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Das Niebelungenlied

Das Niebelungenlied

Titel: Das Niebelungenlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Bierwisch
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wiederkomme, werden tausend der allerbesten Helden bei mir sein.« – »Bleibt nur nicht zu lange aus«, sagte der König, »wir freuen uns mit Recht über Eure Hilfe.« Sîfrit antwortete: »Ich werde in wenigen Tagen zurück sein. Sagt Prünhilt, Ihr hättet mich fortgeschickt.«

8 . WIE SÎFRIT SEIN HEER HOLTE
    Sîfrit ging in seiner Tarnkappe davon durch das Tor, das zur See führte. Er suchte sich ein Schiff aus und stieg heimlich ein. Er ruderte so kräftig, daß das Schiff wie vor dem Wind dahinschoß. Niemand konnte den Steuermann sehen, und man glaubte, ein wilder Wind treibe es. Mit großer Anstrengung erreichte er am nächsten Morgen eine Insel, die etwa hundert Meilen lang war und darüber hinaus; das war das Nibelungenland, wo er den Schatz besaß. Er legte an einem Werder an und band sein Schiff fest, dann ging er zu einer Burg auf der Anhöhe und bat dort um Unterkunft wie ein Wanderer. Die Pforte war verschlossen. Die Burg war sehr gut bewacht gegen Überfälle, wie die Leute es noch heute tun. Der Fremde begann an das Tor zu schlagen. Innen stand ein mächtiger Riese, das war der Pförtner, der stets seine Waffen neben sich liegen hatte. Er rief: »Wer klopft da so mächtig an das Tor?« Sîfrit verstellte seine Stimme und sagte so: »Ich bin ein fahrender Ritter. Öffne die Pforte, oder ich werde so manchen in Zorn bringen, der lieber behaglich in seiner Kammer gelegen hätte.« Dem Pförtner kam es vor, als hätte da Herr Sîfrit gesprochen. Er legte seine Waffen an, ergriff den Schild und riß das Tor auf. Mit aller Wucht griff er Sîfrit an. Was habe er kühne Männer aufzuwecken! Er schlug so geschwind zu, daß die Eisenstange dem Fremden das Schildgespänge zerbrach, als er sich zu decken begann. Einerseits fürchtete Sîfrit den Tod, andererseits war er seinem Pförtner gewogen für die grimmige Wachsamkeit. Der Kampflärm drang gewaltig in die Nibelungenburg hinauf. Sîfrit überwand den Riesen und band ihn. Der Zwerg Alberich hörte den wüsten Streit weit durch den Berg schallen. In aller Eilewaffnete er sich und lief zum Tor, wo er den Fremden neben dem gebundenen Riesen fand. Zorn stieg in ihm auf: Alberich war sehr stark. Er trug Helm und Harnisch, und in der Hand hatte er die schwere metallene Geißel mit den sieben Kugeln, die schlug er dem Gegner so heftig gegen den Schild, daß die Splitter flogen. Sîfrit fürchtete um sein Leben. Er warf den zersplitterten Schild fort und stieß das Schwert in die Scheide zurück. Er wollte seinen Kämmerer nicht erschlagen, weil er Rücksicht nahm auf den ritterlichen Anstand. Er packte ihn mit den Händen, ergriff den altersgrauen Mann an seinem Bart und zerrte ihn gewaltsam hin und her, so daß Alberich laut aufschrie vor Schmerzen. »Laßt mich los!« rief er aus. »Ich bin bisher nur einem Helden leibeigen gewesen, ich habe ihm Eide schwören müssen, aber lieber will ich Euch dienen als sterben«, versprach er listig. Sîfrit band auch Alberich wie zuvor den Riesen. Der Zwerg in seinen Schmerzen fragte: »Wie heißt Ihr?« Sîfrit antwortete: »Ich heiße Sîfrit. Ich dachte, wir kennen uns.« – »Das ist eine erfreuliche Neuigkeit«, sagte der Zwerg. »Ich bin Eurer heldenhaften Kraft innegeworden, Ihr seid mit Recht der Herr dieses Landes. Ich will tun, was Ihr befehlt, nur bindet mich los.« Sîfrit sagte: »Geht schnell hin und bringt mir die besten Krieger, die Ihr finden könnt, tausend von den Nibelungen, sie sollen mich hier aufsuchen.« Er sagte nicht, warum er sie verlangte. Er löste ihm die Fesseln, und Alberich lief zu den Kriegern. Sorgenvoll weckte er sie auf und sagte: »Steht auf, Ihr sollt zu Sîfrit kommen!« Die tausend Ritter sprangen von den Lagern und ließen sich eilig ankleiden, dann gingen sie zu Sîfrit. Sie begrüßten ihn höflich mit Handschlag und knieten vor ihm nieder. Bei Kerzenlicht wurde ihm Wein gereicht. Er dankte ihnen für ihr schnelles Kommen und sagte: »Ihr sollt mit mir übers Meer fahren.« Siewaren freudig bereit. Dreitausend Ritter waren erschienen, von denen wählte er die tausend tapfersten aus und ließ ihnen ihre Helme und Rüstungen bringen. Er sagte: »Ihr müßt Euch prächtig kleiden, denn am Hofe werden uns schöne Frauen sehen. Darum stattet Euch reichlich aus.« Früh am Morgen begann die Reise. In herrlichem Aufzug mit schönen Pferden kamen sie in Prünhilts Land.
    Die Königin stand mit ihren Hofdamen zwischen den Zinnen. Sie fragte: »Weiß niemand, wer da angefahren kommt auf

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