Das Nostradamus-Testament: Thriller (German Edition)
Sammlungsflügel der Bibliothek. Unter den über 11 000 seltenen Handschriften und 4500 Inkunabeln, Folianten und mittelalterlichen Büchern befanden sich auch einige der seltensten Manuskripte der Welt: Werke von Platon, Vergil, Sophokles, Tacitus, Plinius, Aischylos, Quintilian, Justinian und Guicciardini. Ganz zu schweigen vom Codex Amiatinus , der ältesten existierenden Version der Biblia Vulgata.
Das wundervollste Buch der Welt.
Allein der Anblick der 1300 Jahre alten Bibel ließ mich ehrfurchtsvoll erzittern. Das Buch wurde in Northumbria als Gabe für den Papst angefertigt. Und wenn das Alter noch nicht beeindruckend genug ist, dann vielleicht die Größe und das Gewicht: Das Buch ist 50 Zentimeter hoch, 34 Zentimeter breit, 18 Zentimeter dick und wiegt 34 Kilo. Der Text ist auf 1040 Seiten Kalbshaut geschrieben. Nicht gerade ein E-Book.
Aber wo in einem tausend Lederseiten dicken Buch soll man mit der Suche beginnen?
Unendlich langsam blätterten wir uns Seite für Seite durch die mürben Pergamente. Die Schrift war harmonisch, symmetrisch. Wir fanden die lateinische Randnotiz, auf die Piero Ficino uns hingewiesen hatte, über das Orakel von Delphi, das den göttlichen Odem des Herrn einatmete und dafür die Gabe der Hellsichtigkeit erlangte. Aber nirgends stand etwas von Blutregen.
So saßen wir eine ganze Weile da und blätterten weiter, ohne etwas zu finden. Aber wir wussten auch nicht, wonach wir suchten. Ich war zu erschöpft und müde, all die offensichtlichen Fragen zu stellen oder die offensichtlichen Antworten zu sehen.
Morettis Geschichte (XIII)
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ZWISCHENSPIEL: DAS VERSTECK GENUA
NACHT AUF SAMSTAG
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Sie haben in einem Kiefernwäldchen kurz vor Genua gehalten. In weiter Ferne ahnt Lorenzo Schiffslaternen auf dem dunklen Meer. Paolo hat etwas zu essen gekauft. Sie sind nur wenige Minuten von dem Laden entfernt.
Wie durch ein Wunder – oder dank der Ineffektivität der Polizei – hatten sie es aus Florenz herausgeschafft. Sie hatten die Stadt über San Gaggio verlassen. In Lucca haben sie die Kennzeichen eines fast identischen Kleinbusses gestohlen. Und jetzt stehen sie, mehr oder weniger verborgen, auf einem Rastplatz. Es riecht nach Kiefernsprossen und Moos.
Silvio schläft in Lorenzos Armbeuge. Die Mönche diskutieren mit gedämpften Stimmen. Das eine oder andere Wort sickert bis zu ihm durch. Sie arbeiten einen neuen Plan aus, eine neue Strategie. Wollen sich etwas sichern.
Liste … Amulett … Nostradamus’ Testament …
K APITEL 34 Das Delphi-Amulett
F LORENZ,
S AMSTAGMORGEN
I
Wir schliefen ein paar Stunden auf den harten Holzbänken im Lesesaal. In der Zwischenzeit wurde die Medici-Kapelle für den Publikumsverkehr gesperrt und die Ausgrabungsausrüstung von Santa Croce dorthin geschafft, weil wir hofften, im Grab von Lorenzo il Magnifico das Delphi-Amulett zu finden. Er war in der Sagrestia Nuova bestattet, der neuen Sakristei, die direkt an die alte und majestätische Cappella dei Principi , die Kapelle der Fürsten, angrenzte. Der Medici-Papst Leo X . hatte Michelangelo gebeten, die Neue Sakristei als Mausoleum für seinen Vater Lorenzo und Onkel Giuliano zu entwerfen, der bei der Pazzi-Verschwörung erstochen worden war. Michelangelo begann 1520 mit der Arbeit. Er war nicht nur als Architekt verantwortlich, sondern auch für etliche der berühmten Skulpturen, die das Grabmal schmückten. Aber die Kapelle war noch nicht fertig, als Michelangelo Florenz verließ und 1534 nach Rom zog. Vollendet wurde die Sagrestia Nuova erst zwanzig Jahre später. Und 1554 wurde Lorenzo il Magnifico in seine neue Grabstätte umgebettet. Mit in den Sarg gelegt bekam er das Delphi-Amulett.
II
Lorenzo il Magnifico ruhte unter Michelangelos Skulptur Madonna mit Kind. Eine Plane überdachte das Loch im Boden, während die Handwerker den Sarg des Renaissancemäzens Lorenzo freilegten – er war nicht nur Michelangelos Gönner gewesen, sondern hatte auch Leonardo da Vinci, Machiavelli und viele andere unterstützt. Sein leiblicher Sohn wurde Papst Leo X ., sein Adoptivsohn Clemens VII .
Wenn unsere Hinweise und Theorien stimmten, sollte das Delphi-Amulett um seinen Hals liegen.
Mein Atem ging in kurzen Stößen, mein Mund war trocken. Man sollte meinen, dass das Ereignis in Santa Croce mich an Graböffnungen und den Anblick berühmter Skelette gewöhnt hätte. Aber nein. Mein Herz pochte, die Knie zitterten. Würden wir hier
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