Das Nilpferd
die Landschaft nahelegten.
hingerissen
Äußeres
schmuddelig
Suspension
ataraktisch
schwerfällig
Gewicht
Weichheit
bersten
dies
ausbreiten
Oberlehensherrlichkeit
pißgolden
geweitet
heißer
Ich prüfte die Liste eine gute Viertelstunde lang. Oft vergrätzen die seltenen Worte Otto Normalverbraucher, aber der denkt nie, nie denkt er auch nur eine
Sekunde
lang an das Leben des Lyrikers. Ein Maler hat Öl-, Acryl- und Pastellfarben, Terpentin, Leinöl, Leinwand, Zobel- und Schweineborsten. Wann hast Du derlei das letzte Mal gebraucht? Vielleicht um einen Kricketschläger einzuölen oder Lidschatten aufzutragen. Das heißt, Du hast wahrscheinlich im ganzen Leben noch keinen Kricketschläger eingeölt, aber Du verstehst schon, was ich meine. Und Musiker erst: Ein Musiker hat ganze Maschinen aus Holz, Blech, Darm und Kohlefaser; er hat übermäßige Septimen, Vorzeichen, dorische Tonarten und Zwölftonreihen. Wann hast Du das letzte Mal eine übermäßige Septime gebraucht, um Deinem Freund eine Szene zu machen, oder ein hauptstimmiges Fagott, um Pizza zu bestellen? Noch nie. Noch nie, noch nie, noch nie. Anders der Lyriker. O ja, der arme Poet: Bedaure den armen, verdammten Lyriker. Der Lyriker hat keine ihm vorbehaltenen Materialien, keine ihm eigenen Tongeschlechter. Er hat nichts als Worte, dieselben Werkzeuge, mit denen die ganze Welt nach dem Weg zum nächsten Kackstübchen fragt oder mit denen sie Entschuldigungenfür die tollpatschigen Treubrüche und unbeholfene Ausflüchte für ihr ordinäres Leben hervorstammelt; der Dichter hat nichts als dieselben, ganz dieselben Worte, die alltäglich in Abermillionen Formen und Phrasen fluchen, beten, verwünschen, schmeicheln und belügen. Der arme, verdammte Dichter kann nicht mehr »kosen« für »knutschen« benutzen oder »Ephebe« für »Teenager«, man erwartet von ihm, daß er aus dem Plastik und Styropormüll, die den Sprachboden des 20. Jahrhunderts übersäen, neue Gedichte erschafft, daß er aus den gebrauchten Wortkondomen gesellschaftlichen Verkehrs frische Kunst macht. Ist es denn ein Wunder, wenn wir uns dann gelegentlich zu »bramarbasieren«, »ataraktisch« oder »nachgieblich« flüchten? Unberührte Worte, unschuldige Worte, unkontaminierte und unverletzte Worte, deren Beherrschung allein kundtut, daß wir eine Beziehung zur Sprache eingehen, die der des Bildhauers zum Marmor, der des Komponisten zum Notensystem verwandt ist. Nicht, daß irgendwer sich jemals davon beeindrucken ließe. Man stöhnt nur immer über die »Undurchdringlichkeit« oder gratuliert sich dazu, Ellipsis, Dunkelheit und Allusion aufklären zu können, die angeblich das Werk vertiefen und bereichern. Ein Bastard, dieser Beruf, das kannste mir glauben.
Nun, also … mir würde wohl eine Reihe Ausreden einfallen, aber ich glaube, die eigentliche Wahrheit ist, daß ich meine Energie verloren, sie seit zehn Jahren wie Tränen vergossen habe. Zu viele Auftritte in der
Late Show
und bei Melvyn Bragg, zu viele vorschnelle Angebote, Anthologien und Ähnliches herauszugeben, zu viel Beachtung und zu viele Streicheleinheiten, und in letzter Zeit viel zuviel von der guten alten Stromsuppe. Ich strich die Wörterliste durch, kritzelte in wütenden Buchstaben »SCHWULST!« über die Seite und verstaute sie im Schreibtisch. Ich hättesie zerrissen und weggeworfen, wäre da nicht diese derangierte Universität in Texas, die mich für die Rechte an all meinen Papieren bezahlt hat.
»Papiere?« hatte ich gefragt, als ihr Professor für Lyrik der Moderne an mich herantrat. »Was meinen Sie denn mit Papieren?«
»Ach, zum Teufel, Sie wissen schon … Notizbücher, Entwürfe, Briefe … Papiere eben.«
Welcher selbstbewußte und unerträgliche Winzling von belletristischem Loddel führt denn
Notizbücher
? Fragte ich mich. Völlig absurd, aber gutes Geld, also setzte ich mich ein Wochenende lang auf den Hosenboden und fälschte Dutzende von echt aussehenden Rohentwürfen meiner bekannteren Gedichte. Es war der größte annehmbare Unfug, unentzifferbares Griechisch an den Rand zu krakeln, »aber Skelton????«, »
mild und leise wie er lächelt
«, »vgl. Reitlingers
Economics of Taste
, Bd. II, S. 136 « und »Nein, nein, nein, nein, nein, nein! Macht das Feld dicht! Macht das Feld dicht!!!« in drei verschiedenfarbigen Tinten über die Seiten zu schreiben. Einmal schrieb ich mit Bleistift »die Nachwelt kann mich am Schwanz lutschen«, und radierte es wieder weg. Es dauerte keine vier Jahre,
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