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Das Opfer

Titel: Das Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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ihm der Gedanke kam, wenigstens einen gezielten Schlag gegen den Schreibtisch der Hilfskraft zu landen. Sie würde sich sonstals Außenseiter fühlen, wenn es sie nicht wie die anderen traf, dachte er grinsend. Doch als er sah, was zuunterst in der letzten Schublade lag, blieb er reglos stehen.
    »Also, wozu braucht wohl ein braves Mädchen wie du so ein Ding?«, flüsterte er.
    Es war eine Halbautomatik Kaliber .25. Diese Waffenart war klein, leicht zu verstecken, recht beliebt bei Auftragskillern und Meuchelmördern, weil sie schon an und für sich sehr leise, mit einem selbstgebastelten Schalldämpfer aber so gut wie gar nicht zu hören war. Wenn man Expan sionsgeschosse in den Neun-Schuss-Ladestreifen einlegte, dann war sie den meisten Aufgaben durchaus gewachsen. Eine Damenpistole, es sei denn, in der Hand eines Experten.
    »Die nehmen wir besser mit«, sagte er leise. »Hast du dafür einen Waffenschein? Hast du sie bei der Polizei von Springfield registrieren lassen, Schätzchen? Ich vermute, nicht. Eine niedliche kleine Straßenknarre, hab ich recht?«
    Michael O’Connell steckte die Waffe in die Tasche. Eine äußerst ergiebige Nacht, dachte er, als er das Chaos betrachtete, das er angerichtet hatte.
    Am Morgen würde der Leiter der Beratungsstelle die Polizei holen. Ein Kripobeamter würde die Aussage aufnehmen. Er würde ihnen allen sagen, sie sollten eine Bestandsaufnahme von den Dingen machen, die gestohlen waren. Dann würden sie zu dem Schluss kommen, dass ein unausgegorener Junkie eingebrochen war, um Kasse zu machen, und dann randaliert hatte, nachdem er feststellen musste, wie wenig in dem Haus zu holen war.
    Alle würden den Tag damit zubringen, Ordnung zu machen, Handwerker zu holen, die den Schaden an den Türen reparierten und neue Schlösser einbauten. Für alle wäre es nichts weiter als eine Unannehmlichkeit, was auch für den Anwaltund seine Geliebte galt, die ihrerseits ganz bestimmt nicht den Verlust ihrer illegalen Waffe melden würde.
    Nur Matthew Murphy würde sich auf die Schulter klopfen, weil seine zusätzlichen Schlösser und die schwere Tür zu seinem Büro seinen Arbeitsplatz vor dem Schicksal der anderen bewahrt hatte. Er würde sich vergewissern, dass nichts gestohlen war, und wahrscheinlich sogar darauf verzichten, den Schaden seiner Versicherung zu melden.
    Er würde lediglich seiner Sekretärin einen neuen Rahmen für ihre Hundefotos kaufen. Einen billigen obendrein, tippte O’Con nell, als er auf die Straße trat.
     

     
    Der Hauptkommissar für die Bezirksstaatsanwaltschaft Hampden County war ein schmächtiger Mann Anfang vierzig mit Schildpattbrille und schütterem, dunkelblondem Haar, das er auf entwaffnende Weise lang trug. Er legte die Füße auf seinen Schreibtisch und wippte mit seinem Sessel zurück, während er mich aufmerksam musterte. Er hatte eine unangenehme Art, eine Mischung aus freundlicher Höflichkeit und gereiztem Unterton.
    »Demnach führt Sie Mr. Murphys Tod und unsere Unfähigkeit, die Ermittlungen mit einem zufriedenstellenden Ergebnis abzuschließen, zu uns?«
    »Ja«, sagte ich. »Denn ich nehme zwar an, dass sich eine Reihe von Instanzen mit dem Fall befasst hat, doch wenn eine davon einer Verhaftung nahegekommen wäre, dann hätte es bei Ihnen gelegen, die übrigen Schritte zu veranlassen.«
    »Korrekt«, bestätigte er. »Und wir haben keine Anklage erhoben.«
    »Aber Sie hatten einen Verdächtigen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Plural, Verdächtige. Da lag ja, kurz gesagt, das Problem.«
    »Wie das?«
    »Zu viele Feinde. Zu viele, denen sein Tod nicht nur gelegen kam, sondern eine ganze Reihe Leute, die sich aufrichtig darüber freuen mussten. Murphy wurde umgebracht, seine Leiche wie ein Stück Müll in eine schmale Gasse geworfen, und wir sind sicher, dass das Ereignis nicht nur von einer Person in diesem Bundesstaat begossen wurde.«
    »Aber Sie konnten den Kreis doch sicher einengen?«
    »Ja, einigermaßen. Aber denken Sie ja nicht, dass die Leute, die wir als Tatverdächtige geführt haben, die geringste Neigung gezeigt hätten, der Polizei zu helfen. Wir hoffen immer noch, dass irgendjemandem irgendwo, vielleicht in einem Gefängnis oder in einer Bar, etwas herausrutscht, was uns in die Lage versetzt, uns auf ein oder zwei Täter zu konzentrieren. Aber bis zu dem glücklichen Moment bleibt der Mord am ehemaligen Kripobeamten Murphy ein ungeklärter Fall.«
    »Aber Sie müssen doch irgendwelche konkreteren Spuren haben …«
    Der

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