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Das Nilpferd

Das Nilpferd

Titel: Das Nilpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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Sie das nicht einfach unglaublich?‹ Dann merkte er, daß wir alle ihn anstarrten, wurde puterrot und sagte: ›Bitte entschuldigt. Ich kann nicht besonders gut Konversation machen.‹ Also wirklich, Ted. Findest du das etwa nicht außergewöhnlich?«
    »Aber natürlich«, sagte ich. »Ich meine, der arme
weibliche
Kaninchenfloh. Ich wünsche ihr bloß, daß ihre Aufnahmeapparatur elastisch genug ist, um eine so ungestüme Brechstange heil zu überstehen. Aber wirklich«, fügte ich hastig hinzu, denn ich merkte, daß das nicht ganz die erwünschte Antwort war, »David ist fünfzehn. Fünfzehnjährige sind immer komisch. Sie rütteln gerne am Gitter, zerren an der Leine, um ihre … ihre Grenzen kennenzulernen, so nennt man das wohl.«
    »Du wirst merken, was ich meine, wenn du etwas Zeit mit ihm verbracht hast. So distanziert, so in sich gekehrt. Als ob er hier zu Besuch wäre.«
    »Also, ich bin zu Besuch hier«, sagte ich und erhob mich, »und es ist ein wunderbares Gefühl. Aber ich werde natürlich auf ihn achtgeben, wenn du das möchtest. Wahrscheinlich wird sich herausstellen, daß er in die Tochter des Wildhüters verknallt ist oder irgend so was.«
    »Kaum. Sie hat eine Hasenscharte.«
    »Das legt der Liebe keinen Riegel vor. In der Rupert Street gab es mal eine Hure mit ’ner Hasenscharte. Hab nie so köstlich einen ge…«
    Ich hob mir die Geschichte lieber für ein andermal auf, verbeugte mich zu einem flotten Lebewohl und folgte meinem Kompaß Richtung Südrasen.
    David war aus der Villa Rotonda herausgekommen, lag jetzt bäuchlings vor ihr auf dem Rasen und kaute auf einem Wegerichhahn.
    »Gut gebadet, gut geschlafen?« fragte er.
    »Zu letzterem bin ich nicht gekommen«, sagte ich und setzte mich auf die unterste Stufe der Steintreppe, die zum Gartenhäuschen hinaufführte.
    Er sah mich mit zusammengekniffenen Augen an. »Das Gartenhaus steht dir«, sagte er. »Dieselben noblen Proportionen.«
    Frecher Schleimer.
    »Du sprichst ein wahres Wort gelassen aus«, erwiderte ich und sah mich über die Schulter nach dem Gebäude hinter mir um. »John Betjemans Spitzname für mich war der wilde Rotonda.«
    Er lächelte gehorsam und nahm den Halm aus dem Mund. »Hast du geweint?« fragte er.
    »Anflug von Heuschnupfen. Die Luft ist voll Pollen und anderen widernatürlichen Schadstoffen. Meine Schleimhäute sind auf London geeicht, weißt du, mit seinem bekömmlichen Schwefel und nahrhaften Stickstoff.«
    Er nickte. »Ich hab dich durchs Fenster bei Mummy gesehen.«
    »Aha.«
    »Habt ihr über mich gesprochen?«
    »Wie um Himmels willen kommst du denn darauf?«
    »Ach«, er starrte auf eine Glücksspinne, die um seine Fingerspitzen herumjagte, »sie macht sich Sorgen um mich.«
    »Wenn du in einer Zeitung bei den Stellenangeboten die Anzeige für eine Mutter aufgeben und die Jobbeschreibung umreißen wolltest, gäbe es keine bessere Wendung als ›muß imstande sein, sich vierundzwanzig Stunden täglich Sorgen zu machen‹. Dafür sind Mütter nun einmal da,Davey. Und wenn sie mal zehn Minuten lang aufhören, sich Sorgen zu machen, dann macht ihnen das Sorgen, also verdoppeln sie ihre Sorgen.«
    »Ja, das weiß ich auch … aber sie sorgt sich mehr um mich als um Simon oder die Zwillinge. Ich merke das daran, wie sie mich ansieht.«
    »Ja, aber die Zwillinge haben auch ein Kindermädchen, oder nicht? Und Simon, also beim besten Willen, Simon ist …«
    »Simon ist was?«
    Ich zögerte, die Worte »gewöhnlich« oder »stumpfsinnig« oder auch nur »unintelligent« zu benutzen, weil die wahrscheinlich nicht ganz fair waren.
    »Simon ist eher konventionell, stimmt’s? Du weißt schon, Haussprecher, Rugby, Armee, das alles. Er ist … sicher.«
    »Ich bin also
unsicher

    »Das will ich verdammt hoffen. Es kommt nicht in Frage, daß ein Patenkind von mir in der Gegend herumläuft und
nicht
wild und gefährlich ist.«
    David lächelte. »Mummy hat dir wahrscheinlich von dem Abendessen neulich erzählt?«
    »Die Sache mit dem Kaninchenfloh?«
    »Warum sind sexuelle Angelegenheiten den Leuten peinlich?«
    »Mir nicht.«
    »Nein?«
    »Bestimmt nicht«, sagte ich und nahm mir eine Zigarette.
    »Du hast eine Menge Sex, nicht wahr? Sagen jedenfalls alle.«
    »Eine Menge? Kommt drauf an. Ich schubse keine von der Bettkante, wenn du das meinst.«
    »Simon sagt, er hätte dich mal mit Mrs. Brooke-Cameron gesehen.«
    »Hat er? Wirklich? Ich hoffe, wir haben ihm was geboten.«
    Er stand auf und klopfte sich das Gras ab.

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