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Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5

Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5

Titel: Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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Ihnen einen allgemeinen Eindruck von der Lage zu vermitteln und um festzustellen, ob Sie sich für den Fall interessieren. Die Dame begann einige Sonderbarkeiten an den Tag zu legen, die ihrer sonst angenehmen und freundlichen Natur fremd waren. Der Herr ist zum zweitenmal verheiratet; er besitzt einen Sohn aus erster Ehe. Der Junge ist fünfzehn, ein sehr liebenswürdiger und herzlicher Bursche, wenn auch unglücklich durch einen Unfall in der Kindheit verletzt. Die Frau ist zweimal dabei ertappt worden, wie sie den armen Jungen angriff, ohne herausgefordert worden zu sein. Einmal schlug sie ihn mit einem Stock, so schlug sie ihn mit einem Stock, so daß auf seinem Arm eine dicke Strieme zurückblieb.
      Das ist aber eine Kleinigkeit, verglichen damit, wie sie ihr eigenes Kind behandelt, einen lieben Jungen von noch nicht einem Jahr. Es war vor etwa einem Monat, als das Kind einmal für einige Minuten von seiner Kinderfrau allein gelassen wurde. Ein lauter Schrei des Babys, wie im Schmerz ausgestoßen, rief die Kinderfrau zurück. Als sie ins Zimmer stürzte, sah sie ihre Dienstherrin, die Dame des Hauses, über das Baby gebeugt; anscheinend biß sie es in den Hals. Dort fand sich auch eine kleine Wunde, aus der Blut trat. Die Kinderfrau war so entsetzt, daß sie den Hausherrn rufen wollte, aber die Dame flehte sie an, es nicht zu tun, und versprach ihr fünf Pfund zur Belohnung für ihr Schweigen. Eine Erklärung gab es nie, und für den Augenblick war die Sache abgetan.
      Dennoch hat der Vorfall bei der Kinderfrau einen schrecklichen Eindruck hinterlassen, und seit dieser Zeit begann sie, ihre Herrin scharf zu beobachten und das Baby, das sie zärtlich liebt, aufmerksamer zu bewachen. Dabei kam es ihr vor, als ob sie selber, während sie die Mutter beobachtete, von dieser beobachtet würde, und als ob die Mutter nur darauf wartete, an das Baby heranzukommen, wenn sie, die Amme, gezwungen war, es allein zu lassen. Tag und Nacht beschützte die Kinderfrau das Kind, und Tag und Nacht schien die schweigende, aufmerksame Mutter auf der Lauer zu liegen, wie der Wolf, der auf ein Lamm lauert. Das alles muß Sie sehr unglaubwürdig anmuten, doch bitte ich Sie, es ernst zu nehmen, denn das Leben eines Kindes und die Gesundheit eines Mannes hängen davon ab.
      Schließlich kam der schreckliche Tag, da die Tatsachen nicht länger vor dem Gatten verborgen bleiben konnten. Die Nerven der Kinderfrau versagten; sie konnte die Spannung nicht mehr ertragen, und sie redete sich vor dem Mann alles von der Seele. Der hielt es für eine wilde Geschichte, ganz so, wie es auch Ihnen erscheinen mag. Er kannte seine Frau als liebende Gattin und – die Angriffe auf ihren Stiefsohn ausgenommen – als liebende Mutter. Warum also sollte sie ihr geliebtes Baby verletzen? Er beschuldigte die Kinderfrau, sagte, sie müsse das geträumt oder bei diesen Schmähungen ihren Verstand nicht beisammen haben, er wolle derartige Verdächtigungen ihrer Herrin nicht dulden. Noch während sie sprachen, ertönte wieder ein Schmerzensschrei. Kinderfrau und Hausherr liefen gemeinsam zum Kinderzimmer. Stellen Sie sich seine Gefühle vor, Mr. Holmes, als er, da seine Frau sich neben der Wiege von den Knien erhob, am Hals des Kindes und auf dem Laken Blut erblickte. Mit einem Schreckensschrei drehte er das Gesicht seiner Frau ins Licht und sah Blut rund um ihren Mund. Es war sie – sie, ohne alle Frage –, sie hatte das Blut des armen Babys getrunken.
      So steht die Sache. Sie hat sich jetzt in ihrem Zimmer eingeschlossen. Es gab keine Erklärung. Der Gatte ist halb wahnsinnig. Er weiß wenig vom Vampirismus, und mir geht es auch so. Wir hatten geglaubt, das sei solch eine wilde Mär aus fernen Ländern, und doch: hier im Herzen des englischen Sussex… Nun, das könnte alles morgen früh mit Ihnen besprochen werden. Werden Sie mich empfangen? Werden Sie Ihre großen Fähigkeiten einsetzen, einem verstörten Mann zu helfen? Wenn ja, telegrafieren Sie bitte an
      Ferguson
      Cheeseman’s Haus, Lamberley,
    und ich werde gegen zehn Uhr in Ihrer Wohnung sein.
    Hochachtungsvoll
                                    Robert Ferguson P. S. Ich glaube, Ihr Freund Watson spielte bei Blackheath Rugby, als ich Dreiviertelspieler bei Richmond war. Das ist das einzige, womit ich mich persönlich empfehlen kann.

    »Natürlich erinnere ich mich an ihn«, sagte ich, als ich den Brief hinlegte. »Big Bob Ferguson, der beste

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