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Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5

Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5

Titel: Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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Beinen nicht überallhin begleiten, aber er hat jeden Abend zwei Stunden bei ihr im Zimmer verbracht. Und er tat gut daran, alles für sie zu tun, was er konnte, denn sie war zu ihm gut und freundlich, wie man es selten findet. Aber auch das ist jetzt vorbei. Er geht nicht mehr zu ihr. Und sie nimmt sich das zu Herzen. Sie grübelt, sie verkümmert und trinkt, Mr. Holmes – sie schluckt wie ein Fisch.«
      »Hat sie schon vor der Entfremdung getrunken?«
      »Nun, dann und wann ein Glas, aber jetzt ist es oft eine ganze Flasche an einem Abend. Das hat mir Stephens, der Butler, erzählt. Alles hat sich geändert, Mr. Holmes, und an der Sache ist verdammt etwas faul. Und dann: Was macht der Herr nachts in der Krypta der alten Kapelle? Und wer ist der Mann, mit dem er sich dort trifft?«
      Holmes rieb sich die Hände.
      »Fahren Sie fort, Mr. Mason. Was Sie da erzählen, wird immer interessanter.«
      »Der Butler hat ihn gesehen, wie er hinging. Es war zwölf Uhr nachts, und es regnete stark. Also bin ich die nächste Nacht zum Haus rüber, und natürlich ging der Chef wieder los. Stephens und ich schlichen ihm nach, und das war eine kitzlige Angelegenheit, denn es wäre schlecht gewesen, wenn er uns gesehen hätte. Wenn ihn etwas aufbringt, ist er schnell mit den Fäusten dabei, und dann kommt es ihm nicht mehr darauf an, wen er vor sich hat. So hüteten wir uns dann, ihm zu nahe zu kommen, aber wir ließen ihn nicht aus den Augen. Und wieder stieg er in die verwunschene Krypta, und da wartete ein Mann auf ihn.«
      »Was hat es mit der verwunschenen Krypta auf sich?«
      »Nun, Sir, im Park steht eine zerfallene Kapelle. Sie ist so alt, daß niemand mehr weiß, wann sie gebaut wurde. Und unter ihr befindet sich die Krypta, die für uns ein verrufener Ort ist. Schon am Tag ein düsterer, feuchter, einsamer Platz, ich kenne nur wenige im Bezirk, die den Nerv hätten, bei Nacht dort hinzugehen. Aber mein Herr kennt keine Furcht. Nie im Leben hat er sich vor etwas gefürchtet. Doch was tut er da bei Nacht?«
      »Einen Moment, bitte!« sagte Holmes. »Sie sagen, da war noch ein Mann. Das muß doch einer von den Ställen oder vom Hauspersonal sein. Sie brauchten also nur festzustellen, wer es ist, und ihn zu befragen.«
      »Der Mann war keiner, den ich kenne.«
      »Wie können Sie das behaupten?«
      »Weil ich mit ihm zusammengetroffen bin, Mr. Holmes. Es war in dieser zweiten Nacht. Sir Robert hatte sich zum Gehen gewandt und kam an uns – Stephens und mir – vorbei, wir hockten wie zwei Kaninchen im Gebüsch, weil in dieser Nacht der Mond ein bißchen schien. Wir hörten, wie sich der andere im Hintergrund bewegte. Vor ihm hatten wir keine Angst. Und so kamen wir aus dem Gebüsch, als Sir Robert weg war, und taten, als unternähmen wir einen Mondscheinspaziergang. Und dann traten wir auf ihn zu, so zufällig und unschuldig, wie Sie es sich nur vorstellen können. ›Na, Kumpel, wer bist du?‹ sage ich. Er hat uns bestimmt nicht kommen hören, denn als er uns über die Schulter erblickte, war sein Gesicht verzerrt, als sähe er den Teufel persönlich aus der Hölle fahren. Er stieß einen Schrei aus und lief so schnell davon, wie es in der Dunkelheit nur möglich war. Wie der rennen konnte! Das muß man bewundern. Nach einer Minute war von ihm nichts mehr zu hören und zu sehen. Wer er war und was ihn da hinzog, haben wir nicht herauskriegen können.«
      »Aber Sie haben ihn deutlich im Mondlicht gesehen?«
      »Ja, ich würde das gelbe Gesicht jederzeit wiedererkennen – ein gemeiner Lump, würde ich sagen. Was kann Sir Robert nur mit so einem zu tun haben?«
      Holmes saß eine Weile gedankenverloren.
      »Wer leistet Lady Beatrice Falder Gesellschaft?« fragte er schließlich.
      »Nun, ihre Zofe, Carrie Evans. Sie hat sie seit fünf Jahren bei sich.«
      »Und die ist ihr zweifellos ergeben?«
      Mr. Mason scharrte unbehaglich mit den Füßen.
      »Ergeben schon«, antwortete er schließlich, »fragt sich nur, wem.«
      »Aha!« sagte Holmes.
      »Ich will nicht aus der Schule plaudern.«
      »Das verstehe ich völlig, Mr. Mason. Die Situation erscheint ohnehin ziemlich klar. Wie Dr. Watson mir Sir Robert beschrieben hat, ist wohl keine Frau vor ihm sicher. Glauben Sie nicht, daß hierin der Streit zwischen Bruder und Schwester wurzelt?«
      »Nun, der Skandal liegt schon lange ziemlich klar zutage.«
      »Vielleicht hat sie ihn früher nicht wahrgenommen.

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