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Das Niebelungenlied

Das Niebelungenlied

Titel: Das Niebelungenlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Bierwisch
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dem Meer in der Ferne? Sie haben so große Segel, weißer als der Schnee.« Der Burgundenkönig antwortete: »Es sind meine Krieger, die ich unterwegs verlassen habe. Ich habe sie rufen lassen und nun kommen sie.« Die Ankunft der Fremden erregte großes Aufsehen. Sîfrit war in kostbarer Kleidung vor einem Schiff unter den Männern zu sehen. Die Königin fragte: »Soll ich sie begrüßen, oder soll ich es unterlassen?« Gunther sagte: »Geht ihnen entgegen vor den Palast. Sie sollen deutlich merken, daß wir uns über ihr Kommen freuen.« Die Königin empfing die Männer nach dem Rat des Königs, aber zu Sîfrit war sie nicht so freundlich. Man richtete ihnen Unterkunft ein und bewahrte ihre Habe auf. Jetzt drängten sich die Gäste scharenweise im Land. Die Burgunden faßten den Plan zur Heimfahrt.
    Da sagte die Königin: »Wer Gold und Silber an meine Gäste verteilen will, kann meiner Dankbarkeit gewiß sein.« Dancwart erbot sich: »Königin, ich will Euer Kämmerer sein. Ich traue mir zu, es auszuführen. Was ich falsch mache, soll allein auf mich zurückfallen.« Er erwies jedermann seine große Freigebigkeit. Wenn jemand ein halbes Pfund Gold verlangte, gab er ihm so viel, daß alle Armen fröhlich leben konnten. Sehr oft gab er hundert Pfund auf einmal aus. Vor dem Saal gingen in reicher Kleidung Leuteumher, die noch nie wohlhabend gewesen waren. Das verdroß die Königin sehr. Sie sprach zu Gunther: »Es scheint mir, Herr König, als will Euer Kämmerer mir von meinen Stoffen nichts übriglassen, mein Gold verschwendet er. Ich wäre dem dankbar, der da ein Ende setzen könnte. Er gibt so große Geschenke, als ob ich sterben wollte: Ich will mich aber noch lange daran erfreuen, und ich kann auch allein verschwenden, was mir mein Vater hinterlassen hat.« Selten hat eine Königin einen so großzügigen Schlüsselbewahrer gehabt. Hagen von Tronege sagte darauf: »Königin, ich sage Euch, der König von Burgund hat so viel Gold und Kleider zu vergeben, daß wir nicht nötig haben, etwas von Euren Schätzen mitzunehmen.« Die Königin ließ aber zwanzig Reisetruhen mit Gold und Seide füllen, die wollte sie in Burgund verteilen. Beim Verpacken der Kostbarkeiten mußten ihre eigenen Kämmerer anwesend sein, weil sie Dancwart nicht mehr traute. Hagen und Gunther lachten darüber.
    »Wem überlasse ich mein Reich?« fragte Prünhilt. »Wir müssen erst eine Verwaltung einsetzen.« Gunther antwortete: »Laßt den kommen, der Euch geeignet erscheint, den werden wir zum Statthalter bestellen.« Sie vertraute einem ihrer vornehmsten Verwandten, dem Bruder ihrer Mutter, ihr Reich an und hieß ihn, im Namen Gunthers Recht zu sprechen. Zweitausend Männer wählte sie aus ihrem Hofstaat aus, die sie mit den tausend Nibelungen nach Burgund begleiten sollten. Sie machten sich reisefertig und ritten an den Strand. Sechsundachtzig Hofdamen und hundert Mägde führte sie mit sich. Die Reise wurde nicht länger aufgeschoben, sie begannen sich einzuschiffen. Viele der Zurückbleibenden weinten. Prünhilt küßte ihre nächsten Freunde und verabschiedete sich von ihnen mit edlem Anstand. Sie hat ihre Heimat nie wiedergesehen.
    Sie hatten guten Wind zur Fahrt und trieben mancherlei frohen, geselligen Zeitvertreib auf See. Aber Prünhilt verweigerte sich Gunther während der Fahrt. Die Brautnacht sollte aufgeschoben werden bis zu einem Fest auf seiner Burg in Worms, wo sie nach einiger Zeit glücklich ankamen.

9 . WIE SÎFRIT NACH WORMS GESANDT WURDE
    Als sie volle neun Tage unterwegs waren, sagte Hagen von Tronege: »Hört, wir haben uns mit den Nachrichten nach Worms verspätet. Eure Boten sollten schon in Burgund sein.« König Gunther antwortete: »Ihr habt recht. Zu dieser Fahrt wäre uns niemand so lieb wie Ihr, lieber Freund. Ihr werdet dort am besten von unseren Abenteuern erzählen.« Hagen sagte, er sei kein guter Bote. Er tauge besser für das Amt des Kämmerers, er wolle auf dem Wasser den Frauen zu Diensten bleiben bis zur Ankunft in Burgund. »Bittet doch Sîfrit, die Botschaft zu überbringen. Er ist sehr geeignet dafür. Wenn er sich weigert, so bittet ihn um Eurer Schwester willen um diese Freundlichkeit.« Gunther ließ Sîfrit zu sich kommen und sagte: »Wir sind nicht mehr weit von unserem Land, und ich sollte meiner Mutter und meiner Schwester unsere Ankunft ankündigen. Das ist es, worum ich Euch bitte. Erfüllt meinen Wunsch, und ich will es Euch stets vergelten.« Sîfrit schlug Gunthers Bitte ab, bis der

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