Das Nilpferd
ermöglicht nicht nur Federwild, weißt du. Es enthält Wildblumen und wilde Säugetiere und Insekten, die von der Jagd absolut abhängig sind.«
»Natürlich, natürlich, natürlich.« Ich hatte keine Lust auf einen Vortrag über das Töten. »Ich meine Daveys andere Seite.«
»Schau mal, da ist Max«, sagte Simon, und ich hatte den Eindruck, daß er erleichtert war, der Notwendigkeit einer Antwort enthoben zu sein.
Max stand im dunklen Anzug vor dem Hauptportal und sah mit beifälligem Wohlwollen in den Himmel empor, als wäre der ein neuer Juniorchef, der Stelleneinsparungen erfolgreich durchgesetzt hatte, ohne einen Streik heraufzubeschwören.
»Ted. Simon. Herrlich«, sagte er, als wir auf ihn zukamen. »Regen hat aufgehört. Wunderbarer Abend.«
»Kommt aber noch mehr«, sagte Simon.
»Du wirkst sehr fröhlich, Max«, bemerkte ich.
»Und du siehst echt Scheiße aus, alter Junge.« Tat ich wohl wirklich. Mein Gesicht und meine Kopfhaut waren dornenzerkratzt, und meine Kleidung war von Regen, Schweiß und Modder verwüstet.
»Ich geh dann rein«, sagte Simon, »bis zum Abendessen, ne?« Max ergriff meinen Arm und ging mit mir zum Rasen. »Um die Wahrheit zu sagen, Tedward, ich
bin
fröhlich.«
»Ehrlich?« sagte ich frostig. Ich haßte es, wenn Max Michaels Namen für mich benutzte.
»Ich kann dir auch gleich erzählen, wenn du es nicht schon erraten hast, daß ich Davey gebeten habe, sich doch mal um Clara zu kümmern.«
»War sie krank?«
»Ach, komm schon, Tedward, du weißt ganz genau, was ich meine. David hat sich jedenfalls mit ihr getroffen. Fand ja immer, daß der Bursche ein unerträglicher kleiner Scheißer ist, wenn du’s genau wissen willst. Haßte es, ihn um einen Gefallen bitten zu müssen. So ein Tugendlamm.Nichts auf dieser Welt ist unerträglicher als ein Antiwirtschaftssnob. Er wird das schreckliche Geld seines Vaters schon ausgeben, wenn die Zeit reif ist, da mach dir man keine Sorgen. Aber, na ja … ich kann ihm seine Fähigkeiten schlecht absprechen. Ich weiß nicht, was er gemacht hat. Es muß sehr intensiv gewesen sein. Clara hat es absolut umgehauen.«
»Und, hat’s geklappt?« Ich starrte ihn an. Es war mir noch gar nicht in den Sinn gekommen, daß Davids Kur nach Simons Intervention womöglich Erfolg gehabt hatte. Abgesehen von allem anderen, in ordinären körperlichen Begriffen, schien sie aus meinem Blickwinkel ihre Medizin weniger geschluckt als über ihr Kleid gespuckt zu haben.
»Ich bin gerade eine halbe Stunde in ihrem Zimmer gewesen.«
»Du meinst, ihre Zähne sind gerade, und ihre Augen sehen in dieselbe Richtung?«
»Na ja, nein. Natürlich kann er ihr Erscheinungsbild nicht einfach so ändern. Aber
innen drin
, Tedward! Ich habe sie noch nie so fröhlich und so … zuversichtlich gesehen. Es ist ein absolutes Wunder. Wir haben dieses Mädchen zu Psychiatern und Nonnen und in Sommerlager und Gott weiß was geschickt. Es ist unfaßbar.«
Ich stimmte ihm zu und nickte begeistert, während er weiterschwatzte.
»Sie wollte mir nicht verraten, wie er’s gemacht hat, aber mir wär’s auch egal, wenn er sie mit Molchesaug und Hundeohr gefüttert hätte. Das Schielen wird offensichtlich bald von selbst verschwinden, und die Zähne werden sich auch richten. Und sie ist einfach so … ach, du wirst ja sehen. Wirst ja sehen.«
»Fabelhaft«, sagte ich, »Einfach wunderbar. Aber schau, ich muß baden und mich umziehen, wenn ich nicht zu spätzum Essen kommen will. Wir sehen uns an den Futtertrögen.«
Als ich die Eingangshalle betrat, ging Oliver gerade die Treppe hoch.
»Ah!« sagte er und drehte sich beim Geräusch der Eingangstür um. »Ein neues, glückliches Treffen der Sommer-Nachspiel-Gesellschaft, wie ich sehe.«
»Ja, sehr witzig. Ich bin in den Sturm geraten, wenn du’s unbedingt wissen mußt.«
»Ich glaube, der Sturm ist in dich geraten, Liebling.«
Ich ging die Treppe zu ihm hoch. »Übrigens«, sagte ich, »hat Jane nach mir gefragt?«
»Nein, Herzchen. Es kam eine Nachricht, die besagte, sie könne nicht vor morgen kommen.«
»Warum nicht?«
»Weitere Untersuchungen. Doris Doktor weigert sich einfach zu glauben. Wahrscheinlich wollen sie sie im Royal College of Surgeons ausstellen. Sollen wir uns sputen? Sonst verpassen wir noch das Happi-happi.«
Ich suhlte mich im Bade, sah zu Himmel und Wolken empor, die an die Decke gemalt waren, ein Glas Zehnjährigen fest umklammert. Ich wünschte, ich könnte mich von allem reinwaschen. Ich
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