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Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5

Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5

Titel: Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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benslange Nutzung zugesprochen worden; nach ihrem Tod fällt er an den Bruder ihres Gatten. Sie kassiert die Jahreseinkünfte.«
      »Und Bruder Robert, nehme ich an, verlebt besagte Einkünfte.«
      »So ungefähr. Er ist ein Teufelskerl und bereitet ihr vermutlich ein unruhiges Dasein. Trotzdem hörte ich, sie soll ihm sehr zugetan sein. Aber sagen Sie, was ist faul in Shoscombe?«
      »Genau das möchte ich auch wissen. Und hier kommt der Mann, der uns, so hoffe ich, über den Punkt aufklären kann.«
      Die Tür hatte sich geöffnet, und der Diener ließ einen großen glattrasierten Mann eintreten, dessen Gesicht von jenem festen strengen Ausdruck geprägt war, den man nur bei Menschen findet, die über Pferde oder Knaben regieren. Auf Mr. John Mason traf beides zu, und er machte den Eindruck, er sei seinen Aufgaben gewachsen. Kühl und beherrscht verbeugte er sich und setzte sich dann auf den Stuhl, den Holmes ihm zuwies.
      »Haben Sie meine Nachricht erhalten, Mr. Holmes?«
      »Ja, aber sie erklärt nichts.«
      »Die Sache ist zu heikel, als daß man Einzelheiten dem Papier hätte anvertrauen können. Und zu kompliziert. Nur von Mann zu Mann kann ich über sie reden.«
      »Nun, wir stehen zu Ihrer Verfügung.«
      »Vor allem, Mr. Holmes, ich glaube, mein Chef, Sir Robert, ist verrückt geworden.«
      Holmes zog die Augenbrauen hoch. »Wir sind hier in der Baker Street und nicht in der Harley Street«, sagte er. »Aber wieso nehmen Sie das an?«
      »Nun, Sir, wenn ein Mann sich ein- oder zweimal sonderbar benimmt, findet man dafür vielleicht eine Erklärung, aber wenn er nur noch komische Sachen macht, fängt man an, sich zu wundern. Ich glaube, Shoscombe Prince und das Derby haben seinen Verstand durcheinandergebracht.«
      »Das ist wohl der Hengst, der für Sie läuft?«
      »Der beste von ganz England, Mr. Holmes. Wenn das einer beurteilen darf, dann ich. Ich will Ihnen reinen Wein einschenken, denn ich weiß, daß Sie beide Ehrenmänner sind und also nichts, was gesprochen wird, über diese vier Wände hier hinausgeht. Sir Robert muß das Derby gewinnen. Er steckt bis zum Kragen in Schulden, es ist seine letzte Chance. Alles, was er aufbringen und leihen konnte, steckt in dem Pferd – und die Quoten stehen ausgezeichnet. Momentan können Sie noch vierzig für zehn bekommen; aber als er anfing, das Pferd aufzubauen, waren es fast hundert.«
      »Aber wie kommt denn das, wo das Pferd doch so gut ist?«
      »Das Publikum weiß nicht, wie gut es ist. Sir Robert hat den Agenten der Buchmacher ein Schnippchen geschlagen. Zum Training läßt er immer nur den Halbbruder von Prince heraus. Die zwei kann man nicht voneinander unterscheiden. Und doch schlägt Prince den anderen um zwei Längen auf eine Achtelmeile, wenn’s zum Galopp kommt. Sir Robert denkt an nichts sonst als an sein Pferd und, das Rennen. Darauf steht sein ganzes Leben. Die Geldverleiher hält er bis zum Derby hin. Wenn Prince verliert, ist es um ihn geschehen.«
      »Das scheint mir ein recht riskantes Spielchen. Aber was ist daran verrückt?«
      »Nun, Sie müßten ihn sich nur einmal ansehen. Ich glaube, er schläft keine Nacht mehr. Zu jeder Stunde kann man ihn im Stall finden. All das übersteigt seine Nervenkraft. Und dann, wie er Lady Beatrice behandelt!«
      »Aha! Und wie behandelt er sie?«
      »Sie waren immer im besten Einvernehmen. Die beiden hatten den gleichen Geschmack, und sie liebte Pferde genauso heftig wie er. Jeden Tag fuhr sie zu den Ställen, um sie sich anzusehen – und vor allem: sie liebte Prince. Wenn er die Räder auf dem Kies knirschen hörte, spitzte er die Ohren. Jeden Morgen kam er an ihren Wagen, um sein Stückchen Zucker in Empfang zu nehmen. Aber das ist jetzt vorbei.«
      »Warum?«
      »Sie scheint jedes Interesse an den Pferden verloren zu haben. Seit einer Woche schon fährt sie an den Ställen einfach vorüber und sagt nicht einmal mehr guten Morgen.«
      »Nehmen Sie an, es hat eine Auseinandersetzung gegeben?«
      »Ja, und wahrscheinlich eine bitterböse, wüste, gehässige Auseinandersetzung. Wieso sonst hätte er ihren Lieblingsspaniel weggegeben, den sie wie ein eigenes Kind liebte? Er hat den Hund vor einigen Tagen Barnes geschenkt; das ist der Wirt des ›Green Dragon‹ in Crendall, drei Meilen vom Gut entfernt.«
      »Das mutet wahrlich seltsam an.«
      »Natürlich konnte sie ihn bei ihrem schwachen Herzen und mit der Wassersucht in den

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