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Das Niebelungenlied

Das Niebelungenlied

Titel: Das Niebelungenlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Bierwisch
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heftiger in ihn drang. »Reitet doch um meinetwillen und Kriemhilt zuliebe.« Daraufhin war Sîfrit einverstanden. »Tragt mir auf, was Ihr wollt, es soll nichts verschwiegen werden. Für das liebenswerte Mädchen will ich es gerne tun. Wie kann ich ihr etwas abschlagen, die in meinem Herzen ist? Was Ihr mir in ihrem Namen auftragt, ist schongetan.« – »So sagt meiner Mutter, daß wir dieses Abenteuer zu einem stolzen Ende gebracht haben; erzählt auch meinen Brüdern und meinen Freunden, wie wir Prünhilt besiegt haben. Geht zu Kriemhilt, und versichert sie meiner und Prünhilts Ergebenheit, und laßt jedermann am Hof wissen, wie glücklich ich gewann, wonach mein Herz Verlangen hatte. Und bestellt Ortwîn, meinem lieben Neffen, er möge das Gestühl herrichten lassen für das große Fest, das ich mit Prünhilt halten will in Worms. Dazu sollen alle meine Verwandten eingeladen werden. Und ich bitte meine Schwester, den Empfang meiner Liebsten sorgfältig vorzubereiten. Ich will es ihr vergelten.« Sîfrit nahm in vollendeter Form Abschied von Prünhilt und von ihrem Gefolge und ritt an den Rhein.
    Vierundzwanzig Ritter begleiteten ihn. Als in Worms bekannt wurde, er sei ohne den König gekommen, fürchteten die Hofleute schon, ihr Herr habe dort den Tod gefunden. Die Boten stiegen wohlgemut von den Pferden. Gêrnôt und Gîselher eilten herbei und fragten sofort nach König Gunther. »Seid willkommen, Sîfrit. Sagt uns, wo Ihr den König verlassen habt. Hat etwa Prünhilts Stärke ihn uns genommen? Dann hätte diese Liebe uns großen Schaden eingebracht.« – »Seid ohne Sorge. Mein Gefährte grüßt Euch und seine Verwandten. Ich habe ihn gesund verlassen. Er hat mich als Boten vorausgeschickt. Ihr sollt überlegen, wie es sich bald einrichten läßt, daß ich auch die Königin und Eure Schwester sehe. Ihnen soll ich Gunthers und Prünhilts Botschaft ausrichten. Mit beiden steht es ausgezeichnet.« Gîselher sagte: »Dann geht gleich zu ihnen. Ihr habt meiner Schwester einen großen Dienst erwiesen. Sie war auch sehr in Sorge um Gunther. Ich versichere Euch, sie wird Euch gern empfangen.« Sîfrit fragte, wer ihn bei den Frauen melden wolle, und Gîselher ging, um seinerMutter und seiner Schwester anzukündigen, daß Sîfrit Nachrichten aus Island bringe, aber die Frauen konnten sich der Sorgen noch nicht völlig erwehren. Sie kleideten sich eilig an und ließen Sîfrit zu Hof bitten. Er zögerte keinen Augenblick, denn er freute sich auf das Wiedersehen. »Seid willkommen, Herr Sîfrit, edler Ritter«, sagte Kriemhilt freundlich. »Wo ist Gunther? Haben wir ihn durch Prünhilts Gewalt verloren? Dann möchte ich nie zur Welt gekommen sein.« Sîfrit sagte: »Ich habe Botenlohn verdient. Ihr braucht nicht zu weinen, schöne Frauen. Ich verließ ihn wohlbehalten und werde Euch alles erzählen, denn man hat mich als Boten zu Euch geschickt. Er und seine Liebste lassen Euch herzlich grüßen. Weint nicht mehr; sie werden bald kommen.« Die Frauen hatten lange Zeit nicht so gute Nachrichten gehört. Sie wischten die Tränen aus den Augen mit den schneeweißen Kleidzipfeln und dankten ihm für seine Botschaft, nun konnten sie Trauer und Weinen vergessen. Sie boten ihm einen Sitz an, den er gern annahm. Kriemhilt sagte: »Es wäre mir sehr lieb, Euch Botenlohn geben zu können, aber Ihr seid zu vornehm, und so will ich Euch für immer gewogen bleiben.« – »Und wenn ich dreißig Reiche allein besäße«, sagte Sîfrit, »aus Eurer Hand wollte ich dennoch Geschenke annehmen.« – »Dann soll es sein«, sagte Kriemhilt. Sie gab ihm vierundzwanzig Ringe, die waren mit kostbaren Edelsteinen besetzt. Aber es war Sîfrits Absicht, sie nicht zu behalten. Er schenkte sie sofort an die Hofdamen weiter, die in der Kemenate anwesend waren. Auch Königin Uote bot ihm ihre Gefälligkeit an. »Ich soll Euch nun sagen, worum Gunther Euch für seine Ankunft bittet. Er will Euch stets dankbar sein, wenn Ihr seine Gäste freundlich empfangen und ihm ans Ufer entgegenreiten wollt.« Kriemhilt war bereit, ihrem Bruder jeden Gefallen zu tun. Sie errötete vor Freude. KeinFürstenbote ist wohl aufmerksamer empfangen worden. Sie hätte ihn geküßt, wenn sie es gewagt hätte. Beglückt verabschiedete er sich von den Frauen.
    Die Burgunden führten die Befehle aus, die Sîfrit mitgebracht hatte. Sindolt und Hûnolt und Rûmolt kamen nicht mehr zur Ruhe. Die Tribüne wurde am Rheinufer aufgestellt. Der Hausmeister konnte die Arbeit kaum

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