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Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5

Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5

Titel: Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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vorbei und berichtete, der Leichnam sei ins Haus ›Zu den Giebeln‹ gebracht worden; dort sollte die amtliche Totenschau abgehalten werden. Er konnte mir auch genau einige schwerwiegende Neuigkeiten mitteilen. Wie ich erwartet hatte, war in den kleinen Höhlen unterhalb der Klippen nichts gefunden worden; aber er hatte die Papiere in McPhersons Schreibtisch durchgesehen und dabei etwas entdeckt, wovon sich herausstellte, daß es intime Korrespondenz mit einer gewissen Miss Maud Bel lamy aus Fulworth war. Auf diese Weise wußten wir nun, wer die Nachricht geschrieben hatte.
      »Die Briefe sind im Besitz der Polizei«, erklärte er. »Ich konnte sie also nicht mitbringen. Aber ich darf sagen, es besteht kein Zweifel, daß es sich um eine ernsthafte Liebesaffäre handelt. Ich sehe jedoch keinen Grund, diese Angelegenheit mit dem furchtbaren Geschehen in Zusammenhang zu bringen, außer, natürlich, die Dame war dort mit ihm verabredet.«
      »Wohl kaum an einer Stelle, wo sie alle zu baden pflegten«, merkte ich an.,
      »Daß nicht einige Studenten McPherson begleitet haben, ist ein reiner Zufall.«
      »Wirklich ein reiner Zufall?«
      Stackhurst legte gedankenvoll die Stirn in Falten.
      »Ian Murdoch hat sie zurückgehalten«, sagte er. »Er bestand darauf, vor dem Frühstück Erläuterungen zur Algebra vorzutragen. Der arme Kerl ist tief betrübt wegen allem.«
      »Und doch waren er und der Tote keine Freunde, wie mir scheint.«
      »Es gab eine Zeit, da waren sie es nicht. Aber ein Jahr oder noch länger stand Murdoch McPherson so nahe, wie es ihm überhaupt mit jemandem möglich ist. Er ist von Natur nicht sehr gesellig.«
      »Das dachte ich auch. Haben Sie mir nicht einmal etwas von einem Streit wegen der Mißhandlung eines Hundes erzählt?«
      »Die Geschichte ist längst ausgestanden.«
      »Aber sind da nicht möglicherweise Rachegelüste zurückgeblieben?«
      »Nein, nein, ich bin sicher, sie waren wirklich Freunde.«
      »Nun gut, wir müssen in der Sache mit dem Mädchen weiterkommen. Kennen Sie sie?«
      »Jeder kennt sie. Sie ist die Schönste der Gegend – eine wirkliche Schönheit, Holmes, die überall Aufmerksamkeit erregt. Ich wußte, daß McPherson von ihr angetan war, ahnte aber nicht, daß die Beziehung so weit ging, wie diese Briefe vermuten lassen.«
      »Wer ist sie?«
      »Die Tochter vom alten Tom Bellamy, dem alle Boote und Badehütten in Fulworth gehören. Als er anfing, war er ein einfacher Fischer. Jetzt ist er ein ziemlich vermögender Mann. Er und sein Sohn William betreiben das Geschäft gemeinsam.«
      »Sollen wir nach Fulham gehen und sie aufsuchen?«
      »Unter welchem Vorwand?«
      »Ein Vorwand findet sich leicht. Schließlich hat der arme Kerl sich auf diese abscheuliche Art nicht selber mißhandelt. Die Geißel hat sich in irgend jemandes Hand befunden, wenn es wirklich eine Geißel war, womit diese Verletzungen zugefügt wurden. Sein Bekanntenkreis in dieser einsamen Gegend war sicherlich begrenzt. Wenn wir den nach allen Richtungen durchforschen, können wir das Motiv kaum verfehlen, und das wiederum wird uns zu dem Verbrecher führen.«
      Der Spaziergang über die nach Thymian duftenden Hügel wäre angenehm gewesen, wären unsere Hirne nicht von der Tragödie, deren Zeugen wir geworden waren, vergiftet gewesen. Das Dorf Fulworth umgab im Halbkreis eine Strandbucht. Hinter dem altertümlichen Dorf, wo das Land ansteigt, waren einige moderne Häuser errichtet. Zu einem geleitete mich Stackhurst.
      »Das ist ›Der Hafen‹, wie Bellamy sein Haus nennt, dort, das mit dem Eckturm und dem Schieferdach. Nicht schlecht für einen Mann, der mit nichts angefangen hat als einem… Aber, lieber Gott, was ist denn das?«
      Die Gartenpforte wurde geöffnet, und ein Mann trat heraus. Die hochgewachsene, eckige, einsame Gestalt konnte nicht mißdeutet werden. Es war Ian Murdoch, der Mathematiker. Einen Augenblick später standen wir ihm auf der Straße gegenüber.
      »Hallo!« sagte Stackhurst. Der Mann nickte uns zu, streifte uns mit einem Seitenblick aus seinen seltsamen dunklen Augen und wäre an uns vorübergegangen, hätte sein Chef ihn nicht gestellt.
      »Was tun Sie hier?« fragte er.
      Murdochs Gesicht lief rot an vor Wut. »Ich bin Ihr Untergebener, Sir, unter Ihrem Dach. Ich bin mir jedoch nicht bewußt, daß ich Ihnen im geringsten Rechenschaft über mein Privatleben schulde.«
      Stackhursts Nerven lagen bloß,

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