hier«
» Deswegen bin ich auch hier«, sagte Malcolm. » Natürlich nicht wegen derselben Frau. Das würde unsere Freundschaft doch ein wenig belasten.«
» Aber es wäre machbar«, erwiderte Angel. » Ich bin sehr versöhnlich. Weil ich Katholik bin, und die verzeihen gern. Aber sie haben es auch gern, wenn man ihnen verzeiht.«
» Hast du gehört, dass der Therapeut von diesem Pädophilen selbst wegen Pädophilie verhaftet wurde?«, bemerkte Malcolm.
Angel zuckte die Achseln. » Dann kann man nicht sagen, er hätte sich nicht ausgekannt.«
Aishe überfiel plötzlich der Drang, nach Hause zu gehen und nachzusehen, ob Gulliver wieder da war. Sie schaute auf ihre Uhr. Mittlerweile dürfte er sich abgeregt haben. Wie Angel fiel es Gulliver leicht zu verzeihen. Aishe hatte keine Ahnung, woher er das hatte; die meisten aus ihrer Familie grollten, bis sie starben. Und darüber hinaus, wenn man den Geschichten über Granny Herne und ihre Furunkelflüche glauben wollte.
Sie stand auf. » Ich muss los, Jungs. War schön, euch zu sehen«, sagte sie und ließ einen überrumpelten Benedict zurück.
Aishe wusste, dass sie unhöflich ihm gegenüber war, das war ihr von anderen in ähnlichen Situationen schon oft gesagt worden. Vor vielen Jahren hatte sie sich jedoch geschworen, nur zu denen höflich zu sein, die sie auch respektierte. Die konnte sie an einer Hand abzählen. Und Benedict gehörte nicht dazu.
Er ist ein Vagabund, sagte sie zu sich. Einer, der immer einen Schritt voraus sein will, der jeder Verpflichtung aus dem Weg geht– der Typ Mann, der einfach verschwindet und andere im Stich lässt. Andererseits
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