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Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5

Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5

Titel: Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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kümmern«, sagte ich.
      »Um Gottes willen, nein!« rief Bennett. »Noch ist der Skandal auf unser Haus begrenzt, und hier ist er gut aufgehoben. Wenn er über diese Mauern hinausdringt, wird er nie zu Ende kommen. Bedenken Sie seine Stellung an der Universität, seinen europäischen Ruf und die Gefühle seiner Tochter.«
      »Ganz recht«, sagte Holmes. »Mir scheint, es sollte möglich sein, die Angelegenheit unter uns zu halten und auch einen Rückfall zu verhüten, nun, da wir freie Hand haben. Den Schlüssel von der Uhrkette, bitte, Mr. Bennett. Macphail wird bei dem Patienten wachen und uns benachrichtigen, wenn es irgendwelche Veränderungen gibt. Jetzt wollen wir sehen, was wir in dem geheimnisvollen Kasten des Professors finden.«
      Es war nicht viel, aber es genügte. Ein leeres Fläschchen, ein weiteres, noch fast volles, eine Subkutanspritze, einige Briefe in einer ungelenken Handschrift, die auf einen Ausländer schließen ließ. Die Zeichen auf den Kuverts verrieten, daß es die Briefe waren, die der Sekretär nicht hatte öffnen dürfen, und ein jeder kam aus der Commercial Road und war mit A. Dorak unterzeichnet. Es waren einfache Geschäftsbriefe, die mitteilten, daß ein neues Fläschchen an Professor Presbury abgegangen sei, oder es waren Bestätigungen für erhaltenes Geld. Dann war da noch ein anderes Kuvert, das eine gebildetere Handschrift und eine österreichische Briefmarke mit Prager Poststempel trug. »Hier haben wir das Wichtigste!« rief Holmes, als er das Schreiben aus dem Umschlag gezogen hatte.
    »Geehrter Kollege«, (hieß es da) »seit Ihrem geschätzten Besuch habe ich viel über Ihren Fall nachgedacht, und obgleich es unter Ihren Umständen besondere Gründe für eine Behandlung gibt, würde ich dennoch Vorsicht empfehlen, da meine Resultate ausweisen, daß sie mit gewissen Gefahren verbunden ist.
      Es ist möglich, daß das Serum von Anthropoiden besser wäre. Ich habe, wie ich Ihnen erklärte, den schwarzmaskigen Langur benutzt, weil ein Exemplar der Art erreichbar war. Der Langur ist natürlich ein Kriecher und Kletterer, während der Anthropoid aufrecht geht und in jeder Hinsicht dem Menschen näher ist.
      Ich bitte Sie, jede nur mögliche Vorsicht walten zu lassen, damit der Verlauf der Behandlung nicht vorzeitig entdeckt wird. Ich habe noch einen Klienten in England, und Dorak wird Sie als mein Agent beide betreuen.
      Ich bitte um wöchentliche Berichte.
    Hochachtungsvoll
    H. Lowenstein.«

    Lowenstein! Der Name brachte mir einen Zeitungsartikel in Erinnerung, wo von einem obskuren Wissenschaftler die Rede war, der auf noch unbeschrittenen Wegen nach dem Geheimnis der Verjüngung und dem Elixier des Lebens suchte. Lowenstein aus Prag! Lowenstein mit dem wunderbaren, kräftespendenden Serum, das von der Wissenschaft mit einem Tabu belegt worden war, weil er sich weigerte, dessen Quelle zu enthüllen. Mit wenigen Worten sagte ich, woran ich mich erinnerte. Bennett hatte ein Nachschlagewerk der Zoologie vom Regal genommen.
      »Langur«, las er, »der große schwärzgesichtige Affe von den Hängen des Himalaja, größter und menschenähnlichster der Kletteraffen. – Hier stehen noch viele Einzelheiten. Nun, Mr. Holmes, ich danke Ihnen. Jetzt ist es ganz klar, daß wir dem Übel auf den Grund gekommen sind.«
      »Der wahre Grund«, sagte Holmes, »liegt natürlich in dieser unpassenden Liebesaffäre; daher rührt der Einfall unseres ungestümen Professors. Um sich seinen Wunsch zu erfüllen, mußte er sich in einen Jüngeren verwandeln. Wenn jemand sich über die Natur erhebt, gerät er in Gefahr, von ihr zerstört zu werden. Die höchste Ausprägung des Menschen kann sich zum Tier zurückentwickeln, wenn sie die gerade Straße der Bestimmung verläßt.« Sinnend saß er eine Weile, das Fläschchen in der Hand, und betrachtete die klare Flüssigkeit. »Wenn ich diesem Mann geschrieben und ihm erklärt haben werde, daß ich ihn für ein Verbrechen verantwortlich halte, weil er ein Gift in Umlauf bringt, werden wir vor ihm Ruhe haben. Aber es kann Wiederholungen geben. Andere könnten einen besseren Weg finden. Die Gefahr bleibt – eine sehr reale Gefahr für die Menschheit. Überlegen Sie, Watson, alle materiell eingestellten, sinnlichen, eigennützigen Menschen wollten ihr unwürdiges Leben verlängern! Der geistige Mensch würde sich seiner Bestimmung nicht entziehen. Es würde das Überleben des Untauglichsten bedeu ten. Was für eine Kloake würde wohl

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