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Das Nilpferd

Das Nilpferd

Titel: Das Nilpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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… das Schicksal der Menschheit, wenn du willst. Nun ist die Tatsache, aus ihrer Rasse rauszuheiraten, bei Angelsachsen ebenso verbreitet wie bei Juden. Aber du und Annie, weißt du, ihr bildet eine besonders fesselnde, eine besonders
lebhafte
Fallstudie, die Grundlinien fallen ins Auge. Du bist nicht
irgendein
Jude, sondern vielleicht der mächtigste in Europa. Anne ist nicht
irgendeine
Anglo, sie stammt aus einer der ältesten Familien Britanniens, deren Vorfahren dieses Land seit mehr als tausend Jahren regiert, requiriert und ruiniert haben. Die Linie ihrer Mutter sorgt für einen Happen Russell, wie beim Premierminister und bei Bertrand, und zum Rezept gehört außerdem ein Schuß Marlborough und Churchill sowie eine Salatbeilage aus Cecils und Pagets. Eure Familie ist also eine Einheit, ein Gewebe aus den beiden großen Fäden. Vielleicht gehört die Dominanz von Angelsachsen und Juden in der Welt der Vergangenheit an, von Christus bis Marx, Einstein, Kafka und Freud, über Shakespeare, Lincoln, Franklin, Jefferson und Colonel Sanders. Deine Nachkommen, deine Ehe, deine Familie, das alles wird nachgerade zum Symbol, findest du nicht? Mich interessiert nicht, ob du deiner Frautreu gewesen bist, Michael, oder was für schmutzige Geschäfte du in jungen Jahren abgeschlossen hast. Ich glaube wirklich, wir haben hier Material für ein fabelhaftes Buch.«
    Eh-härlich…
    Michael starrte mich eine Zeitlang an, die mir wie eine Woche vorkam. »Ich werd’s mir überlegen, Tedward.«
    Ich lächelte. »Mehr wollte ich nicht.«
    »Du bleibst ordentlich lange. Wir haben also viel Zeit, uns darüber zu unterhalten. Komm, wir gehen zu Anne rüber.«
    Dabei beließen wir es vorerst.
    Hab ich’s richtig gemacht, Jane? Ich glaube, er hat’s geschluckt – warum auch nicht? Die Geschichte ist verdammt überzeugend – ich glaube nicht, daß ich irgendwelchen anderen Entwicklungen einen Strich durch die Rechnung gemacht habe. Aber ich wünschte, ich wünschte, Jane, meine Herzallerliebste, daß Du mir genau sagen würdest, wonach ich eigentlich Ausschau halten soll.
    Laß mir ein bißchen Zeit, um mich zu strecken und mir noch einen Whisky einzuschenken, und dann werfen wir einen Blick auf den Donnerstag.

III
     
     
    Donnerstag brachte das, was man die Eröffnung des Hauses für die Sommersaison nennen könnte. Als ich hörte, daß weitere Gäste erwartet wurden, ging mir der Gedanke durch den Kopf, daß ich für Davey so eine Art Vorhut war und daß der Grund, warum er sich so sehr über mein frühes Kommen gefreut hatte, darin bestand, daß er eine Allianz gegen etwaige eklige Erwachsene bilden konnte, die später kamen, und damit nicht auf den Status des übersehenen Kindes oder lästigen Anhängsels relegiert werden würde. Dies war eine voreilige und unbedachte Diagnose, wie sich später herausstellen sollte.
    Wir führten ein Gespräch über Leute, in dem wir einige Übereinstimmung zwischen uns feststellten. Ich meinte, ich sei nervös, jemand Neuen kennenzulernen, und Davey meinte, ihm gehe es ebenso. Er bemerkte, es überrasche ihn kaum, daß wir über viele Dinge so einhelliger Meinung seien: Schließlich seien wir, wie er erläuternd hinzufügte, im Grunde genommen gleich alt.
    »Jetzt hast du mich aber kalt erwischt, junge Walnuß. Wie meinst du das?«
    »Na ja, ich bin fünfzehn Jahre von der Wiege entfernt und du schätzungsweise fünfzehn Jahre von der Bahre.«
    Nicht gerade Worte, die man von einem adrett gescheitelten und polierten Jugendlichen erwartet, aber er hatte natürlich den Nagel auf den Kopf getroffen, bis
pueri senes
und der ganze Kram.
    Der erste Gast, der aufkreuzte, war Deine BusenfreundinPatricia. Mein Gott, Jane, die hat ja was in der Bluse, wenn ich das mal so sagen darf!
    Sie war aus eigenem Antrieb gekommen, auf Erholungsurlaub von einer »fatalen« Affäre mit Michaels Handlanger Martin Rebak. Wahrscheinlich weißt du davon. Rebak, Logans CEO (das steht für
Chief Executive Officer
und ist eine Art Kreuzung aus Geschäftsführer und Vorstandsmitglied, glaube ich), war ein Jahr lang mit ihr zusammen: Man sprach von Hochzeit und ewiger Liebe, aber dann nahm er ein PR-Mädel mit auf seinen aufsteigenden Ast und ließ Patricia völlig niedergeschmettert zurück. Fairerweise erklärte Michael diesem CEO, er sei eine Fotze und ein Vieh, und Anne und er haben sich gewissermaßen offiziell auf Patricias Seite gestellt. Noch kann der CEO in Simons Worten »die Plazierung halten« (Simon ist heute

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