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Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5

Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5

Titel: Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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aus unserer armen Welt werden?«
      Plötzlich verschwand der Träumer Holmes, und Holmes, der Mann der Tat, sprang vom Stuhl auf. »Ich glaube, es gibt nichts mehr zu sagen, Mr. Bennett. Die verschiedenen Vorfälle fügen sich nun in das allgemeine Schema. Der Hund hat natürlich die Veränderungen viel schneller wahrgenommen als Sie, durch seinen Geruchssinn. Es war der Affe, nicht der Professor, den er angriff, und es war der Affe, der Roy quälte. Der Kreatur bereitete das Klettern Freude; und ich nehme an, es ist nur dem Zufall zuzuschreiben, daß er vor dem Fenster der jungen Dame auftauchte. Es gibt einen Frühzug nach London, Watson, aber ich denke, uns bleibt noch Zeit für eine Tasse Tee im ›Schachbrett‹, ehe wir am Bahnhof sein müssen.«

Die Löwenmähne

    Es war schon äußerst eigenartig, daß ich an den dunkelsten und ungewöhnlichsten Fall meiner langen beruflichen Laufbahn geriet, nachdem ich mich zurückgezogen hatte, und daß er mir sozusagen direkt vor die Haustür gebracht würde. Es geschah, als ich schon in mein kleines Haus in Sussex übergesiedelt war und mich ganz dem sanften Leben am Busen der Natur hingab, wonach ich mich während all der Jahre im trüben London gesehnt hatte.
      Zu dieser Zeit war der gute Watson schon fast aus meinem Gesichtskreis entschwunden. Höchstens, daß ich ihn noch bei gelegentlichen Wochenendbesuchen sah. So muß ich also als mein eigener Chronist auftreten. Ach, wäre er doch bei mir gewesen – wieviel hätte er aus einem so wunderbaren Ereignis gemacht und aus dem Triumph, den ich schließlich über alle Widrigkeiten davontrug! Aber wie die Dinge liegen, muß ich die Geschichte auf die mir eigene simple Art erzählen, indem ich mit meinen Worten jeden Schritt auf der gewundenen Straße beschreibe, die ich ging, als ich das Geheimnis der Löwenmähne enträtselte.
      Mein Landhaus steht an einem südlichen Hang und gewährt einen herrlichen Ausblick auf den Ärmelkanal. In diesem Abschnitt besteht die Küste aus Kreidefelsen, und man kann sie nur auf einem langgezogenen, beschwerlichen Pfad hinuntersteigen, der dazu noch steil und schlüpfrig ist. Unten liegt über eine Strecke von hundert Yard Steingeröll und Kies, auch dann, wenn die Gezeiten ihren Höhepunkt erreicht haben. Hier und da stößt man aber auf Einbuchtungen und auf Gruben, die, von jeder Flut aufs neue gefüllt, ausgezeichnete Schwimmbecken abgeben. Diese bewundernswürdige Strandlandschaft zieht sich nach beiden Seiten über einige Meilen weit hin, nur einmal von dem kleinen Schlupfhafen des Dorfes Fulworth unterbrochen.
      Mein Haus liegt einsam. Ich, meine alte Haushälterin und meine Bienen haben das ganze Anwesen für uns. Eine halbe Meile weiter dann betreibt Harold Stackhurst im Haus ›Zu den Giebeln‹ seine wohlbekannte Präparationsschule, in der sich ein paar Dutzend junge Männer unter Leitung einiger Lehrer auf verschiedene Berufe vorbereiten. Stackhurst war einmal ein berühmter Ruderer im Boot von Oxford und ist ein ausgezeichneter, rundum gebildeter Gelehrter. Er und ich waren von dem Tag an befreundet, da ich mich dort niederließ, und er war der einzige, mit dem ich so gut stand, daß wir einander abends ohne Einladung besuchen konnten.
      Gegen Ende Juli des Jahres 1907 herrschte ein schwerer Sturm, der den Kanal aufwärts blies, das Meer bis an die Klippen hob und beim Gezeitenwechsel eine Lagune zurückließ. An dem Morgen, von dem ich spreche, war der Wind abgeflaut, und die ganze Natur präsentierte sich reingewaschen und frisch. An einem solch köstlichen Tag war es unmöglich zu arbeiten, und so stromerte ich vor dem Frühstück umher und genoß die ausgezeichnete Luft. Ich ging den Klippenpfad entlang, der zu dem steilen Abstieg führte. Während ich so spazierte, hörte ich hinter mir einen Ruf, und dann sah ich Harold Stackhurst fröhlich winken.
    »Was für ein Morgen, Mr. Holmes! Mir war da
    nach, Sie ins Freie zu locken.«
      »Wie ich sehe, wollen Sie schwimmen.«
      »Schon wieder dabei, die alten Beobachtungs
    tricks spielen zu lassen«, sagte er lachend und klopfte auf seine prallgefüllte Tasche. »Ja. McPherson ist schon früh aufgebrochen, und ich hoffe, ihn da zu treffen.«
      Fitzroy McPherson war der Physiklehrer, ein angenehmer, aufrichtiger junger Mann, der an einer Herzkrankheit litt, die er von einem rheumatischen Fieber zurückbehalten hatte. Aber von Natur ein athletischer Typ, glänzte er dennoch in allen Sportarten, die

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