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Das Nilpferd

Das Nilpferd

Titel: Das Nilpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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aus der Wäsche.
    Natürlich mußte dieses depperte kleine Wiesel Crompton Day losziehen und ihm eines Nachmittags alles verklickern. Und als wir die Schote das nächste Mal abziehen wollten, gab Gordon sich besonders viel Mühe mit dem Porträt, Zunge im Mundwinkel, schielend vor Konzentration. Wir hechelten schon vor lauter Vorfreude, das sah nach mindestens 75 Pfund aus. Als er fertig war, legten wir mit unseren üblichen »Ach so,
jetzt
weiß ich, wen du meinst«-Sprüchen los, aber bevor wir uns das Porträt vom Tresen schnappen konnten, hatte er es genommen und zerriß es vor unseren entsetzten Augen in kleine Streifen.
    »Da habt ihr’s, meine Lieben«, sagte er und reichte jedem von uns einen schmalen Streifen. »Jeder einen.«
    Mist. Danach kriegte man ihn nicht einmal mehr dazu,einem auch nur den Weg zum nächsten Restaurant aufzuzeichnen.
    Mein Limerick jedenfalls machte bei der Show die Runde, ziemlich überschätzt, wie gesagt, durch die Tatsache, daß er von einem bekannten Dichter stammte. Natürlich konnte er nicht wie eine Fell-Zeichnung zu Geld gemacht werden. Lyrik funktioniert einfach nicht so, o nein. Die Öffentlichkeit macht sie sich unverzüglich zu eigen. Schon gut, ich sollte mein müdes altes Steckenpferd wirklich langsam zum Abdecker bringen.
    Du willst wohl kaum etwas hören à la »Der Tag, an dem ich zur
East of England Show
fuhr«, also überspringe ich die Einzelheiten der fesselnden Darbietung synchronisierter John-Deere-Traktoren, erspare dir die ganze Geschichte des Suffolker Zugpferdewettbewerbs und verschiebe meine Beschreibung des Titanenkampfes zwischen den Rote-Bete-Bauern aus Dereham und Umgebung und den Runkelrübenpflanzern aus dem Neane Valley (in Vereinigung mit der Pfahlwurzelgenossenschaft aus North Cambridgeshire) auf ein andermal.
    Simon ist, sieht man von seinem Mangel an Fantasie und seinem verschwindend geringen Witz ab, doch immerhin ein zuvorkommender Mensch und widerstand den ganzen Tag lang der Versuchung, mich den Verwüstungen der zahllosen, Hüte tragenden Damen zu überlassen, die wie Libellen im August von Teezelt zu Teezelt huschten und nippten. Insofern Landwirtschaftsshows für mich eine neue Erfahrung waren und einem Mann in den Sechzigern jede neue Erfahrung besonderes Vergnügen bereiten sollte, egal wie grotesk sie scheinen mag, kann ich nicht behaupten, daß es der gräßlichste Nachmittag meines Lebens war. Simon erlaubte Soda und mir unzählige Kurzstopps in den Bierzelten und Sandwichereien und schlug sogar vor, wirsollten einen Rothmans Bus aufspüren, von dessen Bereitschaftsdienst er gehört hatte. Ich verproviantierte mich händeweise mit Gratisrothies, füllte einen Fragebogen aus und raspelte im Bus einigen der schwer mit Tang behängten Püppchen mit meinem Süßholz die Schärpen weg. Der Bus war ein umgebauter Doppeldecker, mit der fröhlichen Rothmans-Livree in Blau, Weiß und Gold herausgeputzt. Erinnerte mich an meine Jugend, als man Zigarettenmädchen in Theatern, Nachtclubs und bei Kinopremieren so oft sah wie heutzutage Wohltätigkeitsbettler. Die Sache ist, in jenen Tagen hatte man gute Karten, ein Zichtenmädel für ’n Fünfer auf dem Klo vernaschen zu können: Ich werd das Gefühl nicht los, daß die Stickerverkäufer der Stiftung zur Rettung unserer Kinder oder die Körbchenschwenker von der Gesellschaft für zystische Fibrose nach der Polizei kreischen und einem ’ne Anzeige wegen visueller Vergewaltigung anhängen würden, wenn man im heutigen, fürsorglichen Britannien den Blick bloß unter ihr Schlüsselbein schweifen ließe. Im Lauf der Jahre hat es einen gnadenlosen und beunruhigenden Anstieg der öffentlichen Moral gegeben. Mir macht das Sorgen.
    Wir verließen das gesellige Beisammensein um sechs und zogen zahlreiche glänzende Luftballons mit den bezaubernden Logos und exotischen Farben der Viehfutterlieferanten und Depotfungizidherstellern hinter uns her – es sollte sich herausstellen, daß Michael sich nach dem Abendessen gern über durch Helium erhöhte Stimmen amüsiert.
    Auf der Rückfahrt plagte Simon mich mit der Bitte um weitere Limericks. »Mach einen auf Swafford«, bat er immer wieder.
     
    Es hatt’ eine Lady aus Swafford
    die Frisur einst getürmt zum Rekord.
    Nach dem Grunde gefragt,
    hat sie schnippisch gesagt:
    »Ohne Schatten wär’ längst ich verdorrt.«
     
     
    »Nicht schlecht. War aber nicht besonders obszön, oder?«
    »Soda mochte ihn«, antwortete ich gekränkt.
    »Jetzt mach einen

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