Das Nostradamus-Testament: Thriller (German Edition)
getönten Scheibe, und die Tür ging weiter auf.
V
Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte, aber das nicht:
Der ganze Raum war mit Zeltbahnen aus feinstem gesponnenen Leinen und violetter, purpurroter und karmesinroter Wolle ausgekleidet. Die Stoffbahnen hingen an goldenen Haken an Schlaufen aus violetter Wolle. Auch die Decke war mit Stoff verkleidet, der aber aus einem anderen Material war. Der Boden war aus Holz und schien zu schwanken, als würde er von Sockeln getragen.
Der Kammerherr führte mich in eine Nische mit eigener Dusche. An der Wand hing ein seidenes Gewand zum Überwerfen.
Er nickte in Richtung der Dusche und des Gewands.
Ich duschte und zog mich um. Als ich aus der Nische trat, hatte auch er sich umgezogen.
Hinten im Raum hing ein Vorhang aus Wolle und Leinen. Cherubimmotive waren kunstfertig in den Stoff gewebt worden. Der Vorhang hing an vier goldverkleideten Pfosten, die auf silbernen Sockeln standen.
Der Kammerherr führte mich in den nächsten Raum, in dem ein bronzenes Weihwasserbecken stand. Er tauchte die Finger ins Becken und segnete uns beide.
Wir waren von Stoffen umgeben. Lange Bahnen aus feinstem Leinen hingen an Reihen von Pfosten, die in bronzenen Sockeln verankert waren. Die Spitzen waren mit Silber verkleidet und mit Streben aus Silber verbunden.
Um weiterzukommen, mussten wir an einer weiteren gewebten Decke vorbei, auch diese aus Leinen und Wolle: violett, purpurn und karmesinrot.
Der innerste Raum war dunkel. Ein paar schwache Glühbirnen schalteten sich automatisch ein, als wir eintraten.
Der Kammerherr kniete nieder. Ich tat automatisch das Gleiche.
Mitten im Raum stand ein Sockel.
Darauf prangte eine Truhe aus Holz und Gold.
Anderthalb Meter lang und fast einen Meter breit und hoch.
Auf dem Deckel zwei Cherubim aus Gold. Sie sahen sich an. Mit entfalteten Flügeln.
Überrascht und entgeistert hielt ich die Luft an. Das gestehe ich ein. Mir blieb tatsächlich die Luft weg.
Ein kaltes, fast betäubendes Gefühl der Ehrfurcht durchrieselte meinen Körper, als mir bewusst wurde, was da vor mir stand.
Die Bundeslade.
Morettis Geschichte (VI)
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ZWISCHENSPIEL: VERWUNDERUNG
MÖNCHSKLOSTER MONTECASETTO
NACHT AUF FREITAG
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D er Sternenhimmel erfüllt das ganze Fenster. Die Zelle ist dunkel. Lorenzo sitzt mitten im Raum in einer Art Schneidersitz und sieht nach draußen. Die Sterne funkeln. Die Nacht ist zeitlos. Silvio schläft in seinem Bett, wälzt sich hin und her und jammert leise. Bestimmt träumt er wieder von Angelica. Lorenzo weiß, wie eng verbunden der Junge mit ihr ist.
Wo kann das Buch von Nostradamus, das er braucht, um den Schlüssel zu finden, nur sein?
Das Geräusch eines Schlüssels im Schloss lässt ihn zusammenzucken. Dann geht die Tür auf. Es ist Bartholomäus. Das Flurlicht erhellt die Zelle. Lorenzo nickt in Richtung Silvio und legt den Finger vor die Lippen. Bartholomäus versteht. Er kommt in die Zelle und schließt leise die Tür. Lorenzo bleibt im Dunkel auf dem Boden sitzen. Bartholomäus’ Schritte. Ein Streichholz streicht über die Reibfläche der Schachtel und entzündet ein scharfes Licht. Der Mönch zündet die Kerze auf dem Schreibtisch an und zieht den Stuhl zu sich. Beim Kratzen der Stuhlbeine blicken beide zu Silvio. Dann nimmt Bartholomäus seufzend Platz, während Lorenzo ihn fragend ansieht.
Es ist etwas passiert, sagt Bartholomäus leise, fast flüsternd.
Was?
Wir haben einen Anruf aus dem Vatikan erhalten. Der Kardinal ist unter Arrest gestellt worden. Auf direkten Befehl des Papstes. Wir verstehen das nicht. Bartholomäus schüttelt den Kopf und breitet die Arme aus. Das ist Satans Werk, sagt er. Satans Eingreifen. Wieder ein Beispiel, dass die alte Prophezeiung die Wahrheit sagt. Das Ende ist nahe. Der Kardinal unter Arrest! Bartholomäus senkt die Stimme: Ich mache mir Sorgen um Sie.
Um uns? Um Silvio und mich?
Der Herr will, dass ich nach Ihnen sehe. Draco ist jetzt an die Stelle des Kardinals getreten. Er ist ungeduldig und hat nicht die Barmherzigkeit Romanos.
Bartholomäus, Sie müssen uns helfen!
Sie sehen einander an.
Morgen früh, sagt Bartholomäus. Auf dem Weg in die Bibliothek. Ich werde Ihnen helfen.
Und wie?
Es gibt geheime Ausgänge, durch die ich Sie nach draußen bringen kann.
Und die Wachen?
Die kann ich ablenken. Können Sie den Code im Laufe der Nacht dechiffrieren?
Mir fehlt das Buch!
Ohne das geht es wirklich
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